Mit „Radieschen von unten“ ist nun endlich ein Film verfügbar, der vorher noch keine einzige Heimkinoauswertung erfahren durfte. Schröder schlägt gleich doppelt zu und bringt uns diesen Schatz auf DVD – in der Kino- und der Langfassung!

Originaltitel: Des pissenlits par la racine

Regie: Geroges Lautner

Darsteller: Louis de Funès, Michel Serrault, Mireille Darc, Maurice Biraud

Artikel von Victor Grytzka

Ich bin bekennender Fan des französischen Cholerikers, der mir mit seinen humorvollen Komödien so manch verregneten Sonntag versüßt hat. Gesehen habe ich sie (fast) alle! Seien es nun die Kohlköpfe, der Geizkragen, die verrückten Politessen, Rabbi Jacob, die scharfen Kurven für Madame… Doch da gab es immer diesen einen Film von dem ich zwar gehört, ihn jedoch niemals gesehen hatte. Bis jetzt. „Radieschen von unten“ feierte im Jahr 1966 (laaaange vor meiner Geburt) seine deutsche Kinopremiere, wurde seitdem häufiger im Fernsehen gezeigt (diese Ausstrahlungen habe ich aber jedes mal verpasst), und erfuhr nie eine Heimkinoauswertung bei uns. Bis Heute!

Tollpatsch Jacques (Louis de Funès) steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten. Sein alter Kumpane und Kleinganove „Pommes Chips“ (Gianni Musy) wurde gerade aus dem Bau entlassen. Und er ist auf Rache aus. Denn Jacques hat eine Affäre mit Rockie (Mareille Darc) angefangen. Die gehörte aber eigenlich zu „Pommes Chips“. Bei einem Handgemenge kommt „Pommes Chips“ zu Tode, und Jacques versteckt den Leichnam in dem Geigenkasten seines Vetters Jérôme (Michel Serrault). Als der auf einer Party nun den Toten entdeckt beauftragt er Jacques damit die Leiche verschwinden zu lassen. Dieses Problem löst sich von selbst, als die Beiden den Geigenkasten bei ihrer Tante und ihrem Onkel „parken“. Ganove „Pommes Chips“ hat sich über Nacht in ein blankes Skelett verwandelt, und mit ihm verschwand auch sein Jackett. Problem gelöst? Eben nicht, denn der Ganove Jo (Maurice Biraud) hat es auf das Kleidungsstück, in dem sich ein millionenschwerer Wettschein befindet, abgesehen.

Das war mal wieder einer dieser Momente, in denen ich eine DVD in den Player legte und absolut keine Ahnung hatte was mich erwarten würde. Ein typisch cholerischer und slapsticklastiger Louis Film? Weit gefehlt, denn „Radieschen von unten“ entpuppt sich als teils rabenschwarze, charmante und sarkastisch angelegte Komödie. Getragen werden die allesamt herrlich überzeichneten Charaktere von einem starken Ensemble. Auf eine wirkliche „Hauptrolle“ hat man hier verzichtet. Der Kern der Geschichte dreht sich um Jacques, Jérôme, Jo und Rockie. Und jede einzelne dieser Figuren ist wichtig und bringt die turbulente Geschichte voran. Auch in den kleinsten Nebenrollen wird hochkarätige Schauspielkunst geboten. Mein persönliches Highlight – der (herrlich) durchgeknallte Onkel (Francis Blanche) der, neben seinem Job im Museum, eine grenzdebile Affinität zu Skeletten hat.

Der gekonnte Einsatz von Situationskomik, gepaart mit bitterbösem und trockenem Humor, bietet hier eine waschechte Komödie für ein erwachseneres Publikum. Louis-Kenner, die dem Meisterwerk „Jo“ (Hasch mich, ich bin der Mörder) etwas abgewinnen konnten, werden „Radieschen von unten“ nicht minder mögen. Auf platte Slapstick-Einlagen, die ich in vielen der Louis Filme sehr mag, wurde hier weitestgehend verzichtet, auch wenn das französische HB-Männchen in ein paar Szenen wieder herrlich seine Grimassenkünste vorführen darf.

Die Kulissen, die in vielen Fällen keine Studiobauten sind, wurden mit sorgfalt gewählt. Durch diesen Umstand entsteht ein atmosphärischer Einblick in das Paris der 1960er Jahre. Eine Zeit, in der das Leben irgendwie „einfacher“ schien und man seine Nachmittage gerne in Kneipen, und die Abende gerne bei rauschenden Festen verbrachte. Ein opulent ausgestattetes Bühnenstück, oder zumindest Ausschnitte davon, runden das positive Bild ab.

Bevor man mir aber einen verklärten Blick unterstellt, so gibt es doch Grund zu meckern. Dies betrifft in erster Linie die deutsche Kinofassung. Damals hat man den Film um rund 14 Minuten verkürzt. Dies hat die Laufzeit auf gerade mal 78 Minuten geschrumpft. Leider wurden dabei diverse Handlungsstränge so weit in Mitleidenschaft gezogen, dass es zu einigen nicht nachvollziehbaren Geschehnissen und Situationen kommt. Doch – Schröder hat sich nicht lumpen lassen – auf der Scheibe befindet sich zusätzlich noch die Langfassung (92 Minuten) in der man die fehlenden Szenen, aus der französischen Fassung, integriert und dementsprechend deutsch untertitelt hat. Das Ende des Films kommt mir etwas „zu moralisch“ daher – hätte ich nach dem vorher gezeigten schwarzen und bissigen Humor nicht so erwartet.

Gesprochen wird Louis de Funès übrigens nicht von einem seiner bekannten Sprecher (Gerd Martienzen, Peter Schiff, Anton Reimer, Klaus Miedel), sondern von Bum Krüger. Dies sollte auch sein einziger Einsatz als Stimme für den französischen Komiker bleiben. Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, aber durchaus passend. In weiteren Rollen sind u.a. Gernot Duda, Werner Lieven und Wolfgang Kieling zu hören. Eine rundum hochwertige Synchronarbeit.

Technisch gibt es bei Schröders Silberling Licht und Schatten. Entgegen der Coverangabe befindet sich der Film nämlich nicht in 4:3, sondern im Widescreenformat auf der Scheibe, und bietet ein überraschend scharfes, kontrastreiches und sauberes Bild. Kein Referenzmaterial, aber für solch einen alten Film sehr angenehm. Löblich. Der Ton allerdings hat ein paar Probleme. Es zischelt, es knackt, es rauscht, es brummt – nicht so dass man nichts mehr versteht, aber dennoch merklich. Schade, denn so steht er im starken Gegensatz zu dem gefälligen Videomaterial. Auf eine französische Tonspur und Extras hat man leider verzichtet.

Fazit:

Eine kleine Perle, die einen Heimkinorelease mehr als nötig hatte. Wer charmante Gaunerkomödien mag sollte hier zugreifen. Auch „nicht Fans“ des kleinen Franzosen dürfen hier zugreifen, da seine typisch überdrehten Anfälle hier weitestgehend ausbleiben. Ich bin froh, diese Lücke in meiner Sammlung endlich geschlossen zu haben.

Ein Trailer war leider nicht auffindbar 🙂

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