Urlaub mit Kindern ist ja immer mit Stress verbunden. Eltern wissen das. Aber was Horst und Silvie Gallun mit ihrem Sohn Martin passiert, das wünscht man seinem ärgsten Feind nicht. Da geht der vorlaute Bengel einfach mal so am Strand spazieren… Hand in Hand mit Salaün. Das könnte doch romantisch sein, wäre Salaün doch bloß eine orientalische Schönheit. Weit gefehlt – er ist ein verunstaltetes Monstrum, und dennoch tut er einem irgendwo leid…

Cover der 1981er / 1999er Auflage (MC, LP bzw. CD)

Cover der 1987er Auflage (Techno-Edition, MC)

Regie: Heikedine Körting

Buch: H.G. Francis

Sprecher: Rüdiger Schulzki, Renate Pichler, Sascha Draeger, Marek Harloff, Michael Deffert, Peter Buchholz, Henry Kielmann, Richard Lauffen, Christian Mey, Günther Ungeheuer

Klappentext:

Das Monster Salaün – schwachsinnig und gefährlich, von unheimlicher Kraft! Ständig gefesselt lebt es weit ab von jeglicher Zivilisation. Doch eines Tages bricht Salaün die Fesseln und macht sich auf den Weg. Schrecken und Tod verbreitend hinterläßt es eine blutige Spur. Kann der Mut eines 14jährigen Salaün stoppen?

Artikel von Victor Grytzka

Zu dieser Folge findet man unter Anhängern der Reihe häufig gespaltene Meinungen. Der Tenor verweist dabei auf eine ungruselige Folge, die nicht so recht in die Reihe passen will, und vielleicht in einem Format wie „Gänsehaut“ von R.L. Stine besser aufgehoben wäre. Ich selbst habe diese Folge erst relativ spät in meinen „Francis-Zyklus“ gehört, da ich irgendwann das Interesse an Hörspielen ein wenig verlor, und erst 1999 (ich war damals 15 Jahre alt) wieder mit dem Sammeln und Lauschen begann. Eines der ersten Tapes war zu dieser Zeit „Die Spur“ aus der Techno-Edition der Gruselserie, das ich für ganze 50 Pfennige auf einem Flohmarkt erwarb. Zunächst war auch ich über den Stil dieser Folge etwas verwundert, habe sie aber gerade deshalb über die Jahre sehr schätzen gelernt. Auch wenn sie in vielen Dingen nicht perfekt ist…

Sascha Draeger

Bei einem Strandbesuch lernt der aufgeweckte Martin Gallun (Sascha Draeger) die französischen Jungs Jean (Marek Harloff) und Paul (Michael Deffert) kennen. Sie fordern ihn zu einer Mutprobe hinaus. In den Höhlen am bretonischen Strand wohnt das Monster Salaün (Peter Buchholz). Ein grausam entstelltes und schwachsinniges Wesen, dem man nachsagt, es töte jeden Menschen der seiner Behausung zu nahe kommt. Martin soll sich dem Monster nähern und so beweisen, dass er kein Angsthase ist. Und tatsächlich – das Ungeheuer ist dort und entdeckt ihn. Doch Martin kann flüchten. Später am Abend fährt Martin mit seinen Eltern zum Strand. Ein toter mit einer versteinerten Blume im Mund wird entdeckt. Eine Tat Salaüns? Schnell bekommen es Martins Eltern Horst (Rüdiger Schulzki) und Silvie (Renate Pichler) mit dunklen Mächten zu tun. Aggressive Mücken, Steine fliegen durch das Fenster des Ferienhauses… und Martin verschwindet spurlos! Seltsame Fußabdrücke sind der einzige Hinweis, der den Verbleib Martins klären könnte. Schnell fällt der Verdacht auf Salaün, nachdem Pouliguen (Henry Kielmann), der Vater des Wesens, einen entscheidenden Hinweis gibt.

