Wenn ein Mord geschieht, dann ist Hercule Poirot zur Stelle! In seinem dritten (und letzten) Kino-Einsatz ist Sir Peter Ustinov wieder in seiner berühmten Rolle als belgischer Meisterdetektiv zu sehen. Koch Films hat sich der Agatha Christie-Verfilmung RENDEZVOUS MIT EINER LEICHE (1988) noch einmal angenommen, und ihr ein zeitgemäßes HD-Upgrade verpasst, weswegen wir in die 30er Jahre eingetaucht sind, um dem Meister bei der Arbeit zu bewundern. Ob die späte CANNON-Produktion ihren Vorgängern das Wasser reichen kann und die heimische Krimisammlung bereichert, erfahrt ihr in unserer ausführlichen Kritik!

Originaltitel: Appointment with Death

Drehbuch: Peter Buckman, Anthony Shaffer, Michael Winner; nach dem gleichnamigen Roman von Agatha Christie
Regie: Michael Winner

Darsteller: Peter Ustinov, Lauren Bacall, Carrie Fisher, Piper Laurie, John Gielgud, David Soul…

Artikel von Christopher Feldmann

Die Figur des belgischen Detektivs Hercule Poirot ist, neben Miss Marple, die wohl berühmteste, wie auch schillerndste Kreation der britischen Bestseller-Autorin Agatha Christie. Sie ließ den selbstgefälligen Ermittler in zahlreichen Romanen und Kurzgeschichten ermitteln, um rätselhafte Mordfälle zu lösen. Die Geschichten von Christie beinhalten dabei eine gewisse Struktur, welche auch heute noch sehr beliebt ist. Ausgefallenes Setting, 30er Jahre Look, halbseidene Figuren und viele Fährten und Hinweise, die Poirot letztendlich in einem dramatischen Finale zu einer spektakulären Auflösung kombiniert. Die als „Whodunit“ konzipierten Geschichten wurden auch beliebtes Futter für Film und Fernsehen. So diente die berühmte Geschichte „Mord im Orient-Express“ als Vorlage für den großartigen Ensemble-Krimi gleichen Namens, aus dem Jahr 1974. Hier wurde Poirot noch von Albert Finney verkörpert. Mit der Darstellung von Peter Ustinov wurde die Figur endgültig berühmt und nach zwei Kinofilmen, nämlich TOD AUF DEM NIL (1978) und DAS BÖSE UNTER DER SONNE (1982), und drei Fernsehauftritten, stellt RENDEZVOUS MIT EINER LEICHE (1988) Ustinovs letzte Präsentation der Rolle dar, bevor sich David Suchet in der hochgelobten und sehr sehenswerten TV-Serie AGATHA CHRISTIE: POIROT in die Herzen der Krimifans spielte. Dabei ist der, im Original als APPOINTMENT WITH DEATH bekannte, Kriminalfilm das dramaturgische Schlusslicht der Reihe, denn neben einer etwas zähen Story, war die Besetzung auch schon mal besser.

Handlung:
1937: Emily Boynton (Piper Laurie) ist frisch verwitwet und deshalb ziemlich spitz auf das Vermögen ihres verstorbenen Mannes. Die ehemalige Gefängnisaufseherin erpresst daher den Anwalt und Notar Jefferson Cope (David Soul) mit dessen Vergangenheit, damit das zweite Testament verschwindet, und somit das ursprüngliche Schriftstück wieder in Kraft tritt, welches Emily allein begünstigt. Sehr zum Leidwesen von Emilys Stiefkindern, die die herrische Witwe am liebsten los wären. Bei einer Urlaubsreise, die bis nach Qumran am Toten Meer führt, kommt es wie es kommen muss. Emily Boynton wird tot aufgefunden, ermordet mit einer Spritze. Dieser Fall weckt sofort das Interesse von Hercule Poirot (Peter Ustinov), der sich ebenfalls auf derselben Reiseroute befindet. Gemeinsam mit seinem Freund Colonel Carbury (John Gielgud), nimmt sich Poirot den Verdächtigen an. Unter ihnen befinden sich nicht nur die Stiefkinder, sondern auch Schwiegertochter Nadine (Carrie Fisher), die ein sehr enges Verhältnis zu Anwalt Cope pflegt. Und was hat eigentlich die aufbrausende Lady Westholme (Lauren Bacall) zu verbergen? Fragen über Fragen!

