Die pastellfarbene Romantikkomödie von Park Chaan Wook (OLDBOY) ist eigentlich ein Drama um ein traumatisiertes Mädchen, das unter Anorexie leidet und dabei die Wahnvorstellung entwickelt, ein Cyborg zu sein. Nach einem Selbstmordversuch landet sie in der Psychiatrie, in der jeder Patient schrill ist und alle in ihrer eigenen Welt leben. Einzig der Patient Il-sun (dargestellt durch K-Popstar Rain) findet Zugang zu der stark unterernährten Young-soon, die ob mangelnder Nahrungsaufnahme in immer bizarreren Welten lebt und bald sterben wird.

Originialtitel: Ssa-i-bo-geu-ji-man-gwen-chan-a

Regie: Park Chaan Wook

Darsteller: Lim Soo-jung, Rain, Choi Hee-jin

Artikel von Kai Kinnert

Der einzige Kinder- und Jugendfilm von Park Chaan Wook ist ein schrilles Unterfangen mit ernsten Hintergrund. Nach seinen drei Rachefilmen SYMPATHY FOR MR. VENGEANCE (2002), LADY VENGEANCE (2005) und OLDBOY (2003) wollte Park mal einen Film drehen, den sich seine 12jährige Tochter im Kino ansehen kann. Das hat Park allerdings nicht daran gehindert, trotzdem das Blut aus aufgeschnittenen Armen fließen und seinen magersüchtigen Cyborg mit einer 8-Finger-Minigun minutenlang Pflegepersonal abballern zu lassen. Das passt dann auch für 12jährige, wenn der Rahmen stimmt. Das Gemetzel findet allerdings nur in der Fantasie der sterbenden Young-goon (Lim Soo-jung) statt, die aufgehört hat zu essen und immer stärker halluziniert.

Park wählte ein starkes Thema für seinen Film. Magersucht, Leistungsdruck und ein Trauma in der Familie bilden den Hintergrund für das Drama um Young-soo, die in die Psychatrie kommt und dort vollends ihre Welt entfalten kann. Sie hält sich, ob des Traumas um ihre Großmutter und einem selbstgebauten Radio, für einen Cyborg und nimmt mehr Kontakt zu elektrischen Geräten auf, als zu Menschen. Statt zu Essen, hält sie ihre Finger an die Pole von Batterien und lädt sich so neu auf. Ein Cyborg kann nicht essen, denn dann geht er kaputt, so ihre Logik.  Auf Station lebt sie mit etlichen bizarr-schillernden Irren zusammen, die frei in der Klappsmühle herumlaufen und alle in ihrer Welt sind.

Dabei lernt unser Cyborg mit blond geschminkten Wimpern (aus irgendeinem Grund wird im asiatischen Kino gerne schlecht blond gefärbt)  Il-sun (Rain) kennen, der die Fähigkeit besitzt, die Krankheiten des Gegenübers zu spiegeln und so Zugang zu finden. Neben all dem Getöse um die Schrulligkeit seiner Nebenfiguren und seiner pastellfarbenen Umgebung, findet der Film auch weniger aufdringliche Momente, in denen er sich beinahe zart dem eigentlichen Problem widmet. Da versucht die Story Young-soo dazu zu bewegen, wieder Nahrung zu sich zu nehmen und es auch herunter zu schlucken. Und tatsächlich öffnet sich das Cyborg-Mädchen nach und nach ihrem neuem Freund und findet Zugang zu ihrem Trauma, das sie in den Tod hungern lässt. Die Frage ist, ob es Il-sun gelingt, sie durch seine Zuwendung vor dem Tod zu retten.

Nichts in diesem Film geht ohne stilistische Schrägheiten ab. Neben einer schönen Eröffnungssequenz mit den Credits gibt es eine satt-helle Farbgestaltung der Irrenanstalt mit extrem geometrischen Aufnahmen. Der Film hat einen besonderen Look, der durch das neue Kamerasystem VIPER entstanden ist, auf dem der Streifen gedreht wurde. Das Team hatte keine Erfahrung mit rein digitalen Systemen und wurde vom Umstand überrascht, dass, anders als bei analogen Systemen, die Farben nicht korrekt wiedergegeben werden und die Kamera bei Schwenks eine schwindelerregende Optik erzeugte. Insofern ein Glückgriff für den Film, denn der quasi erzwungene Stil passt optimal zur Handlung.

Der Film ist sehr kunstvoll in Szene gesetzt, doch er überträgt seine Künstlichkeit eben auch auf die Figuren und so bekommt der Zuschauer die ganze Bandbreite harmloser Irrer vorgestellt, die ausufernd und durchs Bild rollend, ihren clownesken Irrsinn darbieten dürfen. Das muss man dann als Zuschauer schon in diesem Moment mögen, denn der Film verbringt eine Menge Zeit damit sich mehr oder weniger gekonnt in den schräger Untiefen asiatischer Comedy zu begeben. Um dann plötzlich die recht harmlos dahinrollende romantische Komödie mit den zwei Szenen zu unterbrechen, in denen die Cyborg-Minigun zum Einsatz kommt. Selbst ein romantischer Film zum Thema Magersucht kommt in Asien nicht ohne Knarre aus. Dabei geht’s wie immer blutig zu und bleibt dennoch unreal, denn Young-soo träumt dies alles nur aufgrund ihres Leidens.

Doch teilweise ermüden dann aber auch die vielen Schrulligkeiten im Film, wirken manchmal aufdringlich und scheinen die Handlung nur aufzuhalten. Wären da nicht diese zarten und teils auch witzigen Momente, die sich dem Kern des Films nähern, könnte man den Streifen so durchlaufen lassen ohne groß aufzupassen.

Nicht alles an I´M A CYBORG, BUT THAT´S OK funktioniert so gut wie in diesen Momenten, denn manchmal reicht´s auch einfach mal. Der Film zählt sicherlich zu Park Chaan Wook buntesten Filmen, aber am Ende leider auch nicht zu seinen besten.

Das Mediabook von CAPELIGHT ist wie immer qualitativ hochwertig und schön gestaltet. Qualität zu einem fairen Preis gibt es heute nur noch selten. Marco Heiter schrieb das durchaus interessante Booklet. Die Bildqualität des Films ist großartig. Dazu gibt es einige Extras wie Interviews, Making-Ofs, Trailer, entfallene und alternative Szenen und ein Extra zur VIPER-Kamera.

Wer den Film damals schon mochte, sollte hier beherzt zuschlagen. Alle anderen müssen das ruhige, asiatische Kino mögen und sich auf einige Besonderheiten einlassen können, um hier nicht enttäuscht zu werden.

Trailer:

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