Vorweg bleibt zu sagen, dass diese Folge tatsächlich etwas aus der Rolle fällt, und dem recht reißerischen Titel nicht gerecht werden kann. Denn blutig ist die Spur des Monsters so gar nicht, Es gibt nur einen Toten im ganzen Hörspiel, und der scheint ertrunken zu sein. Das heißt allerdings nicht, dass es sich hier um eine schlechte Folge handelt. Natürlich gibt es hier kein Gruselschloss, keine Spinnen, Experimente oder Vampire, der größte Horror ist wohl die große Klappe von Martin. Aber dennoch, ein paar schaurige Elemente zu Beginn des Hörspiels münden in einer abenteuerlichen Reise, die keineswegs langweilig ist. Die Story basiert auf der Legende der „Fontaine de Salaün ar Foll“ in der Bretagne. Und zu dieser muss besagter Salaün gelangen, um von seinem Fluch befreit zu werden. Martin ist dabei sein Weggefährte und so ziemlich der einzige Mensch, der Salaün mit Respekt behandelt. So begleiten wir die beiden auf einer Reise, in der zwar nicht viel Horror vorkommt, die aber dennoch sympathisch erzählt ist und nie wirklich langweilt. Auf der anderen Seite entsteht daraus aber auch ein Problem. Es gibt in dieser Episode keine Trennung in gut und böse. Einen wirklichen Antagonisten finden wir hier einfach nicht, dafür wird die Kreatur zu bemitleidenswert dargestellt, so dass einem das Finale – welches ich hier nicht vorweg nehme – schon fast weh tut.

Peter Buchholz

An dieser Stelle möchte ich zwei Parallelen zu dem (ebensfalls von mir besprochenen) Hörspiel „Der Pakt mit dem Teufel“ ziehen. Beide Stories basieren auf Legenden und Erzählungen und beschäftigen sich mit Figuren daraus. Ebenso gibt es hier wieder einmal eine Backpfeife. Na ja, zumindest fast. Martin erzählt seinen Eltern die Monster-Geschichte, und verlangt mit Nachdruck dass ihm geglaubt wird. Irgendwann reißt Papa Horst dann der Geduldsfaden, so dass er schon zu einer saftigen Schelle ausholt. Doch Mama Gallun bremst ihn.

„Nicht schlagen, Horst. Nicht schlagen…“

„Ist doch wahr, muss der Jung‘ mich denn so nerven?“

Allerdings hatte man, im Gegensatz zur „Schergen-Toni“ Geschichte, nicht den Mut dann auch wirklich das Backenfett zu massieren. Eine Backpfeife gegen Kinder ging Europa wohl zu weit. Amüsant ist die Szene trotzdem.

Die Inszenierung – bezogen auf Effekte und Grundstimmung – kam mir hier etwas sparsam vor, allerdings bietet ein Strandszenario nun auch nicht unerschöpfliche Möglichkeiten. Sand, Wellen, Wind… da ist fast nicht mehr raus zu holen. Die Sprecher hingegen sind mal wieder klasse. Besonders gefällig blieben mir hier Sascha Draeger, der ungefähr zur selben Zeit seine „Lebensrolle“ des Tim in der immer noch laufenden TKKG-Reihe zum Leben erweckte, und Peter Buchholz als bemitleidenswertes und naives Ungetüm, das in seinem Herzen einen guten Kern verbirgt, in Erinnerung. Eine gewisse Verzweiflung ist seiner Stimme dabei nicht abzusprechen, er überzeugt einfach als „zerissene Seele“, die in ihrem Schicksal gefangen ist.

Marek Harloff

In der Rolle des „Jean“ hören wir übrigens Marek Harloff, der immer noch als Sprecher und als Schauspieler tätig ist. Auch sein Bruder sollte Film- und Hörspielfans ein Begriff sein. Fabian Harloff, der wie Sascha Draeger eine Verbindung zum TKKG-Universum und zu dem Charakter des „Tim“ hat. Er spielte den „Haudrauf“ der Bande in der ersten Staffel der TV-Serie.

„Dem Monster auf der blutigen Spur“ ist somit kein totaler Ausfall. Wer allerdings den stimmungsvollen Horror mit einprägsamen Charakteren – ein Markenzeichen der Reihe – sucht, der wird hier nicht glücklich. Mir macht das kleine Gruselabenteuer immer wieder Spaß, wenn es auch nicht so häufig im Player landet, wie manch andere Episode dieser Reihe.

Zurück zur Startseite