Wir „Medienhuren“ besprechen ja bekanntlich fast Alles, was uns an Filmen vor die Flinte kommt. Selbst der letzte Datenmüll, wie es uns von anderen unqualifizierten Schreibern schon vorgeworfen wurde, findet bei uns ein Zuhause. Weil wir aber auch gerne Filme älteren Ursprungs gucken und unser heimisches Regal prall gefüllt ist, habe ich mir eine neue Aufgabe gesucht und möchte unter dieser Rubrik Filme vorstellen, die mir besonders am Herzen liegen. Nicht weil sie immer besonders herausragend sind, sondern oft auch einen großen persönlichen Unterhaltungswert haben. Zum Einstieg habe ich tief gewühlt und nach langer Zeit mal wieder einen Streifen hervorgekramt, der mich bereits als Kind im Fernsehen begeistert hat. Startbahn frei für die absolute Essenz der pathetischen 80er Jahre, „Top Gun“ (1986)!

Originaltitel: Top Gun

Drehbuch: Jim Cash, Jack Epps Jr.
Regie: Tony Scott

Darsteller: Tom Cruise, Kelly McGillis, Tom Skerritt, Val Kilmer, Anthony Edwards, Michael Ironside…

Artikel von Christopher Feldmann

Ach, was waren das für Zeiten. Zeiten, in denen ich gerne im Kino gesessen hätte, was leider nicht möglich war, da ich erst in den 90er Jahren das Licht der Welt erblickt habe. Trotzdem hege ich eine große Liebe für das sogenannte Pop-Jahrzehnt. Eine Zeit, in der Stallone und Schwarzenegger ihre besten Zeiten hatten, in der Steven Spielberg einen Kracher nach dem Nächsten ablieferte und in der das Medium Film einfach irgendwie cooler war. Zudem war es die Zeit, in der Teilzeit-Stuntman Tom Cruise zu Dem wurde, was er heute ist, der wahrscheinlich letzte echte Hollywood-Star. Tony Scotts „Top Gun“ (1986), auch mit der deutschen Tagline „Sie fürchten weder Tod noch Teufel“ bekannt, zementierte den bis heute anhaltenden Ruhm des Scientology-Maskottchens. Zwischen halsbrecherischen Flug-Stunts, schwülstiger Romantik und krachenden 80er Hits, zelebriert Regisseur Tony Scott den US-Patriotismus und liefert ein bombastisches Loblied auf das Militär. Klingt jetzt vielleicht etwas negativ aber ich möchte euch erläutern warum dieser Film mich trotzdem mit einem positiven Gefühl zurücklässt.

Lt. Pete Mitchell, Codename „Maverick“ (Tom Cruise) gehört zu den besten Flugpiloten der NAVY. Gemeinsam mit seinem Freund und Flugkameraden Lt. Nick Bradshow,  Codename „Goose“ (Anthony Edwards) schafft er es auf die Station „Top Gun“, eine Ausbildungsstätte für besonders begabte NAVY-Piloten, denen Luftkampfmanöver für Spezialisten beigebracht werden. Maverick eckt schnell an, da er nicht besonders viel Teamgeist an den Tag legt, gegen Vorschriften verstößt und bei Manövern eher auf seinen Instinkt hört, als auf die Befehle seiner Vorgesetzten. Als er zudem Gefühle für die Ausbilderin Charlotte Backwood (Kelly McGillis) entwickelt, häufen sich seine Probleme. Doch es kommt noch schwerer…

„Top Gun“ stellt das Paradebeispiel des testosterongeschwängerten 80er-Blockbusters dar und zeichnet eine ziemlich einfache Heldengeschichte. Die, von Tom Cruise gespielte, Hauptfigur ist schon zu Beginn die wahrscheinlich coolste Sau in der Luft und wird uns Zuschauern als hitzköpfiger, aus dem Bauch heraus handelnder Jungspund präsentiert, der wahrscheinlich öfters mit seinen Vorgesetzten aneinander rasselt. Ein Rebell, der sich nicht um schnöde Vorschriften kümmert, sondern aus Instinkt handelt, egal wie waghalsig es auch sein mag. Eigentlich ein Heldentypus, den man gerne sieht. Wenn man sich jedoch den Kontext des Films betrachtet, merkt man wie eklig patriotisch das Korsett ist, in denen sich die Figuren bewegen. Alle sind vollends loyal ihrem Land gegenüber, stellen keinen Akt in Frage und finden es einfach nur geil, durch die Luft zu fliegen und rumballern zu dürfen. In der titelgebenden „Top Gun“-Station wird man dann zum akkuraten Militär-Werkzeug erzogen, welches dann mit bester Ausbildung dem Land dienen und auch, im Ernstfall, dafür sterben darf. Aus heutiger Sicht ein Film, den man aus politischen Blickwinkeln kaum verstehen kann, wenn man nicht gerade rechter US-Amerikaner ist. Deswegen kann man „Top Gun“, was die Dramaturgie angeht, am besten mit dem nötigen Schuss Ironie betrachten. Klar, im Jahr 1986, als Ronald Reagan noch am Ruder war, fand wahrscheinlich jeder den Film geil. Heute wird er viel kritisiert, gar als Werbefilm für das US-Militär geschimpft. Ich kann mich dieser Kritik nur anschließen, mag den Film aber trotzdem unheimlich gerne, eben weil er das bereits angesprochene so hemmungslos zelebriert, ohne nur einen Hauch von Differenzierung zuzulassen.