Wer in der Einleitung aufgepasst hat, wird bemerkt haben, dass hier die berühmt berüchtigte Produktionsfirma CANNON FILMS ihre Finger im Spiel hatte. Richtig, denn die bekannte Filmschmiede produzierte eben nicht nur B-Klopper mit Chuck Norris, Michael Dudikoff und Co., sondern auch Filme, die vom üblichen Programm abwichen. So findet man in der Vita von Menahem Golan und seinem Cousin Yoram Globus zwischen Titeln wie TEXAS CHAINSAW MASSACRE 2 (1986) und MASTERS OF THE UNIVERSE (1987) schon mal Kunstperlen, wie Franco Zeffirelli Opernfilm OTELLO (1986). Da liegt es doch auf der Hand, sich auch mal einem Agatha Christie-Roman anzunehmen. Auf dem Regiestuhl nahm niemand geringeres als Michael Winner Platz, der sich für CANNON schon mit den DEATH WISH-Filmen verdient gemacht hatte. Und Winner macht dabei einen ziemlich guten Job, denn RENDEZVOUS MIT EINER LEICHE bietet wunderschöne Bilder, wie man sie bereits aus vergangenen Poirot-Abenteuern gewohnt ist. Der Film führt den Zuschauer durch London, Paris und letztendlich auf ein luxuriöses Kreuzfahrtschiff, bevor man am Toten Meer die geballte Ladung Exotik bekommt. Die Geschichten leben schon seit jeher von ihrem spezifischen Setting, denn es war und ist immer reizvoll die Charaktere in ungewohnte Umgebungen zu befördern. David Gurfinkels Kamera fängt dabei glorreich das Lokalkolorit ein und serviert prachtvolle Panoramen. Winner inszeniert die Geschichte gemütlich, ganz im Stil der Vorgänger, die sich ebenso Zeit für ihre Figuren nahmen.

Der Schwachpunkt liegt am Drehbuch. Leider gehört APPOINTMENT WITH DEATH nicht zu den besten Christie-Büchern, was der Film nur schwer kaschieren kann. Peter Buckman und Anthony Shaffer, mit denen Winner das Skript schrieb, schaffen es nicht, dem Krimi eine Dynamik zu verleihen, was zum großen Teil an den etwas drögen Dialogen liegt. Es fehlt einfach der Biss, die Dramatik und die stilprägenden Schlagabtausche der Figuren. An dieser Stelle sei nochmal MORD IM ORIENT-EXPRESS genannt, der perfektes Schauspielkino bietet, eingebettet in eine spannende Krimi-Handlung. Dies geht dem 88er Nachzügler verloren und so dümpelt der Film erstmal eine ganze Weile vor sich hin, bevor die Handlung in Gang kommt. Dabei verbringen wir aber mehr Zeit mit den einzelnen Figuren und ihren Theorien, anstatt mit Poirots scharfsinnigen Ermittlungen. Das raubt dem Film Atmosphäre, die er nicht wieder gewinnen kann. Auch die Auflösung, die man bei genauer Betrachtung kommen sehen könnte, geschieht recht unspektakulär und wird nicht so zelebriert wie in den anderen Verfilmungen, was schade ist, machen diese doch am meisten Spaß. So hat man im Endeffekt eine durchschnittliche Story, verpackt in ein maximal durchschnittliches Drehbuch, welches auch die erlesenen Darsteller nicht mehr aufwiegen können.

Für RENDEZVOUS MIT EINER LEICHE konnte man auch hier wieder bekannte Gesichter vor die Kamera locken. Schon die bisherigen Filme konnten jeweils einen hochkarätigen Cast vorweisen, bieten sie doch die ideale Spielwiese, um seine Kunst bestens zur Geltung zu bringen. Peter Ustinov ist dabei einer der Schwachpunkt. Mochte ich ihn noch in den beiden vergangenen Kinofilmen sehr gerne, habe ich mich hier schon mehr an ihm gestört. Ustinov ist recht weit weg von der Vorlage und spielt eher sich selbst, als die berühmte Figur von Agatha Christie. Ihm gehen die Manierismen und Eitelkeiten verloren, die Poirot auszeichnen. So hat man stets das Gefühl man schaue hier dem netten, schwerfälligen Knuddelopa Ustinov zu, als einem ernstzunehmenden Detektiv. Auch hochkarätige Darsteller wie John Gielgud und Carrie Fisher können wenig aus ihren Rollen herausholen, was sie eher blass erscheinen lässt. Lediglich STARSKY & HUTCH-Star David Soul macht einen guten Job als schmieriger Anwalt. Die Highlights sind definitiv Piper Laurie als Mordopfer und Lauren Bacall in ihrer Paraderolle als unnahbare und nörgelnde Lady, die sie in der Form schon in MORD IM ORIENT-EXPRESS verkörperte.

Die Blu-Ray von Koch Films ist derweil über jeden Zweifel erhaben. Das Label spendiert dem Film dabei eine schön restaurierte HD-Version als passende Alternative zur, bereits erhältlichen, DVD. Das Bild ist schön sauber, scharf und reich an Details und bietet einen schnörkellosen 2.0-Ton, der den malerischen Score von Pino Donaggio gut zur Geltung bringt. Fans von üppigem Bonusmaterial werden hingegen enttäuscht sein. Neben dem Originaltrailer gibt es lediglich eine Bildergalerie als Extra.

Fazit:
Die CANNON-Produktion RENDEZVOUS MIT EINER LEICHE (1988) ist für Fans von Christie-Geschichten immer noch ein unterhaltsames Stück zum miträtseln. Allerdings bildet der Film, trotz handwerklich makelloser Inszenierung, das qualitative Schusslicht der alten Kino-Reihe, was vor Allem an dem zähen, sowie bisslosen Skript und den Schauspielern liegt, die hinter ihren Möglichkeiten zurück bleiben. Trotzdem immer noch guckbar und für Poirot-Fans sowieso Pflicht!

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