Mit „Bloodline“ präsentiert uns der spanische Regisseur Hèctor Hernández Vicens seine Vision des Romero-Klassikers „Day of the Dead“. EuroVideo bringt uns den umstrittenen Film, der in der IMDb eine mickrige Durchschnittswertung von 3,4 sein eigen nennen darf, ungekürzt in den Handel. Ist dieser vernichtende Score gerechtfertigt? Ich denke nicht!

Originaltitel: Day of the Dead – Bloodline

Regie: Hèctor Hernández Vicens

Produzenten: Boaz Davidson, James Dudelson, Avi Lerner

Darsteller: Sophie Skelton, Jonathon Schaech, Jeff Gum, Marcus Vanco

Artikel von Victor Grytzka

Ankündigungen von Remakes werden ja im Vorfeld schon gerne in Foren und Gruppen zerrissen. Ein besonders lauter Aufschrei ging natürlich durch die Filmfan-Gemeinde, als ein neuer Aufguss des Romero’schen „Day of the Dead“ in die Pipeline geschoben wurde. Und dann passierte das, was eigentlich immer passiert. „Filmexperten“, meist bestückt mit einer magischen Kristallkugel, schlechter Rechtschreibung und einem Wortschatz der einem die Schuhe auszieht, prophezeiten den Untergang eines Klassikers.

Punkt 1: Ein Remake ändert den Status des Originals nicht, es wertet es höchstens auf, sollte die Neuverfilmung totale Grütze sein.

Punkt 2: Nicht jede Gleichheit eines Titels entlarvt ein Projekt gleich als Remake.

Punkt 3: Alter, geh‘ scheißen!

Bei dem hier vorliegenden „Day of the Dead – Bloodline“ handelt es sich nämlich nicht um ein Remake, sondern viel mehr um eine freie Interpretation in Anlehnung an die Vorlage. Und hat man sich an diesen Umstand und das kleine Budget gewöhnt, so bekommt man doch viel mehr als man erwartet hat. Schade, was? Ich sehe schon wie die ersten Meckerzausel trotzdem auf ihrer Meinung beharren. Kleiner Tipp: Schmeißt eure Kristallkugel weg, denn ihr könnt damit nicht umgehen!

Natürlich sind ein paar Parallelen nicht von der Hand zu weisen, denn am Ende diente der 1985er Day ja immer noch als Vorlage. Also, worum drehen sich die Blutlinien?

Die Medizinstudentin Zoe (Sophie Skelton) trifft auf den Patienten Max (Johnathon Schaech). Der hat nicht nur ein ungewöhnlich robustes Immunsystem, sondern auch eine dicke psychische Störung. Er ist besessen von Zoe. Nach einem Vergewaltigungsversuch in einem Labor taucht ein lebender Toter auf. Die Studentin kann entkommen, lässt ihren Angreifer jedoch mit der Bestie zurück. Einige Jahre später befindet sich die Menschheit im Krieg mit den „Beißern“, wie sie genannt werden, und Zoe versucht im „High Rock“ Untergrundkomplex ein Heilmittel für die Seuche herzustellen. Neben einem Team aus Ärzten befinden sich auch noch Militär und Zivilisten in der Anlage. Um einen Impfstoff für ein krankes Mädchen zu bekommen begibt sich Zoe gemeinsam mit dem Soldaten Barca (Marcus Vanco) und weiteren Kollegen auf eine gefährliche Mission. Um das Medikament zu besorgen brechen sie in das Labor ein, in dem Zoe vor einigen Jahren erstmals einem „Beißer“ gegenüber stand. Sie können den Stoff beschaffen, sind jedoch nicht alleine. Max ist noch da. Mittlerweile zu einer Mutation aus einem Menschen und einem Untoten geworden, kann er sich durch eine List in den Gebäudekomplex mogeln. Er ist intelligent, gefährlich – und die einzige Hoffnung auf Heilung, denn er trägt den Antikörper gegen das Beißervirus in sich. Er muss lebend gefangen werden. Ein Umstand der dem Leiter der Soldatentruppe, Lieutenant Miguel (Jeff Gum) , gar nicht gefällt. Gefährliche Spannungen bauen sich in der Zweckgemeinschaft auf.

