Warum nicht mal ein Biopic über die ehemalige und talentierte Eiskunstläuferin Tonya Harding? Immerhin war sie 1994 in einen der verrücktesten Sportskandale verwickelt, der daraufhin ihre Karriere beendete. Schuld daran war auch noch ihr Ehemann. Das war damals der Kracher in den Medien und wurde erst mit der Flucht von O.J. Simpson auf dem Highway abgelöst. Also nahm sich Craig Gillespie, Regisseur von LARS UND DIE FRAUEN (2007), des Themas an und überrascht auf ganzer Breite.

Regie: Craig Gillespie

Darsteller: Margot Robbie, Sebastian Stan, Allison Janney, Paul Walter Hauser, Julianne Nicholson

Artikel von Kai Kinnert

Der Fall um Tonya Harding kam 1994 in die Nachrichten und zog die Medien an. Bei den Olympischen Winterspielen in Lillehammer wurde bei einem Attentat kurz vor einem Wettkampf die Kniescheibe ihrer Konkurrentin Nancy Kerrigan mit einer Eisenstange zertrümmert. Und plötzlich stand Harding im Verdacht, etwas mit dem Attentat zu tun zu haben. Tonya war damals recht berühmt und oft in den Medien. Sie hatte damals in zwei Wettbewerben hintereinander eine der schwierigsten Figuren im Eiskunstlauf geschafft, den 3-fachen Axel, und schien nun durch ihren Ehrgeiz in dieses Attentat verwickelt zu sein. Fortan nannten die Medien sie die „Eishexe“.

Doch wie konnte es dazu kommen?

Unter der strengen Hand ihrer Mutter LaVona Harding (Allison Janney) quält sich Tonya (Margot Robbie) seit dem frühsten Kindesalter auf dem Eis zur Perfektion. Erst als sie ihren späteren Ehemann Jeff Gillooly (Sebastian Stan) trifft, schafft sie den Absprung von ihrer tyrannischen Mutter. Doch Jeff stellt sich als gewalttätiger Ehemann heraus und so bleibt Tonya in ihrer Spirale aus Abhängigkeit und Gewalt gefangen. Sie muss weiter um Liebe und Anerkennung kämpfen, auch im sportlichen Bereich, denn Tonya Harding war für die Medien stets die „Trashy Tonya“.

Harding ist Redneck und benimmt sich auch so. Unangepasst, proletarisch, mit selbstgenähten Kostümen und zu Rockmusik hat sie ihre Wettkämpfe bestritten. Damit eckte sie ständig beim Eissportverband an, der beim Eiskunstlauf Püppchen zu klassischer Musik auf dem Eis sehen will. Als es darum geht, sich für die Olympischen Winterspiele 1994 in Lillehammer zu qualifizieren, kommt es zu diesem bescheuerten Attentat auf ihre direkte Konkurrentin und es war ein leichtes für das FBI, die Spur zurück zu ihrem Ehemann zu verfolgen, der als Drahtzieher des Attentats verdächtigt wurde. Da Hardings Rolle in dieser Sache ungeklärt war, wollte man mit einer Gerichtverhandlung gegen sie bis nach den Spielen warten. Am Ende wird das Urteil gegen Harding hart sein und ihre Karriere beenden. Um ihre Existenz gebracht, beginnt Tonya als kraftvolles Stehaufmännchen eine kurze Karriere als Boxerin.

Der Film ist großartig gemacht. Unabhängig von der realen Person Tonya Harding erzählt der Film von einer starken Frau, die auf der Suche nach Liebe und Anerkennung ist und von den Personen, die ihr am nächsten stehen, stets verraten und in Schwierigkeiten gebracht wird. Es geht nicht nur um Sport, es geht auch um Gewalt in der Ehe und um das schamloses Ausnutzen von Menschen. Doch die Story ist nicht nur toll gefilmtes Drama, sie ist auch voller schwarzem Humor und narrativ originell erzählt.

Die Besetzung ist Oberklasse. Margot Robbie spielt ihre Rolle großartig und voller zorniger Energie. Die Inszenierung ihres Gesichtes und gerade ihrer Augen beim Eislauf sind packend. Und wer denkt, das einen Eiskunstlaufszenen eher langweilen, der täuscht sich. Die Nummern sind cool und spannend in langen Einstellungen gefilmt und erstklassig getrickst. Man kriegt richtig Lust auf die nächsten Winterspiele.

Robbie hatte für die Szenen bei Hardings echter Trainerin fleißig gelernt und ist in jeder Sekunde glaubwürdig. Allison Janney, die für ihre Rolle als Mutter den Oscar bekam, ist der Knaller. Sie spielt die fiese Alte komisch trocken und zugleich knallhart, ohne dabei eine Karikatur zu sein. Der Film nimmt alle seine Figuren und ihre Umstände ernst, doch er bricht das Drama durch seine schillernden Persönlichkeiten und ihrem Hang zum trockenen Versagen. Das völlig verblödete Attentat auf Nancy Kerrigan wurde von absoluten Vollpfosten durchgeführt, eben weil Tonya nur von Rednecks umgeben war.

I, TONYA ist zart, hart, komisch und ernst zugleich. Er nähert sich der Person Tonya Hardings neutral und gibt so Margot Robbie genügend Raum für ihre bisher beste Leistung als Schauspielerin. Kamera, Schnitt und Musik sind toll, die Regie hat den Streifen stets leichtfüßig im Griff. Daher würde ich hier sagen: Überraschung, der Film verdient Two-Thumps-Up.

Bild und Ton der BD sind sauber und klar, als Extras gibt es ein kurzes Making-Of und Trailer.

Trailer:

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