Vor zwei Tagen feierte Sammo Hung seinen 69. Geburtstag. Da bietet sich als Samstags-Klassiker diese Woche ein Film ihm an, in dem er Seite an Seite mit seinem alten Schulfreund Jackie Chan kämpfen durfte. KOCH FILMS beglückte Fans des asiatischen Kinos mit diesem knallharten Gefängnisdrama, welches bei uns mittlerweile ungekürzt ab 16 Jahren und zusätzlich mit der deutlich längeren Taiwan-Langfassung im Bonusmaterial erschien. Der Film war zur damaligen Zeit ein ungewohnt ernster Eintrag in der Filmographie Jackie Chans. Ob der Film auch zu seinen Klassikern gezählt werden kann?

Regie: Kevin Chu Yen-Ping

Darsteller: Tony Leung Ka Fai, Sammo Hung, Jackie Chan, Andy Lau, Wang Yu

Artikel von Christian Jürs

Polizist Andy (Tony Leung Ka Fai) muss nicht nur den Mord an seinem Mentor und Schwiegervater mit ansehen. Der Täter, welcher sich mit einer Autobombe in die Luft gejagt hat, liegt laut Polizeicomputer auch noch längst unter der Erde. Eine Spur führt Andy undercover als Schwerverbrecher getarnt in ein Gefängnis, in dem Gefangenenmisshandlungen an der Tagesordnung stehen. Dort trifft er auf den Gefangenen John (Sammo Hung), der bereits mehrfach versuchte auszubrechen um seinen Sohn sehen zu können. Auch Lung (Jackie Chan), der aus Notwehr einen Barschläger tötete, sitzt hier ein. Einzig der in die Jahre gekommene, über alles erhabene, Gangsterboss Kui (Jimmy Wang Yu) scheint sich von den Folterungen und Schikanierungen seitens der Wärter nicht beeindrucken zu lassen. Als jedoch ein nach Rache dürstender Gangsterboss (Andy Lau) ebenfalls in dieses Gefängnis eingewiesen wird, um Lung zu stellen, eskaliert die Lage und es kommt zu einer Gefängnisrevolte…

The Prisoner, wie der Film Island on Fire (in Anlehnung an Ringo Lams Prison on Fire und City on Fire – Filme) bei uns einst von Pacific Video Plus vermarktet wurde, ist kein typisches Jackie Chan-Vehikel. Der Film wurde als finanzielle Unterstützung für den in zwielichtigen Kreisen zu Schulden gekommenen Regisseur Kevin Chu Yen-Ping gedreht. Die Stars verzichteten hierbei für einen Teil oder sogar auf die komplette Gage. Chan selbst spielt zwar eine wichtige, jedoch nicht die Hauptrolle, taucht er doch erst in Minute 23 auf (er war zeitgleich mit den Dreharbeiten zu Mission Adler – Der starke Arm der Götter beschäftigt). Nein, die erste Geige spielt definitiv Tony Leung Ka Fai (Der Liebhaber) als zwischen die Fronten geratener Undercovercop. Doch keine Angst, Jackie lässt hier trotzdem die Fäuse fliegen, jedoch wesentlich ernster als damals von ihm gewohnt. So verzichtet der Film zum Großteil auf die gängigen Slapstickeinlagen. Lediglich Sammo Hung darf bei seinem ersten Ausbruch ein wenig Komik ins Spiel bringen. Diese wirkt jedoch ein wenig fehl am Platze, ist doch insbesondere sein Charakter ein besonders tragischer. Doch trotz dieses kleinen Ausrutschers liegt hier ein besonders gelungenes Gefängnisdrama vor, welches dank mehrerer Subplots und einer raffinierten Wendung gegen Ende durchweg spannend bleibt. Das Lexikon des Internationalen Films sieht dies allerdings ein wenig anders: „Eine wüste, selbst für Freunde des Genres nur schwer zu ertragende Mischung aus Knastfilm, Kung-Fu- und Polizeireißer mit gut choreographierten, aber sehr drastischen Kampfszenen.“ – Nö!

The Prisoner kam damals nur leicht gekürzt und mit FSK 18 Freigabe versehen in die heimischen Videotheken. Kurze Zeit später folgte dann die Indizierung. Nach einer stark zensierten 16er Fassung und einer ungekürzten FSK 18 Auflage von Splendid Film einige Jahre später, präsentiert uns Koch Films mittlerweile den gänzlich rehabilitierten Film in seiner ultimativen Auflage. Vorbei die Zeit der Indizierung, der Film trägt heute ungekürzt das blaue 16er Logo. Und damit nicht genug, auch der ca. 30 Minuten längere Taiwancut liegt hier auf der DVD-Bonusscheibe bei. Dieser beleuchtet die Charaktere wesentlich näher und erklärt deren Motivationen. Außerdem gibt es Trailer, Interviews (unter anderem mit Sammo Hung) und vieles mehr.

Zuletzt noch ein Wort zur deutschen Synchronisation, die leider ziemlich misslungen ist. Keiner der Sprecher will so recht passen. Insbesondere Sammo Hung, der damals meist von Andreas von der Meden eingesprochen wurde, hat eine sonderbar unpassende Stimme. Doch es kommt noch dicker, denn Nebengeräusche wurden, wie so oft bei Pacific Video Plus, heruntergeschraubt oder gar gänzlich entfernt. Besonders fällt dies in den Schießereien auf, bei denen die Schreie der Getroffenen lauter daher kommen als die Schussgeräusche selbst. Gott sein Dank kann man auf die deutsch untertitelte Originalspur ausweichen. Wer trotzdem zur deutschen Tonspur greift, der sollte mal bei Tony Leungs bebrilltem Zellengenossen genau hinhören. Dem leiht nämlich der junge Til Schweiger seine Nuschelstimme.

The Prisoner ist der etwas andere Chan-Klassiker. Nur die zweite (bzw die dritte) Geige spielend, bekommen wir hier ein spannendes, (beinahe) humorfreies Gefängnisdrama serviert. Ungekürzt und dank der Langfassung mit dem bestmöglichen Bonusmaterial ausgestattet. Hongkong-Filmfans sollten zugreifen.

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