Mit dem „Nebelmann“ verfilmte Donato Carrisi den Bestseller-Roman aus eigener Hand, und verspricht einen außergewöhnlichen Thriller. Doch werden Versprechen auch immer gehalten? „Ein perfekter Thriller mit einem Ende, das Sprachlos macht…“, so urteilte die Presse. Und eine Sache gebe ich gerne zu – ich war tatsächlich sprachlos! Einen Motze-Finger gibt es direkt mal an Koch Media! Dass groß mit Jean Reno geworben wird, das soll wohl zum Kauf animieren…

Originaltitel: La Ragazza nella Nebbia

Regie: Donato Carrisi

Darsteller: Toni Servillo, Alessio Boni, Lorenzo Richelmy, Galatea Ranzi, Jean Reno

Artikel von Victor Grytzka

…denn der hat zwar eine nicht unwichtige Rolle in diesem Film, diese hat jedoch so wenig Screentime, dass man sich den einstigen Garanten für unterhaltsame FIlmabende locker hätte verkneifen können. Denn der eigentliche Star des Films ist Toni Servillo als Sondermittler Vogel, der in ein verschlafenes Nest in den Alpen gerufen wird um dort nach der vermissten Anna Lou (Ekaterina Buscemi) zu suchen. Wohin ist das Mädchen verschwunden? Und wer war es? Keiner der Bewohner traut seinen Mitbürgern so etwas zu. Und dann sind derzeit auch noch viele Fremde im Dorf, da ein lukratives Geschäft entdeckt wurde. Um den Täter zu stellen bedient sich Vogel unkonventioneller Methoden. Er ersucht Hilfe bei der Reporterin Stella (Galatea Ranzi), die bewusst richtige und falsche Informationen an die Öffentlichkeit bringt, um so einen Fehler des Täters zu provozieren. Schnell fällt der Verdacht auf den Lehrer Martini (Alessio Boni), dessen Leben daraufhin aus den Fugen gerät…

Klingt spannend? Nein, das ist es nicht. Dabei sollte man doch annehmen, ein Autor der sein eigenes Buch verfilmt verstünde es seine Vision des Stoffes ansprechend umzusetzen. Ich bin da ehrlich – ich kenne den Roman nicht. Dabei habe ich aber sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass das Buch durchaus sehr gute Kritiken einfahren konnte. Davon merke ich bei der filmischen Umsetzung nichts. Zunächst einmal werden interessante Charaktere in die Geschichte eingeführt, und dann über viel zu lange Zeiträume ziemlich eindimensional abgefrühstückt. Person A hat in der Geschichte folgende Aufgabe und dabei ist die wichtige Charaktereigenschaft diese und jene. Das schlachten wir jetzt über 30 Minuten – ziemlich behäbig – aus, und dann – rumms bumms – erscheint Person B auf der Bildfläche. Und nun das Ganze noch mal von vorn… Potenziell interessante Verästelungen der Story, über die ich gerne viel mehr Hintergrundinformationen bekommen hätte, verlaufen dafür im Sande und sorgen für einige Fragezeichen über meinem Schädel.

Thriller könnten auch mit einfach gestrickten oder in Form gepressten Charakteren funktionieren, sofern die Geschichte denn irgendwo einen Spannungsbogen bietet. Das verbaut sich der Film allerdings selbst durch diese viel zu lange Abhandlung oben angesprochener Protagonisten, ohne dass der Kern der Geschichte auch nur im geringsten Maße voran getrieben wird. Zwischendurch gibt es dann 3 Minuten Jean Reno, dessen Rolle im Film ich hier nicht näher beschreiben möchte, aus Gründen die einem sonst die Spannungsfetzen am Ende des Films verhageln könnten. Denn – ich hatte kaum noch daran geglaubt – nach 90 Minuten belanglosem Gelaber ohne den geringsten Thrill, haut man uns gleich 3 (!!) Plot-Twists in 30 Minuten um die Ohren, so dass man nun zwar kurz einmal angespannt am TV-Gerät verweilt, bei Twist Numero Zwo allerdings den ersten Twist schon wieder vergessen hat. Und was hat man nicht das „tolle Ende“ gelobt in der Presse! Sorry, ich fand es zu drüber, irgendwo zu offensichtlich und saublöd oben drein!

Dem Zustand ist auch nicht zuträglich dass alle Beteiligten sehr lustlos, fast schon komatös durch den Film humpeln. So richtig motiviert wirkt da niemand. Lust am Schauspiel oder gar Mimik? Nein, das gibt es nicht! Emotionen? Scheiß drauf! Und Jean Reno? Der sagte (so stelle ich mir das vor) wohl nur zum Regisseur: „Ich hab nur einen Drehtag, gib mir meinen verfickten Scheck und dann verpfeif dich, du Arsch mit Ohren!“. Wieso verheizt sich dieser einst tolle Schauspieler für so einen Mist? Gut, zumindest macht er kein Geheimnis daraus wie wenig er hinter solchen Rollen steht. Das bringt er sehr überzeugend rüber.

Die Inszenierung an sich ist auch eher dröge und fad, da hilft auch die gute deutsche Synchro und die ordentliche Bildqualität nicht. Jetzt mögen mich vielleicht einige Anhänger des Stoffes steinigen. Macht nur! Aber sorgt bitte dafür, dass daraus ein wirklich spannender Kriminalfall wird!

Trailer:

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