Die Handlung ist schlicht und folgt einem ganz bestimmten Muster, welches man schon oft in Filmen gesehen hat, in denen jemand einen Reifeprozess durchlaufen muss, um am Ende der Hero of the Day zu sein. Maverick ist gut, wenn nicht sogar der Beste, leidet aber unter seinem Egoismus und seinen übereilten Entscheidungen. Natürlich eckt er bei anderen Kammeraden an, besonders bei „Iceman“, gespielt vom damals noch recht unbekannten Val Kilmer. Es dauert eine Zeit lang bis Cruise‘ Figur auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird. Man baut, wie soll es auch anders sein, einen dramatischen Plotpoint ein. Bei einem Absturz stirbt sein Kumpel „Goose“, was „Maverick“ in eine Sinnkrise stürzt, die es ihm nicht ermöglicht in den Jet zu steigen. Hier bedient sich „Top Gun“ ungeniert bei den bekannten Mustern des „Rise & Fall“, ein Handlungskonstrukt, welches aber irgendwie funktioniert, wenn man sich darauf einlässt. Denn egal wie banal es auch sein mag, man geht doch irgendwie mit. Die Piloten sind alle gutaussehend, gut trainiert und werden einfach als schweinegeile Typen inszeniert, die auch mal gerne ihre eingeölten Oberkörper zur Schau stellen. Frauenfiguren gibt es in „Top Gun“ kaum, bis auf „Charlie“, gespielt von Kelly McGillis, die als durchaus willensstarke Ausbilderin mit dem nötigen Selbstbewusstsein dargestellt wird. Eigentlich eine starke Frauenfigur, die aber bei Tom Cruise einfach schwach wird und weil man ja auch das weibliche Geschlecht bedienen möchte, gibt es die obligatorische Romanze, von der aber keiner etwas wissen darf, weil Ausbilderin und Schutzbefohlener und so. Natürlich ist diese Nebenhandlung nicht besonders tiefschürfend, sorgt aber für ein paar knisternde Momente. Witzig dabei ist, dass diese Romanze rein gar Nichts zur Handlung beiträgt und der Film genauso funktionieren würde, wenn es Sie nicht gebe. Aber Sie bringt einfach ein paar schöne Szenen hervor, die sich wunderbar mit der Tonalität des Films vereinen lassen und auch etwas zum persönlichen Drama der Hauptfigur beitragen. Trotz Drama darf Cruise aber am Ende doch auf sein Trauma scheißen und in seinem ersten offiziellen Einsatz gleich ein paar gesichtslose Kampfjets vom Himmel ballern. Ende gut, Alles gut. Unsere Luftakrobaten klatschen sich zum Schluss noch ab, grinsen in die Kamera und lassen sich so hart feiern, dass eigentlich nur noch ein Blick von Cruise in die Kamera fehlt und er die Menschheit zur Bewerbung bei „Top Gun“ aufruft.

