Eine Frau sieht rot! In Pierre Morels Action-Thriller PEPPERMINT: ANGEL OF VENGEANCE (2018) wandelt eine blutdürstige Jennifer Garner auf den Pfaden Charles Bronsons, um die Menschen zur Rechenschaft zu ziehen, die ihr die Familie genommen haben. Ob das stumpfe Vigilanten-Spektakel für einen schweißtreibenden Adrenalinrausch sorgt, oder sich letztendlich doch nur als heiße Luft entpuppt, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Peppermint

Drehbuch: Chad St. John
Regie: Pierre Morel

Darsteller: Jennifer Garner, John Gallagher Jr., John Ortiz, Juan Pablo Raba, Annie Ilonzeh…

Artikel von Christopher Feldmann

Wir erinnern uns noch dunkel, als im Jahr 2009 das Subgenre des Rachefilms wie ein Phönix aus der Asche stieg. Das war nämlich das Jahr, in dem Liam Neeson als alternder Ex-Agent seine Tochter aus den Händen mieser Menschenhändler befreite, und damit einen internationalen Kinohit landete. TAKEN, hierzulande unter dem Titel 96 HOURS bekannt und ebenfalls von Morel inszeniert, begeisterte das Publikum, denn einen Charakterdarsteller wie Neeson in einer actionbetonten Rolle zu erleben, war irgendwie anders aber für viele auch ziemlich geil. Diesem Beispiel folgten viele, denn in den kommenden Jahren durften sich so manche Altstars in so manchen Filmen versuchen, die eigentlich alle die gleiche Story boten. Okay, die waren in den 70ern und 80ern auch nicht wirklich anders aber wenn die Besetzung stimmt, kann man das bewehrte Gericht ja immer wieder aufwärmen. So probierte sich nicht nur der gute Liam in weiteren, ähnlichen Rollen, sondern auch Sean Penn, John Travolta, Keanu Reeves, Denzel Washington oder Bruce Willis als Rachengel, in mal mehr, mal weniger guten Reißern. Und weil man alle coolen Darsteller bereits verbraten hat, wird der Staffelstab nun an das weibliche Geschlecht weitergegeben. In PEPPERMINT darf nun Affleck-Ex Jennifer Garner für Recht und Ordnung kämpfen und den bösen Buben, sowie den korrupten Autoritäten, mal so richtig in den Arsch treten. In Zeiten von „MeToo“ irgendwie logisch, jedoch bleibt PEPPERMINT seinen unzähligen Vorgängern treu und serviert die gleiche generische Story, nur eben in „sehr dünn“ und gestaltet sich somit als langweiliger Film, den man getrost vergessen kann.

Handlung:
Riley North (Jennifer Garner) führt eigentlich ein beschauliches Leben in Los Angeles, samt Ehemann und zehnjähriger Tochter. Als der, sich in finanziellen Schwierigkeiten befindende, Gatte jedoch auf die glorreiche Idee kommt, einen mächtigen Drogenboss (Juan Pablo Raba) zu bestehlen, ist es vorbei mit der heilen Familienwelt. Riley muss mit ansehen, wie ihre Famile von Schergen des Fieslings auf offener Straße erschossen werden, wobei sie ebenfalls schwer verletzt wird. Doch Riley überlebt, identifiziert die Täter und ist umso fassungsloser, als diese, durch geschmierte Polizisten und Richter, wieder auf freien Fuß kommen. Die gebeutelte, und von Trauer und Wut zerfressene, Frau taucht unter und kehrt fünf Jahre später zurück, um die Schuldigen büßen zu lassen!

