Unverhofft kommt oft. Ein deutscher Thriller mit einem kleinen Budget, mit produziert vom ZDF, kommt in ein paar Tagen über Tiberius Film in den Handel. Und lasst mich eine Sache sagen – der deutsche Film, wegen seichter Komödien in Verruf geraten, der kann dann doch eine ganze Menge. Gute Ideen muss man eben haben…

Regie: Bogdana Vera Lorenz

Darsteller: Alice Dwyer, Maximilian Meyer-Bretschneider, Götz Schulte, Jeff Wilbusch

Artikel von Victor Grytzka

Ich höre die Leute schon wieder stöhnen: „Ein deutscher Film? Der kann ja nix sein, die machen doch nur Schrott!“. Falsch, liebe Zweifler. „Lockdown“, der seine Premiere im Oktober vergangenen Jahres – im Rahmen der „Das kleine Fernsehspiel“ Reihe im ZDF feierte, soll das Gegenteil beweisen. Wie schafft man es also, mit einem kleinen Budget und wenigen Darstellern, mit einer Laufzeit von gerade mal 75 Minuten (bis zum Abspann) ein kleines Meisterwerk zu kreieren?  Mit einer tollen Idee, zwei ganz starken Hauptdarstellern und einer ambitionierten Regisseurin.

Liv (Alice Dwyer) erwacht nach einer Party in einem fremden Zimmer. Die Fenster sind mit Metallplatten verriegelt, es gibt kein fließendes Wasser, ihr Freund Lex (Maximilian Meyer-Bretschneider) liegt schwer verletzt auf dem Bett. Und dann tritt ein gewisser Herr Veith (Götz Schulte) in ihr Zimmer. Er berichtet von einem Terroranschlag bei dem ein tödliches Virus freigesetzt wurde. Auf diesen Moment hatte Veith sich lange vorbereitet. Nun ist es an Liv herauszufinden, warum ausgerechnet sie sich mit in der abgeriegelten Wohnung befindet. Was hat der mysteriöse Mann, der ein wenig paranoid zu sein scheint, vor?

Wow, also DAS hatte ich nun wirklich nicht erwartet. „Lockdown“ besticht direkt nach Beginn durch eine phänomenal kühle und trostlose Atmosphäre. Schnell wird klar – das hier ist und wird auch kein Spaß! Das Grundthema – ein Terroranschlag – wird hier allerdings nicht zum Gefallen manch besorgter Bürger auf den bösen Ausländer abgewälzt, sondern schlägt in eine ganz andere Kerbe. Dieser Hintergrund entfaltet sich ganz, ganz langsam im Laufe der Handlung, die zwar relativ ruhig erzählt wird, dem Zuschauer aber immer wieder neue „Brocken“ hinwirft, die er erst mal auf sich wirken lassen muss. Die Hintergründe des (vermeintlichen?) Terror sprechen ein viel diskutiertes Thema an, und ist mal etwas anders, als das was man sonst so in Thrillern serviert bekommt.

Geschickt spielt man hier mit der Defintion von Gut und Böse, Richtig und Falsch, Lüge und Wahrheit. Es braucht schon relativ lange bis man hinter die wahren Ausmaße der Situation steigt, und weiß tatsächlich bis zum super spannenden Finale nicht, was denn nun wirklich los ist. Dies ist eine wahre Glanzleistung wenn man bedenkt, dass „Lockdown“ zu 95 % in einer Wohnung, bzw. maximal 3-4 Räumen spielt. Einen großen Teil zu dieser perfekten Unterhaltung tragen die beiden Hauptcharaktere Liv und Veith, bzw. deren Schauspieler dazu bei. Alice Dwyer und Götz Schulte tragen den Film zu großen Teilen in Dialogen untereinander, und entwickeln zugleich eine notwendige Abhängigkeit, sowie eine tief verwurzelte Abneigung zueinander. Dabei wirkt allerdings keiner von den Beiden wirklich sympathisch oder unsympathisch, denn wie bereits erwähnt lässt man zunächst viel Freiraum für Spekulation, ohne jedoch klar zu definieren wer den nun welche Position in der Handlung einnimmt. Beide liefern dabei eine tolle Performance ab!

Für einige Überraschungen ist also gesorgt. Die Handlung und Erzählweise ist der stärkste Faktor von „Lockdown“, dieser wird verstärkt durch das stimmige Set, das zudem mit geschickter Ausleuchtung für eine ordentliche Portion Endzeitstimmung sorgt. Doch, halt! Gibt es überhaupt einen Grund für eine Endzeitstimmung? Dies, liebe Leser, verrate ich an dieser Stelle nicht. „Lockdown“ wirkt, und man muss ihn selbst gesehen haben. Noch einmal ein dickes Lob an das gesamte Team! Es muss nicht immer Millionen kosten einen kleinen Hit zu produzieren.

Vielleicht noch ein Hinweis an Eltern. Obwohl „Lockdown“ eine FSK 12 Freigabe hat, würde ich diesen Film nicht jedem Kind zeigen. Die Thematik könnte schon recht verstörend auf zartbesaitete Jungens und Mädels wirken, und auch einige Gewaltspitzen gibt es zu sehen. Diese sind zwar nicht blutig, aber doch recht kompromisslos.

Tiberius, da habt ihr wirklich mal eine gute Nase bewiesen. Ein starker Film in eurem Portfolio. Thriller-Fans sollten unbedingt zugreifen, und Feinde des deutschen Films ebenso! „Lockdown“ wird eure Sichtweise auf unsere Filmlandschaft in einem anderen Licht erscheinen lassen! Einen kleinen Rüffel muss ich dann doch noch aussprechen. Die reißerischen Vergleiche auf dem Cover passen nicht nur nicht zu „Lockdown“, sie werden dem Film in keiner Weise gerecht. Ehrlich mal, Tiberius. Bei solch starken Titeln habt ihr solche Marketingstunts doch nicht nötig!

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