Kultregisseur und Hollywoodikone Billy Wilder („Manche mögen´s heiß“) drehte hier mit seinem Lieblingsdarsteller Jack Lemmon eine beschwingte, romantische Hollywoodkomödie vor der traumhaften Kulisse Italiens. Doch wie wirkt diese immerhin 46 Jahre alte Komödie heutzutage?

Originaltitel: Avanti!

Regie: Billy Wilder

Darsteller: Jack Lemmon, Juliet Mills, Clive Revill

Artikel von Christian Jürs

Wendell Armbruster Junior (Jack Lemmon), ein gestresster Geschäftsmann und spießiger Familienvater macht sich nach der Mitteilung über das Ableben seines Herrn Papa sofort auf in das italienische Urlaubsparadies, in dem dieser mit dem Auto tödlich verunglückte um den Leichnam zurück in die USA zu bringen. Kein typischer Komödienstoff, möchte man meinen. Doch bereits in der Eröffnungsszene, in der wir Wendell in Golfkleidung im Flugzeug mit seinem anzugtragenden Sitznachbarn diskutieren sehen, bekommen wir die fehlende Ernsthaftigkeit der Geschichte zu spüren. Denn von der angeregten Unterhaltung bekommen wir nur Lippenbewegungen serviert, den Rest dürfen wir uns dank überlautem Flugzeugstart mitdenken.

Wendell kann seinen Sitznachbarn jedenfalls zum „unauffälligen“ Klamottentausch auf der Flugzeugtoilette überreden (vor dem Abflug war keine Zeit mehr, normale Kleidung anzuziehen). Doch dieser bringt bereits am Flughafen Probleme mit sich, denn die Ausweise der Herren wurden aus versehen mit getauscht.

Doch welche „böse“ Überraschung unseren Spießbürger im Urlaubsort seines Vaters, in dem dieser jedes Jahr alleine einen Monat verbracht hat um wieder zu Kräften zu kommen, erwartet, hätte er sich wohl nie träumen lassen. Der brave Ehemann und Vater hatte dort nämlich seit Jahren eine Affäre, wie ihm Hotelmanager Carlo Carlucci (Clive Revill) offenbart. Mitsamt seiner Geliebten stürzte er vor Ort mit dem Auto eine Schlucht hinunter in den Tod.

Dies führt übrigens auch die lebenslustige Pamela Piggott (Juliet Mills) nach Italien, denn, wie könnte es anders sein, saß auf dem Beifahrersitz des verunglückten Fahrzeugs ihre Frau Mutter. Während für Wendell eine Welt zusammenbricht, versucht Pamela den Spießbürger aus der Reserve zu locken, was ihr selbstverständlich nach und nach gelingt. Alsbald wandelt Wendell auf den Pfaden seines Vaters – mit der Tochter dessen Liebschaft an seiner Seite…

Billy Wilder war schon immer ein Meister der Komödie. Sei es die eingangs erwähnte Zusammenarbeit mit Tony Curtis und Marilyn Monroe oder die Screwball-Klassiker „Das Appartement“ und „Eins, Zwei, Drei“, seine Filme konnten mich stets beeindrucken. Tatsächlich ging „Avanti, Avanti!“ bislang an mir vorbei. Doch dank Koch Media, die uns diesen Klassiker jetzt erstmals in HD präsentieren (auf DVD gab es bereits eine bonusbefreite Variante von MGM), konnte ich dieses Manko nun korrigieren.

In dem „Alterswerk“ des 1906 geborenen und 2002 verstorbenen Kultregisseurs zelebriert er genüsslich „La Dolce Vita“. Dabei ist besonders der deutsche Titel, der uns mit dem doppelten „Avanti“ Geschwindigkeit suggeriert, irreführend. Denn Wilder geht hier weit weniger hektisch als sonst zu Werke, versprüht dabei jedoch durchgehend Komik. Irgendwann allerdings dachte ich, der Film muss doch auch irgendwann einmal zu Ende sein. Der Blick auf die Laufzeit brachte hierbei Erstaunliches zu Tage. Stolze 144 Minuten werden hier dem Zuschauer geboten. Wer jetzt befürchtet, dass sich dadurch Langeweile breit macht, dem kann ich Entwarnung geben. Denn dazu versprüht der Film neben seinem Witz noch ein ganz wundervolles Urlaubsfeeling, dem man sich gerne aussetzt.

Auch die Darsteller harmonieren ganz hervorragend. Lemmon spielt den geläuterten Kotzbrocken mit seinem ganz eigenen Charme und auch Juliet Mills kann man die Spielfreude in jeder Pore ansehen. Apropos jede Pore, erstaunlich zeigefreudig gibt sich die gute Dame auch noch. Besonders hervorheben muss man aber auch Clive Revill als sympathischen Hoteldirektor, der die beiden Reisenden stets betreut.

Bild und Ton sind altersbedingt mehr als in Ordnung, können aber selbstverständlich keine Bäume ausreißen. Dafür gibt es allerlei interessantes Bonusmaterial. So bekommen wir neben dem Trailer noch Interviews mit Frau Mills und Clive Revill, sowie eine Featurette und Werbematerial. Da bleibt kein Wunsch offen.

Einmal mehr überzeugt eine Koch Media Veröffentlichung durch liebevolle Ausstattung und gute Qualität. Wer mal wieder Lust auf Urlaub hat, jedoch keine Zeit hierfür hat, dem kann ich diese spritzige Komödie mit XXL-Laufzeit nur empfehlen.

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