Was macht jetzt „Top Gun“ eigentlich so sehenswert, werdet ihr euch jetzt fragen. Es ist einfach die Inszenierung. Tony Scott, Gott habe ihn selig, war einfach genau der richtige Regisseur. Der Bruder von „Alien“ und „Blade Runner“-Schöpfer Ridley Scott hat einfach das richtige Händchen für Ästhetik und liefert starke Bilder. Niemand inszenierte Sonnenuntergänge, fiebrige Szenen und einfallendes Licht so betörend schön wie der britische Action-Virtuose. In vielen Szenen klebt man einfach nur am Bildschirm, besonders wenn Cruise auf seinem Motorrad vor Strandkulisse in die Dämmerung fährt. Kraftvolle Farben dominieren die Szenerie und werten die, durchaus fragwürdige, Handlung des Films deutlich auf. Natürlich gibt es auch unfreiwillige Komik und eine „Oben-Ohne“ Volleyballszene, sowie einige Momente in der Gemeinschaftsdusche lassen einen durchaus ungewollten homoerotischen Subtext zu. Aber das lieben wir doch Alle an den 80er Jahren! Die absoluten Prunkstücke sind die Flugszenen, welche spektakulär ins Bild gefasst werden. Damals standen noch keine CGI-Effekte zur Verfügung und man musste sich mit Modellen, sowie realen Flugmanövern behelfen. Dies ist den Verantwortlichen mit Perfektion gelungen, nicht zuletzt, da das Militär hier Hilfestellung gab. Die Kampfszenen in der Luft sind hervorragend gemacht und wirken auch heute noch. Mal sehen, ob dies in der angekündigten Fortsetzung ebenfalls gelingt. Ich, als Fan des 80er Kinos, könnte mich immer wieder in diese Optik verlieben, die Scott auch in anderen Werken wie „True Romance“ (1993) oder „Beverly Hills Cop 2“ (1987) unterbrachte. Das Ensemble ist ebenfalls stimmig und bietet neben Leading-Man Tom Cruise und der, damals, schönen Kelly McGillis ein bemerkenswertes Aufgebot an bekannten Gesichtern, die anno 1986 noch keine große Popularität genossen. So finden sich in „Top Gun“ bekannte Namen wie Val Kilmer, Tom Skerritt, Tim Robbins, Michael Ironside, James Tolkan und die junge Meg Ryan wieder. Alle liefern eine gute Vorstellung ab und gepaart mit der Inszenierung hinterlässt „Top Gun“ einfach ein wohliges, sowie unbeschwertes Gefühl an eine Zeit, in der man das Militär auch geil finden durfte. Wenn der Abspann einsetzt, will man eigentlich auch so wie Tom Cruise sein, die Pilotensonnenbrille aufsetzen und mit dem Motorrad und Kelly McGillis in den Sonnenuntergang fahren.

Und es gibt noch einen Faktor, der „Top Gun“ so schwer unterhaltsam macht, die Musik! Neben den Scores zu Filmen wie „Dirty Dancing“ (1987), „Flashdance“ (1983) oder „Rocky IV“ (1985), strotz wahrscheinlich kein Streifen vor solchen Hits wie es Tony Scotts Flieger-Kracher tut. Produziert wurden die Songs von Giorgio Moroder und Harold Faltermeyer, die in den 80er Jahren die Nummer Eins Adresse für griffige, Syntheziserlastige Pop-Soundtracks waren. Schon der Eröffnungstrack „Danger Zone“, gesungen von Kenny Loggins, der auch den Titelsong zu „Footloose“ (1984) intonierte, prescht mit einer Wucht hervor und untermalt die majestätischen Flugszenen. Selbstverständlich wurde der Titel ein Hit. Neben dem Gassenhauer „You’ve Lost That Lovin‘ Feeling“, wartet der Soundtrack mit weiteren eingängigen Hits wie „Heaven in Your Eyes“ von Loverboy oder „Hot Summer Nights“ von Miami Sound Machine auf. Und spätestens wenn Harold Faltermeyers „Top Gun Anthem“ erklingt und sich heroisch heulende E-Gitarren über das Geschehen erheben, ballt man als Zuschauer die Faust zusammen und ruft nur noch YEAH! Den Vogel in Sachen Ohrwurm feuert aber die Gruppe „Berlin“ ab. Mit dem, von Giorgio Moroder komponierten, Stück „Take My Breath Away“, welches als Love Theme von Tom Cruise und Kelly McGillis fungiert, brennt sich eine Ballade in die Gehörgänge, welche zum Inbegriff für knisternde Romantik wurde, weswegen der Song 1987 auch mit dem OSCAR ausgezeichnet wurde.

Der Film ist sowohl auf Blu-Ray, als auch auf DVD und 4K Ultra-HD erhältlich.

Fazit:

I Love „Top Gun“ (1986). Der kultige US-Kitsch, übrigens von Jerry Bruckheimer und Don Simpson produziert, ist reaktionäre, patriotische, sowie kriegsverherrlichende Propaganda für die US-Navy. Abseits davon ist der Film erstklassiges Blockbuster-Kino mit imposanten Actionszenen, gut aufgelegten Darstellern und saftiger Popkultur. Ein Film, der nicht sonderlich anspruchsvoll ist aber als zeitgenössisches Hochglanzwerk stimmungsvoll funktioniert und zu Recht Kult ist!

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