„Rache ist ein Gericht, welches am besten kalt serviert wird!“, heißt es in einem klingonischen Sprichwort. Das trifft auch in gewisser Weise auf PEPPERMINT zu, denn der Action-Thriller schmeckt nicht nur so, sondern lässt den Zuschauer auch ziemlich fröstelnd zurück, ringt ihm im Idealfall vielleicht noch ein Schulterzucken ab. Pierre Morels neuste Rachefantasie ist schlicht uninspiriert, langweilig und so dünn, dass ein Bierdeckel schon eine Form von Flächenverschwendung darstellt. Das Drehbuch von Chad St. John, der auch den doofen, aber immerhin spaßigen LONDON HAS FALLEN (2016) geschrieben hat, ist weder Fisch noch Fleisch und bietet lediglich die grobe Marschrichtung für Rachefilme. Wie als hätte man lediglich eine Blaupause genommen und nur Figurennamen und Dialoge eingesetzt, mehr kann St. John nicht geleistet haben. PEPPERMINT hat zu keiner Zeit Interesse an seinen Figuren, einer funktionierenden Handlung oder gar an einem Spannungsbogen. Selbst unsere Hauptfigur muss mit reduziertesten Charakterisierung leben, da nach gut zehn Minuten schon die liebe Family gekillt wird. Der Wandel zur Killermaschine geschieht im Off, damit man recht zügig zum blutigen Treiben kommen kann. Dazwischen versucht der Film uns einige Ruhepausen zu gönnen und richtet den Fokus immer wieder auf die Ermittlungsarbeit der Polizei, die so langweilig ist und unspannend ist, dass man sich kaum konzentrieren kann. Auch die Frage, welcher Cop jetzt ein bezahlter Scherge des Kartells ist, wirkt lieblos, weshalb die Auflösung nur für ein müdes „aha“ sorgt.

Jennifer Garner ist der einzige Lichtblick in diesem Vehikel, welches vor Logiklöcher nur so strotzt. Rein physisch kann die Schauspielerin, die eher für seichte Kost und Dramen bekannt ist, einige Akzente setzen und man nimmt ihr schließlich die, von Rache getriebene, Anti-Heldin ab. Jedoch geht Garner jeglicher Anflug von Emotionalität ab, da ihre Rolle rein dramaturgisch so gut wie gar nichts hergibt. So kann sie abseits der Action keine Akzente setzen und verkommt zu einer weiteren Klischee-Figur. Aber wenn der Film schon narrativ ein Reinfall ist, kann dann wenigstens die Action überzeugen? Naja, Pierre Morel, der mit TAKEN keinen sonderlich geistreichen, aber immerhin temporeichen Actioner abgeliefert hat, versucht auch in PEPPERMINT auf bewehrte Zutaten zu setzen. Diese wirken aber nach all den ganzen B-Movies, in denen Altstars nochmal auf die Pauke hauen, einfach nur abgenutzt, fast schon altbacken. Das Pacing ist schlecht und die knapp 100 Minuten fühlen sich deutlich länger an. Das liegt vor Allem an Morels Ambition, etwas in Richtung Thriller zu schielen, was der Film aber nicht auf die Kette bekommt. Die Actionszenen gehen in Ordnung und sind wenigstens nicht so arg verwackelt. Trotzdem findet sich in PEPPERMINT nichts Neues oder gar spektakuläres. Auf einen generischen Hand-to-Hand Kampf, folgt der Shootout nach Schema F. Sieht ordentlich aus, lockt aber niemanden hinter dem Ofen vor. Das ist, als wenn man beim Italiener zu oft Pizza isst. Eigentlich schmeckt es aber wenn man schon so oft Pizza gegessen hat, dann macht eine Pizza Margherita auch nichts mehr her. PEPPERMINT ist die Margherita unter den Rachefilmen, Standardfutter ohne Belag, bei dem man nur das Wesentliche übrig gelassen hat. Dafür muss man nicht ins Kino gehen, denn für eine Margherita bezahle ich auch keine zehn Euro.

Fazit:
Pierre Morels PEPPERMINT: ANGEL OF VENGEANCE (2018) ist typische Rache-Action von der Stange. Ein schwaches, sowie dünnes Drehbuch und eine farblose Besetzung, verpackt in ein unaufregendes, langweiliges Stück Film, welches im Jahr 2018 eigentlich nur etwas für den DTV-Markt ist aber in Zeiten von Frauenbewegung im Kino durchaus Sinn macht. Wenn ihr nach Rache düstet, dann schaut euch lieber nochmal solche Filme wie DEATH WISH 3-5 an. Die sind zwar auch doof, machen aber wenigstens noch Spaß!

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