„Ein Film von Robert Englund alias Freddy Krueger“ prangte es einst auf der VHS-Hartbox von VCL, die im Januar 1989 die Regale der heimischen Videotheken füllte. Ein Selbstgänger, der mich damals jedoch nicht so recht überzeugen konnte. Dank Sony kam es jetzt, 29 Jahre später, zu einer Zweitsichtung…

Regie: Robert Englund

Darsteller: Stephen Geoffreys, Patrick O´Bryan, Sandy Dennis, Jim Metzler

Artikel von: Christian Jürs

Spike (Patrick O´Bryan) ist ein rebellischer End-Teenager, der nach dem Tod der Eltern bei seiner streng religiösen Tante Lucy (Sandy Dennis) und ihrem extrem schüchternen und leicht zurück gebliebenen Muttersöhnchen Hoax (Stephen Geoffreys) leben muss. Als seine Spielsucht ihn in die Schuldenfalle drängt, ruft Spike, wohl mehr aus Jux denn aus Verzweiflung, eine Horoskop-Hotline an. Tatsächlich hilft ihm die dämonisch klingende Stimme aus der Patsche. Doch ein plötzlicher Fischregen (!) lässt Tante Lucy böses ahnen.

Als eines Tages der von seinen Mitschülern gehänselte Hoax an die Nummer der Hotline gerät, verändert sich der schüchterne Junge schnell in ein besessenes Monstrum, das Rache an seinen Peinigern nehmen möchte. Aus der Horoskop-Hotline wird eine Horrorskop-Hotline.

Das ist die dünne Story in groben Zügen. Es gibt dann noch, wohl als Zugeständnis an ein reiferes Publikum, die Figur des Reporters Marty (Jim Metzler), der der Geschichte um die dubiose Telefonnummer auf den Grund gehen möchte und so auf die Spur von Hoax gerät. Dieser Teil der Geschichte ist solide inszeniert und versprüht zeitweise das Gefühl, hier einen gelungenen Horrorfilm aus den späten 80ern vorliegen zu haben. Ja, Marty ist ein sympathischer Kerl mit dem man mitfiebern kann. Auch Spike kommt mal mehr-, mal weniger sympathisch daher. Ein wenig erinnert seine Figur an Kevin Dillons Charakter im Remake von „Der Blob“, welches auch 1988 entstand.

Tante Lucy hingegen, die von der in den Sechzigern und Siebzigern mit Filmen wie „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ oder „Nie wieder New York“ kurzzeitig berühmten Sandy Dennis verkörpert wird, spielt natürlich der Rolle entsprechend extrem hassenswert. Von ihrer einstigen Schönheit ist unter dem tonnenschweren Make Up der in die Jahre gekommenen, fülligen Frau nicht viel geblieben. Doch hier passt sie prima hinein, auch wenn ihr Schauspiel „Over Acting“ in alle Himmelsrichtungen schreit. Doch dieser Aspekt ist von Robert Englund und seinem speziellen Humor (wer seinen anderen Film „Killerpad“ kennt, weiß wovon ich hier schreibe) durchaus gewollt.

Stephen Geoffreys, der durch seine Rolle des Evil Ed (hust) in „Fright Night“ damals für Aufsehen sorgte und dem eine große Karriere voraus gesagt wurde, verhalf dieser Film nicht weiter nach oben auf der Karriereleiter. Stattdessen entschied sich der damals auch am Broadway erfolgreiche Jungschauspieler wenige Jahre später für einen durchaus unerwarteten Karriereweg. Er spielte nämlich fortan in homoerotischen Erwachsenenmärchen mit. So entstanden Filme wie „Butt Blazer“, in denen er als Sam Ritter auftrat. Neuerdings widmet er sich wieder „normalen“ Filmproduktionen, jedoch mit mäßigem Erfolg. Sein Hoax ist eine Mischung aus dem Fright Night-Kultcharakter und Wendell Tvedt, seiner Figur aus der 80er Teenieklamotte „Amerikan Eiskrem“, in der er bereits an der Seite von Amanda Bearse (Marcy Darcy), die ebenfalls in „Fright Night“ mitspielte, zu sehen war.

Doch auch wenn ich mich bislang nicht allzu positiv zu „976-Evil“ geäußert habe, so hat er doch ein paar enorme Pluspunkte, zumindest für Fans von Horrorfilmen aus den (vor allem späten) Achtzigern. Denn genau deren Atmosphäre trifft der Film auf den Punkt. Bunt ausgelautete Hinterhöfe, die eindeutig im Studio entstanden sind, wirken wie die Albtraumwelten Freddy Kruegers. Ja, Robert Englund macht keinen Hehl daraus, wo er sein Horror-Handwerk gelernt hat. Die Masken und Effekte sind hervorragend und zeigen, wie schön handgemachte Effekte zu der Zeit wirken konnten.

Auch der bildhübsche blonde Love Interest von Spike (und später auch Hoax), dargestellt von Lezlie Deane, die man auch aus „Nightmare 6“ kennen könnte, funktioniert hervorragend in ihrer Rolle. Leider hat sie nur einen viel zu kurzen Auftritt verpasst bekommen. Der Part des „Final Girl“ blieb ihr verwehrt. Blöde Spinnen.

Apropos Finale. Hier verhalten sich die Protagonisten übrigens herrlich dämlich. Stellt Euch vor, ihr findet eine Leiche, die in einem Bett liegt und ihr wisst, dass der Killer definitiv noch im Haus ist. Würdet Ihr dann auch das Schlafzimmer verlassen und noch Ewigkeiten vor der Schlafzimmertür verharren, um immer wieder „Oh mein Gott!“ zu wiederholen, nur damit sich der Killer von hinten anschleichen kann? Auch die Idee, den abgelenkten Dämon auf der Flucht mit dem lauten Aufschrei „Da müssen wir rüber klettern!“ wieder auf sich aufmerksam zu machen, verdient einen Preis.

Die FSK jedenfalls erkannte den Spaß und gab den einstigen FSK 18 Titel (der zusätzlich um mehr als 3 Minuten um Handlung und Gewalt kastriert war) jetzt ungekürzt ab 16 Jahren frei.

Die BluRay von Sony beinhaltet, neben dem Hauptfilm in der Kinofassung, noch einen Audiokommentar von Robert Englund und seiner Frau Nancy Booth, die an der Setdekoration mitgearbeitet hat. Außerdem enthält die Scheibe noch die längere, alternative Videoschnittfassung im 4:3-Bildformat. Obwohl die alte deutsche Fassung auf eben diesem basierte , liegt diese Version nur im englischen Original vor, was durchaus schade, aber verkraftbar ist, denn im Grunde ist die Kinofassung die weit bessere Fassung.

Durch die damalige Straffung des Filmes hierzulande, muss man beim Wahl der deutschen Tonspur übrigens mit mehreren Stellen im Originalton mit Untertiteln leben, da diese schlichtweg nicht synchronisiert wurden oder zumindest nicht mehr in synchronisierter Form vorlagen. Dafür sind Bild und Ton allerdings für einen kleinen Film mit immerhin 30 Jahren auf dem Buckel recht ordentlich geraten.

Wer modernes, ernstes Horrorkino erwartet, sollte von dieser bizarren Horrorkomödie Abstand halten. Zwar kein zeitloses Meisterwerk, aber durchaus, dank des Achtziger Charmes, ein kurzweiliges Retrovergnügen. Endlich ungekürzt in Blau erhältlich.

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