Kunst kommt von Können und nicht von Wollen, denn sonst hieße es Wunst. Und manchmal muss es einfach mal ein Kunstfilm sein, den man sich geben möchte, wer kennt das nicht. Was liegt da näher, als zu Brecht zu greifen, einem echten, deutschen Dramatiker, so ganz in einer Liga mit Thomas Mann, der ja schon fast die Mainstream-Seite des brechtschen Anspruchs darstellt. Was für Mann die Buddenbrooks ist, ist für Brecht die Dreigroschenoper. Ein oft gespielter Stoff an deutschen Landestheatern. Doch MACKIE MESSER ist nicht die Verfilmung der Groschenoper, sondern die träumerische Umsetzung der Idee, aus Brechts Vorlage einen Film zu machen. Diese Idee gab es wirklich und so widmet sich MACKIE MESSER der Visualisierung der Gedanken Brechts, die er zu einer filmischen Umsetzung hatte.

Regie: Joachim A. Lang

Darsteller: Lars Eidinger, Tobias Moretti, Hannah Herzsprung, Joachim Król

Artikel von Kai Kinnert

Nach dem überragenden Welterfolg von „Die Dreigroschenoper“ will das Kino den gefeierten Autor des Stücks für sich gewinnen. Doch Bertholt Brecht (Lars Eidinger) ist nicht bereit, nach den Regeln der Filmindustrie zu spielen. Seine Vorstellung vom „Dreigroschenfilm“ ist radikal, kompromisslos, politisch, pointiert. Er will eine völlig neue Art von Film machen und weiß, dass die Produktionsfirma sich niemals darauf einlassen wird. Ihr geht es nur um den Erfolg an der Kasse. Er bringt die Produktionsfirma vor Gericht, um zu beweisen, dass die Geldinteressen sich gegen sein Recht als Autor durchsetzen. Ein Dichter inszeniert die Wirklichkeit – das hat es noch nie gegeben!

Als Rezensent hat ich mich irgendwie gefreut auf den Film. Eben mal was anderes, ein Kunstfilm eben. Und MACKIE MESSER ist ja auch nicht schlecht besetzt. Neben Lars Eidinger treten noch Hannah Herzsprung (Polly / Carola Neher), Joachim Król (Peachum) und Tobias Moretti (Macbeath) auf. Und da in der Dreigroschenoper auch gesungen wird, und das nicht zu knapp, müssen, bis auf Brecht, alle Figuren auch singen. Im Titel kommt ja auch das Wort „Oper“ vor. Die Songs haben aber nichts mit MAMA MIA zu tun, sondern mit Kapitalismuskritik und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Knarrige Lieder, meist unsauber vorgetragen, denn der Inhalt kommt aus der Sozialkritik und nicht aus der Gesangeskunst heraus. Und das Theater lebt eben auch von der Kunst mit der Improvisation des Unperfekten. So beginnt der Film dann auch unperfekt mit Gesang. Und das klingt, bei aller Liebe zur Kunst, nicht gut. Brecht hin oder her, der Gesang in diesem Film funktioniert nicht, zu keiner Sekunde. Der Welthit „Mackie Messer“ geht noch durch, doch der Rest ist unter aller Kanone. Die Schauspieler können wirklich nicht singen. Für Brecht ginge das in Ordnung, doch hier fehlt jede melodische und inszenatorische Feinfühligkeit seitens der Regie, daraus auch eine Ansehnlichkeit zu gestalten.

Joachim Król und Hannah Herzsprung sollten nie wieder in ihrer Karriere singen müssen. Und selbst wenn der Papst sagen würde, das war toll, nein, dass war es nicht. Zur talentfrei vorgetragenen Schieflage der Lieder gesellt sich außerdem noch eine schlechte Ausstattung in den Kostümen und eine semi-wichtige TV-Optik. MACKIE MESSER will kein Kinofilm ein, denn Regisseur Joachim Lang hat nullkommanix an filmischen Gespür für Bilder und Zwischenräume, sondern nur eine bebilderte Theaterfantasie, von der er ebenso wenig Ahnung hat.

Der Streifen sieht wie eine TV-Produktion des SWR aus, die er auch ist, gefördert durch die üblichen verdächtigen Filmförderungen, allesamt angefixt vom künstlerischem Gedanken und dem Letter-Of-Intend durch den SWR. Daraus wurden Szenen, die optisch aus AMAZONEN AUF DEM MOND stammen könnten. Unvergessen der unsäglich bescheuerte Riesenhut von Hannah Herzsprung, der wie ein alberner Witz allen inhaltlichen Anspruch zunichte macht und das konstante Scheitern der Kostümabteilung und die Schlichtheit der Kamera demonstriert. Dazu spielt Joachim Król holprig wie am Stadttheater und Hannah Herzsprung wirkt, als hätte sie nie Schauspielen gelernt. Und so quält sich der Streifen durch die durchaus gute Idee, für die Texte von Lars Eidinger auch nur Originalzitate von Brecht zu nehmen und scheitert auf ganzer Linie anschließend daran, diese auch mit filmischen Gespür umsetzen zu können. Hier spielt sich unfreiwillige Komik ab, die leider ernsthaft – und oft vernuschelt – vorgetragen wird. Nach gefühlten 813 Minuten kommt dann endlich der Abspann.

MACKIE MESSER ist zäh wie ein kaltes Schnitzel. Aufgeführt wie bei einem TV-Wanderzirkus knarzen sich ohne Timing holperig angepasste Schauspieler langatmig durch diesen einfältig gefilmten Kunsttrash, das es keine Freude ist. Nur für echte Brecht-Fans zu empfehlen. Schade.

Als Extras gibt es einen Kinotrailer, den Eröffnungsfilm des Filmfest München, Trailer, eine Bildergalerie und ein Feature über die Premiere in Berlin.

Das Bild der BD ist gut, der Ton auch.

Trailer:

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