Natürlich sind Gemeinsamkeiten mit dem Romero-Klassiker hier nicht abzustreiten. Das Setting erinnert sehr stark an die 1985er Variante, einige der Charaktere agieren in ihren Grundzügen sehr ähnlich. So kann man Zoe als eine Mischung aus Sara und Dr. Logan sehen, Max ist eine Variante von Bub, wenn auch deutlich weiter entwickelt, Bacar ist das Gegenstück zu Miguel Salazar und Lieutenant Miguel ist die Neuinterpretation von Rhodes.

So wird man in den Ecken und Kanten natürlich einige Gemeinsamkeiten feststellen, die sich im Endeffekt dann jedoch als erfrischend anders entpuppen. Zentrales Element ist im vorliegenden „Bloodline“ eindeutig die Beziehung zwischen Max und Zoe, die durch ein wichtiges Schicksal miteinander verbunden sind. So wird die Medizinerin zu einer tragischen Figur, die auf der einen Seite zwar ihre Mitmenschen schützen und retten möchte, aber auch dafür Sorge tragen muss dass ihrem untoten Stalker nichts passiert. Auch die Spannungen zwischen Militär und Zivilisten, bei Romero ein Kernelement, werden hier thematisiert, bilden aber lediglich einen Nebenplot. In „Bloodline“ geht es also nicht um die Situation in der diese Menschen stecken, sondern mehr um die Lösung der Ursache.

Der Weg zu dieser Lösung ist dabei ohne große Längen erzählt. Nach einer interessant erzählten Geschichte des Ursprungs der Seuche springen wir ins „jetzt“, und bekommen in angenehmen Dosen einen Mix aus dem Leben im Bunker, deutlich actionorientierten „Außenmissionen“ und dem hervorragend gespielten „Psychokrieg“ zwischen Max und Zoe. Auch wenn „Bloodline“ bei weitem nicht so ein düsteres Endzeitszenario zeichnet wie Romeros Vision des „Tag der Toten“, so ist der Film in seiner Grundstimmung doch – trotz seines geringen Budgets – bemüht eine finstere, jedoch niemals langweilige Atmosphäre zu schaffen. Das Finale hat dann gar nichts mehr mit dem Klassiker zu tun. Sehr schön, dass man auch dort einen eigenen Weg gegangen ist.

Bezüglich des Budgets – auch wenn man merkt dass „Bloodlines“ eine Direct-to-DVD Geschichte ist, so blieb doch ordentlich Raum für eine solide Inszenierung. Die Sets sind stimmig und angenehm kalt, mit Goreeinlagen wurde nicht gespart, auch wenn diese nicht sonderlich explizit sind. Dafür sind sie zum großen Teil wenigstens Handgemacht. CGI kommt natürlich auch zum Einsatz, jedoch nur dezent und minimalistisch.

Viel mehr werde ich nicht verraten, da ich euch den Spaß am Film nicht schon im Vorfeld nehmen mag. Und Spaß – ja, den hatte ich. Kein lieblos runtergekurbeltes Remake, sondern eine eigene Geschichte die Tribut an die Vorlage zollt, diese dabei aber nicht mit Füßen tritt. Auch wenn es sich um einen B-Film handelt und man sich das ein oder andere mal nicht nur an „Day“, sondern auch an modernen Zombieinkarnationen wie etwa „TWD“ bedient hat, sage ich ganz klar: „Bloodlines“ ist nach dem negativen Wirbel im Vorfeld eine sehr positive Überraschung!

EuroVideo hat hier eine schöne Scheibe hingelegt. Der Ton ist sauber abgemischt, die Bildqualität mehr als zufriedenstellend und auch die Synchro ist – für einen B-Film – auf einem angenehm hohen Niveau.

Nach den wirklich grausamen Ablegern „Contagium“ (Untote in der Ballerburg) und Steve Miners „Day of the Dead“ (Gemüse Bub – YAY!) bildet „Bloodline“ endlich mal ein erfreuliches Erlebnis. Ich bin mir sicher dass Romero den Film hassen würde, denn meckern konnte er ja gut. Aber besser als seine letzten Versuche („Diary / Survival of the Dead“) ist „Bloodline“ allemal! Und mindestens genauso brauchbar wie „Land of the Dead“! P.S. von mir kriegt der Film eine locker-flockige 7/10, ihr IMDb-Arschgeigen 😉

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