Ein Klassiker des Subgenres des Tierhorrorfilms kehrt zurück. Obwohl der Film das gar nicht ist, stand er doch Anfang der 80er mit FSK 18 Freigabe in den Horrorfilm-Ecken der Videotheken und war dabei insgesamt recht erfolgreich.  Es war der erste Film, in dem echte Ratten eine tragende Rolle spielen und wurde mit diesen Szenen dann auch berühmt, obwohl der Film erst in den letzten 20 Minuten vom Drama zum Horror wechselt. Doch mit dem Ende der VHS-Zeit verschwand auch WILLARD vom Markt und wurde seitdem nicht mehr in Deutschland veröffentlicht. Ob das besser so geblieben wäre, wird sich nun zeigen.

Regie: Daniel Mann

Darsteller: Bruce Davison, Sondra Locke, Elsa Lanchester, Ernest Borgnine

Artikel von Kai Kinnert

Wer hier einen echten Gruselfilm mit Ratten erwartet, wird enttäuscht werden. Denn die Verfilmung von Stephen Gilberts Roman ist eher ein Drama um Einsamkeit und Macht, als ein Horrorfilm. Das er letztendlich so vermarktet worden ist, liegt an seiner passenden Besetzung, einer reduziert-klaren, dem TV ähnlichen Inszenierung mit schrulligen Momenten und den Ratten. Willard (Bruce Davison) hat es nicht leicht im Leben. Er wohnt daheim bei seiner bettlägerigen Mutter Henrietta (Elsa Lanchester) und der Haushälterin Charlotte (Jody Gilbert) und arbeitet als einfacher Angestellter in der Firma seines verstorbenen Vaters, die von Martin (Ernest Borgnine) übernommen worden ist und der Willard ständig schikaniert. Einsamkeit und stetiger Druck auf Willard machen ihn zu einen zunehmend seltsamen Gesellen, der plötzlich die Aussicht auf ein normales Leben bekommt, als er Joan (Sondra Locke) kennenlernt, die ernsthaftes Interesse an Willard hat und selber ein empfindlicher und suchender Mensch ist.

Es leben Ratten auf dem Grundstück des Hauses von Willards Mutter. Anstatt die Ratten zu töten, entdeckt Willard aber eine freundschaftliche Bindung zu den süß aussehenden Nagetieren und beginnt ihnen Tricks beizubringen. Seine Mutter will, das Willard die Ratten beseitigt, doch er hält sich nicht daran, beginnt sogar im Keller mit einer eigenen Zucht und trainiert sie nun dahingehend, das sie auf sein Kommando hören. Dabei spielen zwei Alpha-Ratten eine wichtige Rolle. Die weiße Ratte Socrates und die schwarze Ratte Ben, die später Hauptdarsteller der Fortsetzung BEN (1972) spielen sollte. Während Socrates ein gemäßigter Kompagnon ist und als Schnittstelle zum schnell größer werdenden Rattenheer dient, ist Ben eine miese Rattensau und wird sich nach dem Tod von Socrates gegen seinen Herren stellen.

Als später die Mutter stirbt, verliert Willard zunehmend den Halt und wird sich Mithilfe der Ratten gegen seinen Peiniger Martin stellen und am Ende selber um sein Überleben kämpfen. Im Grunde ist das schon alles.

Kein Blut, keine Ratten die an Knochen nagen, kein Irrer, der mit Ratten die Welt beherrschen will. Wer eine Ratten-Phobie hat, dem wird es hier reichlich den Schauer über den Rücken jagen, ansonsten sind die Viecher ganz niedlich. Bis auf Ben natürlich, der am Ende sogar einen rot glimmenden Schein in seinen kleinen Rattenaugen hat und sich gegen Willard erhebt. Der Film ist ein Drama. Jemand wird unterdrückt und sucht sich neue Freunde, die er endlich beherrschen kann. Als er sie findet, wächst das Allmachtsgefühl und die neue Stärke wird demonstriert. Doch damit wird das neu gefundene Glück, hier Sondra Locke, torpediert. Gewalt erzeugt Gegengewalt und so verliert Willard am Ende das, was er einst gefunden hat.

Bruce Davison als Willard ist genau die richtige Besetzung. Obwohl hier und da das übliche Overacting der 70er Jahre dargeboten wird, schafft es der Film durch Davison genau die richtige Atmosphäre zu erzeugen. Dem Film schwingt stets eine subtile Bedrohung mit, die erst durch die vielen kleinen, skurrilen Szenen richtig zur Geltung kommt. Der Film ist außerdem in seinen Nebenrollen wunderbar besetzt. Lauter gute Charakterdarsteller fördern die Skurrilität, Spannung und Zerbrechlichkeit um Willard herum und liefern so ein glaubwürdiges Szenario für die Ratten.

Der Außenseiter wehrt sich mit den Außenseitern gegen die, die ihn beherrschen wollen.

Da stört es dann eigentlich nicht weiter, das die Ratten eigentlich zu niedlich sind, sich der Film auch mal fast wie ein Disney-Streifen benimmt und sich eine gewisse Komik konträr zum Spannungsbild aufbauen möchte. Dennoch bleibt die Spannung erhalten, da Davison das passende Gesicht für den Angry-Young-Man hat. Mit einigen geschickten und einfachen Kameraeinstellungen bricht der Film an den richtigen Stellen auf und plötzlich steigert sich die Spannung. Ein gewisser Grusel ist einfach da. Die Kunst von WILLARD ist es, eine Atmosphäre des Unangenehmen zu erzeugen, obwohl die Ratten oft ins Bild geworfen werden und eigentlich keine tödliche Bedrohung darstellen.

Regisseur Daniel Mann nimmt geschickt einen Zwischenton in der Erzählung auf, ein Flirren, das entfernt an Norman Bates in PSYCHO erinnert. Das der Film eher wie einen TV Film inszeniert worden ist, stört gar nicht weiter, denn dadurch werden die plötzlich eingesetzten Kamerafahrten und Einstellungswechsel effektiver. Alles in Allem ist WILLARD am Ende gar nicht so übel gewesen. Der Film ist von 1971 und man sollte schon den Stil der damaligen Zeit mögen, um hier gut einsteigen zu können. Es könnte sonst eher komisch und langweilig werden. Wer die 70er mag und Ratten sowieso, bekommt hier einen auch heute noch in sich geschlossenen Klassiker für die Filmsammlung serviert. Das Bild ist sauber und klar in den Farben und körnt nur in lichtschwachen Szenen etwas.

Als Extras gibt es einen interessanten, untertitelten Audiokommentar mit Bruce Davison, ein Interview, Trailer und die 16minütige Super-8-Fassung des Films. Spannend an der Super-8-Fassung ist, dass der Film im vollen Bildformat ohne Maske auf 4:3 umkopiert wurde und so ein höheres Bild als die Kinofassung zeigt. Wer dabei auf den oberen Bildrand achtet, wird oft den Kulissenrand und Lichtquellen sehen.

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