Der Film ist ein Meisterwerk auf allen Ebenen und erscheint nun zurecht erneut, aber erstmals, dank Capelight Pictures, in bester Qualität und in schöner Aufmachung als Mediabook. Wer die großen, wichtigen Filme Hollywoods sammelt, wird an diesem Streifen nicht vorbeikommen.

Originaltitel: Judgment at Nuremberg

Regie: Stanley Kramer

Darsteller: Spencer Tracy, Burt Lancaster, Richard Widmark, Marlene Dietrich, Maximilian Schell, Judy Garland, Montgomery Clift, William Shatner

Artikel von Kai Kinnert

Stanley Kramer drehte einige der guten Filme des alten Hollywoods, die für so manches Genre den Grundstein in Sachen Tempo und Inszenierung legten. Es gelang ihm auf leichte und zugleich spannende Art und Weise, mit einer erstklassigen Besetzung, zeitlos wichtige politische und gesellschaftliche Themen zu spannenden Filmen zu machen. Obwohl Hollywood zur damaligen Zeit klar pro-amerikanisch war, konnte Kramer in seinen Filmen stets eine ausgewogene und neutrale Haltung einnehmen und so sein Anliegen vorurteilsfrei Umsetzen. Zu seinen wichtigen Filmen gehören sicherlich FLUCHT IN KETTEN (1958) wo ein schwarzer und ein weißer Flüchtling in Ketten aus dem Knast fliehen (Richard Poitier, Tony Curtis). Zur damaligen Zeit war die recht klischeefreien Inszenierung eine Einmaligkeit und ein bis heute gern genommenes Element in vielen Actionfilmen. Oder RAT MAL, WER ZUM ESSEN KOMMT (1967), wo ein weißes Mädchen ihren schwarzen Freund der Familie vorstellt (Spencer Tracy, Richard Poiter). Diese Idee ist bis heute Ausgangslage für viele Komödien. Und nur ein Jahr vor DAS URTEIL VON NÜRNBERG drehte Kramer WER DEN WIND SÄT (1960), ein weiteres Meisterwerk des Gerichtsfilms, auch mit Spencer Tracy. Hier geht es um religiösen Fundamentalismus. Oder die wilde Screwball-Comedy EINE TOTAL, TOTAL VERRÜCKTE WELT (1967), die man im weitesten Sinne als Satire auf Geldgier und als Kapitalismuskritik verstehen kann.

Stanley Kramer befasste sich gerne und kompetent mit allerlei wichtigen Themen und schaffte es dabei auch zu unterhalten. Die meisten seiner Filme sind zeitlos gut inszeniert und zeugen von einem großen, handwerklichen Talent, das nicht viele Regisseure besitzen. Mit DAS URTEIL VON NÜRNBERG nahm sich Kramer nun die Gerichtsverhandlungen in Nürnberg zum Thema und schickt Spencer Tracy als Chief Judge Dan Haywood nach Nürnberg, um in einer der letzten Prozesse über deutsche Kriegsverbrecher zu urteilen. Dabei macht es sich der Film nicht leicht. Stanley Kramer geht die Story aus verschiedene Richtungen her an und inszeniert nicht nur eine technisch gekonnte Gerichtsverhandlung auf engstem Raum, sondern er durchleuchtet den Stoff auf einer menschlichen Ebene durch seine vielen kleinen Nebenhandlungen, die um die Gerichtsverhandlung herum inszeniert werden. Kramer war der Auffassung, das ein so gewaltiges und gewalttätiges Thema nur über die Frage nach der Menschlichkeit behandelt werden konnte. Und das macht den Film so gut. Nur so konnte aus DAS URTEIL VON NÜRNBERG ein echter Gerichtsfilm und ein Zeitdokument zugleich werden.

Technisch ist der Film brillant. Erstklassig in schwarz-weiß durch Ernest Laszlo fotografiert, zeigt der Film eine optische Dynamik, die bis heute vorbildlich ist. Schon beim Eröffnungsplädoyer durch Staatsanwalt Col. Tad Lawson (Richard Widmark) liefert die Kamera knapp 25 Jahre vor dem Kameramann Michael Ballhaus eine wirklich perfekte Kreisfahrt um Richard Widmark, die in Sachen Timing und Qualität im wahrsten Sinne des Wortes schwindelig macht. Auch die Besetzung ist in Topform. Allesamt liefern sie eine gekonnte Leistungen ab. Es gibt sogar eine kleine, filmische Verneigung vor Marlene Dietrich in dem Film. Später, als Mrs. Berthold (Marlene Dietrich) mit Jude Haywood (Spencer Tracy) durch die Straßen Nürnbergs spazieren, hört man, wie in einer Kneipe das Soldatenlied „Lili Marleen“ gesungen wird, das erst 1943 durch die Interpretation von Marlene Dietrich ein Welthit wurde.

Der Film ist breites Hollywoodkino der alten Schule im besten Sinne. Neben seiner epischen Laufzeit von 190 Minuten gehört er auch noch zu den Streifen, die der Musik eine besondere Stellung durch eine, den Film eröffnende, Ouvertüre und einer Intermission gibt. Eine Tradition, die auch in BEN HUR (1959), CLEOPATRA (1963) oder 2001 (1968) zu sehen ist. Bis heute ist der Filme zeitlos gut und ein Meilenstein Hollywoods. Wer die wichtigen Filme Hollywoods sammelt, sollte hier zuschlagen. DAS URTEIL VON NÜRNBERG ist ein wirklich guter Film.

Das Mediabook ist schön aufgemacht und das Booklet beleuchtet ausführlich und gut geschrieben den Hintergrund der Gerichtsverhandlung. Als Extras gibt es den Film mit einem isolierten Music Score, ein Gespräch zwischen Autor Abby Mann und Maximilian Schell, ein Tribut an Stanley Kramer und Trailer. Das Bild des Films ist in schönem schwarz-weiß mit leichter, angenehm analoger Körnung.

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