Puh, manchmal täuscht der erste Eindruck. Als ich „Gangstas 4 Life“ in den Player geschoben hatte, war ich nach den ersten 15 Minuten total genervt. Nun gut, jetzt kannte ich zumindest jedes Ghetto-Schimpfwort von A bis Z. Allerdings konnte mich das belgische Werk dann doch noch überraschen. EuroVideo wird seine Fanbase für diese Veröffentlichung sicherlich finden.

Originaltitel: Patser

Regie: Adil El Arbi, Bilall Fallah

Darsteller: Matteo Simoni, Werner Kolf, Paloma Aguilera, Aza Declerq, Ali B.

Artikel von Victor Grytzka

„Gangsta“ – mhhhh… Da sträubt sich ja schon jede Faser meines Körpers. Im Menü dröhnt mir Rapmusik entgegen. Im Film wechselt sich dann Rap mit Bumm-Bumm-Hardcore. Schnell mal meine Alice Cooper CDs umarmt, um den Puls wieder auf ein normales Level zu kriegen. So und nun noch mal von Vorne, und ganz ohne Vorurteile. Kann ja vielleicht doch was werden…

Adamo wächst in schwierigen Verhältnissen auf. Seine Mutter ist streng christlich, sein Vater ist Moslem und in Drogengeschäfte verwickelt. Diese zieht er mit seinem Freund Farid durch. Nachdem Adamos Eltern bei einem Überfall erschossen werden, nimmt sich Farid der Zukunft des traumatisierten Jungen an. Er wird erwachsen und tut das, was ihm vorgelebt wird. Eines Tages ergibt sich eine Chance. Adamo wickelt einen Kokain-Deal mit dem Gangster Orlando ab, verliert dabei jedoch das Koks. Als sie es wiederfinden wittern Adamo und seine Freunde die große Nummer. Sie verticken die Ware selbst – und damit beginnt eine Abwärtsspirale aus Verrat, Missgunst und Gewalt.

Eine Sache muss ich dem Film direkt einmal zugute halten. Er ist sauber inszeniert, die Schauspieler sind wirklich erstklassig in ihren Rollen, und er fängt eine Stimmung ein, wie sie amerikanischen Produktionen aus diesem Themenbereich fehlt. Dabei wollte ich schon früh die Flinte ins Korn schmeißen, denn nachdem mir in den ersten 15 Minuten der gesamte „Straßenduden“ der Beleidigungen um die Ohren flog, wollte ich eigentlich schon wieder abschalten.

Dabei hat der Film, der mit 2 Stunden Laufzeit übrigens nicht gerade kurz ist, durchaus wirklich toll inszenierte Ideen. Man findet die komplette Bandbreite von heiteren Momenten, über ein wenig Humor, Dramatik bis hin zu wirklich nachdenklich stimmenden Szenen. Leider wirkt das Ganze zwischendurch dann aber auch wie ein „Flickenteppich“, in dem man die Szenen lieblos aneinander gereiht hat. Im Groben lässt sich sagen, dass hier schon hinterfragt wird wie sinnvoll denn dieses ganze Gangstergehabe ist, oder ob man sich doch nicht besser für einen ehrlichen Weg entscheidet. Dabei wäre ein roter Faden schön gewesen, allerdings reißt man die Stimmung zu oft auseinander indem versucht wird möglichst viel an verschiedenen Aspekten einzufangen. Manche Dinge haben dadurch nicht die Zeit sich zu entwickeln und den gewünschten Effekt beim Zuschauer auszulösen.

Hinzu kommt auch noch, dass dieses Milieu einfach nicht meine Welt ist, und wir womöglich irgendwo der Zugang dazu fehlt. Ich bin wohlbehütet auf dem Dorf aufgewachsen, und meine Hobbies waren Star Trek und rumhängen mit Freunden im Wald. Ein kleiner Joint oder 2 – 3 Dosen handwarmes Billigbier war da schon das Schlimmste was wir getan haben. So weit ich es beurteilen konnte fühlte ich mich allerdings in der Parallelwelt gefangen, die eben Leuten wie mir verschlossen bleibt. Und dabei will ich darüber gar kein Urteil fällen, da das Leben uns zu dem macht was wir sind.

Eine Sache die gar nicht so recht ging war allerdings das Finale. Hier hat man ein 30-minütiges Massaker inszeniert, mit reichlich Schießereien, Morden und Action, die allerdings, für das was der Film sein möchte, zu sehr „over the top“ sind. Unterhaltsam ja, aber einfach zu drüber, zu unrealistisch.

Klasse sind allerdings die Schauspieler. Besonders angetan hat es mir Matteo Simoni, der solch eine Überzeugungskraft und eine unglaubliche Energie in seine Rolle legt. Ich hab ihm den – zwischen Gangster und normalem Familienleben – hin und her gerissenen jungen Mann zu jeder Sekunde abgekauft. Auch klasse – der niederländische Musiker Ali B. als Rotterdamer Gangsterboss ohne Skrupel! Einfach nur toll gespielt. Alle Rollen sind perfekt besetzt!

Wer also mit einer leicht stereotypen und überdrehten (und leicht misslungenen) Milieustudie etwas anfangen kann, aber dennoch den Entertainmentfaktor nicht missen möchte, der sollte sich „Gangsters 4 Life“ doch ruhig mal anschauen. Unterhaltsam ist er allemal. Im Allgemeinen wird der Film eher als Comedy beworben, aber das ist er ganz sicher NICHT!  Dafür ist er einfach doch noch zu gut und vermittelt eine ordentliche Botschaft.

Die Scheibe ist im DTS-HD 5.1 sauber abgemischt. Der Ton liegt in deutscher Sprache und flämischem Dialekt vor. Das Bild ist sehr sauber, bietet kräftige Farben (bei diesem Film ein Muss) und gefällt durch ordentliche Schärfe. Als Bonus gibt es lediglich einen Trailer.

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