Wir freuen uns besonders für unseren heutigen Sonntagsklassiker einen neuen Gastautoren begrüßen zu dürfen. Der Lübecker Filmemacher Kai Kinnert übernimmt ab sofort die Rubrik „Spaghetti-Western“.  Sein erstes Opfer, „Johnny Yuma“ entstand in goldenen Blütezeit des Italowesterns und das DVD Cover verspricht dem Sammler einen der besten seiner Art in den Hände zu halten. Doch stimmt das? Ob Johnny sein Geld wert oder nur ein laues Lüftchen des Marketings ist, wird sich zeigen…

Regie: Romolo Guerrieri

Darsteller: Mark Damon, Fidel Gonzales, Lawrence Bobkin und Rosalba Neri

Musik: Nora Orlandi

Ton: – Deutsche Kinosynchro von 1966 (Sprecher: Claus Jurichs, Rolf Schult, Friedrich Schoenfelder)

– Deutsche TV Synchro

– Englisch

Artikel von Kai Kinnert

Dank diverser Labels erfährt der Italowestern einen kleinen Sammlerboom. Gut Aufgemacht, oft mit Pappschuber, erscheinen etliche Titel erneut, meist erst jetzt im richtigen Bildformat – oder als erstmalige, bzw. ungeschnittene Veröffentlichung. So auch JOHNNY YUMA, den ich noch nicht kannte. Ich war neugierig darauf, ob es noch weitere Perlen des ikonografisch angelegten Genres gab, das letztendlich nur knapp 12 Jahre lang existierte. Die Idee, mit Hilfe der Kamera und der Musik quasi die Hutkrempe, den Stiefel und den Colt durch eine geschickten Schnittfolge und Brennweitenwechseln zum eigenen Genre zu erheben, ist Film pur. Doch vielen Streifen fiel es schwer, den optischen und epischen Anspruch eines bildgewaltigen Sergio Leones zu kopieren oder das Genre durch ein neues Stilmittel zu erweitern. Corbucci und Leone verstanden es großartig, die Form der Action und der letztendlichen Verkommenheit durch markante Gesichter und typenstarke Hauptdarsteller opernhaft im Takt der Musik aufzulösen. Das zog damals das Publikum an und machte ordentlich Kasse.

1966 drehte Romolo Guerrieri seinen zweiten Italowestern und schickte Mark Damon ins Rennen, der mit JOHNNY YUMA seinen zweiten Western hinlegte und einen Hit landete.

Johnny Yumas Onkel Thomas Felton wird von seiner Frau Samantha ermordet, um so an das Vermögen zu kommen. Komplize ist ihr Bruder Pedro…mit dem sie auch noch rummacht. Alleinerbe ist aber Johnny Yuma und so beauftragt Samantha den Gunman Carradine, Yuma zu erledigen. Doch die beiden Teufelskerle verbrüdern sich in einer gemeinsamen Schießerei mit Dritten und Carradine gesteht seinen Auftrag. Sie verabreden sich zu einem fairen Duell am nächsten Morgen…

Der mehr vom Drama kommende Regisseur Guerrieri hat hier einen erstklassigen Western mit stimmigen Figuren, aufwendiger Ausstattung und toller Kamera abgeliefert. Was mich sofort begeistert hat, war die Qualität der Kamera und das der Regisseur Zwischentöne im Spiel seiner wirklich guten Darsteller zugelassen hat. Mark Damon hat mich in bestimmten Einstellungen an eine Mischung aus J.P. Belmondo und den jungen Jeff Goldblum erinnert und wirkte auf mich die ganze Zeit etwas blaß. Sein Sidekick Fidel Gonzales allerdings, einer launiger Mexikaner im Film, dafür um so großartiger. Eine Rolle, die in JOHNNY YUMA bis heute funktioniert. Auch Lawrence Bobkin macht seine Arbeit ordentlich. Bobkin hat nach dem Western-Boom bis in die 2000er Jahre in allen möglichen bekannten Serien mitgespielt.

Der Film hatte einen guten Kameramann. Obwohl „nur“ im 1:85:1 Format fängt er mit spannenden Fahrten und mit einer geschickten Tiefenschärfe das Geschehen ein. Im Gegensatz zu manch anderen Filmen hat man sich hier Mühe mit der Ausstattung, dem Licht und in der Besetzung gegeben. Bekannte Kulissen, wie die Gasse im mexikanischen Dorf aus FÜR EIN PAAR DOLLAR MEHR, zieren die Außenaufnahmen ebenso, wie die lebendig gefilmte Westernstadt. JOHNNY YUMA ist eine der Produktionen, die noch Budget zur Verfügung hatte. Die Handlung überrascht – und erst wenn alle Rechnungen beglichen sind, ist auch wirklich Schluß. Die Musik passte und hat besten Italowestern-Sound.

In dem Film gibt es eine ziemlich harte Nummer, die damals in der Kinofassung geschnitten war. Auf der DVD wechselt hier der Ton in die längere TV Fassung. Vom Bild her war mir JOHNNY YUMA ein wenig zu flach in den Farben. Hier wäre mehr herauszuholen gewesen.

In den Extras erzählen Mark Damon und Romolo Guerrieri recht informativ von ihren Erfahrungen und Erinnerungen zum Dreh und ihren Arbeiten. Mark Damon ist heute Produzent in Hollywood und produzierte uA. LONE SURVIVOR, STALINGRAD, 2 GUNS, 9 ½ WOCHEN, DIE CHORKNABEN und den Directors Cut von DAS BOOT. Seine Liste ist lang.

JOHNNY YUMA ist ein guter Italowestern und zurecht gut ausgestattet auf DVD erschienen. Eine kleine Perle des Genres.

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