Von den späten Achtziger-, bis in die frühen Neunzigerjahre erlebte der klassische Western eine kurze Renaissance, an der die Herren Costner und Eastwood nicht ganz unbeteiligt waren. Der Western aus dieser Zeit mit der wohl untypischsten Kulisse, nämlich Australien, – und dem wohl blödesten deutschen Titel, kommt jetzt als wunderschönes Mediabook aus dem Hause Capelight Pictures in den Handel. Ob Tom Selleck, der damals noch als hawaiihemdtragender Privatdetektiv in den Köpfen der Zuschauer verankert war, auch im Sattel eine gute Figur gegen Bösewicht Alan Rickman macht, erfahrt Ihr im Artikel.

Originaltitel: Quigley Down Under

Regie: Simon Wincer

Darsteller: Tom Selleck, Laura San Giacomo, Alan Rickman, Chris Haywood

Artikel von Christian Jürs

Gleich in den ersten Filmsekunden stutzt der deutsche Zuschauer, der gespannt auf den Australier Quigley wartet. Denn dieser, grandios verkörpert von Tom Selleck im Übrigen, kommt mitnichten aus dem Känguruhland. Matthew Quigley ist ein amerikanischer Büffeljäger mit Sharps-Gewehr, der wegen eines Jobs nach Down Under reist. Eine korrekte, wie sinnvolle, Übersetzung wäre also QUIGLEY IN AUSTRALIEN gewesen. Klingt aber doof, also servieren wir dem Zuschauer lieber einen inhaltlich falschen, jedoch besser klingenden Titel. Sachen gibts.

Damit wären dann die negativen Punkte allerdings auch schon geklärt, denn selten schaffte es ein Western so gekonnnt zwischen Ernsthaftigkeit, Spannung, Drama, aber auch Action und vor allem Komödie hin und her zu pendeln, wie QUIGLEY, DER AUSTRAILER (brrrrrrr). Alles beginnt damit, dass Quigleys Schiff im Hafen von Sidney festmacht, wo er bereits beim Vonbordgehen einem Unsympathen und somit auch den Zuschauern klar macht, dass es sich bei ihm zwar um einen Meister an der Waffe handelt, jedoch mit Ehre und dem Herzen am rechten Fleck. Dies kann er gleich darauf erneut beweisen, als er eine schmutzige Frau, die nur „die verrückte Cora“ genannt wird, vor einer Horde notgelier Männer beschützt, indem er eine wilde Rauferei startet. Einfach köstlich! Natürlich ist die Lady gar nicht so verrückt (auch wenn sie unseren Helden ständig Roy nennt, was allerdings im weiteren Verlauf der Handlung noch näher erklärt wird und einen ernsten Hintergrund birgt). Sobald sie sich den Dreck aus dem Gesicht wischt, ist sie auch noch hübsch, denn dann erkennt man die aus SEX, LÜGEN UND VIDEO und PRETTY WOMAN bekannte Laura San Giacomo erst richtig. Wirklich süß, allerdings wirkt die nur 1, 57 m kleine Giacomo neben dem 1,93 m gewaltigen Tom Selleck hier und da irgendwie zwergenhaft.

Einen weiteren Aha-Effekt erhalten wir, als wir erfahren, dass die aufdringlichen Kerle ausgerechnet für den Großgrundbesitzer Marston arbeiten, der Quigley angeheuert hat, um räuberische Dingos auf seinem Land zu jagen und zu erlegen. Kurzerhand werden Quigley und Cora auf eine mehrere Tage andauernde Reise mitgenommen. bis sie endlich die Ranch des mysteriösen Auftraggebers erreichen. Als sich dieser dann als der großartige Alan Rickman entpuppt ist klar, dass sich hier auf der Ranch die Bad Guys vereinen. Denn Quigley, der erstmal beweist, dass er einen unmenschlich weit entfernen Eimer mühelos mehrfach aus dem Stand treffen kann (und womöglich einer Fliege auch eine zweite Gesäßöffnung schießen), soll mitnichten Dingos erlegen. Vielmehr sind es die Aborigines, die australischen Ureinwohner, die Marston ausgelöscht sehen möchte. Doch danach ist unserem Helden natürlich nicht und er geht auf seinen neuen Boss los. Doch Marstons Leute können ihn überwältigen und laden den Yankee mitsamt der verrückten Cora mitten in der Wüste aus. Doch Quigley denkt gar nicht daran zu sterben und sinnt auf Rache und er hat immer noch sein Gewehr…

Heidewitzka, was für ein Spaß. Ich kenne den Film aus meiner Jugendzeit, als er in den Videotheken auf VHS zu leihen war und habe ihn als gut in Erinnerung behalten. Doch QUIGLEY ist weit besser als gut, denn er schafft es, fast dreißig Jahre später immer noch frisch zu wirken. Selleck ist smart, hat coole Sprüche auf Lager, Giancomo ist hübsch, die Bösewichte wirklich fies, es gibt Schießereien, Raufereien, dramatische Szenen, ach, ich hör jetzt auf zu schwärmen. Der Film bringt einfach Spaß und ist im digitalen Zeitalter auch ungekürzt ab 12 erhältlich. Trotzdem besitzt der Film hier und da ein paar kleine Härten, die ich so gar nicht erwartet hatte. Der ganze Film wirkt als wolle Selleck sagen: „So ungefähr hätte mein INDIANA JONES ausgesehen.“ – Gar nicht mal schlecht.

Doch der heimliche Star ist die wunderschöne Landschaft, die Regisseur Simon Wincer, der kurz darauf HARLEY DAVIDSON AND THE MARLBORO MAN drehte, zu nutzen weiß. Dank der neuen Veröffentlichung Capelights mit satter Schärfe und satten Farben. Lediglich das extreme Filmkorn hier und da (also nachts und auch gegen Ende auch am Tag) deutet an, dass hier der Zahn der Zeit nagte. Dafür überzeugen sowohl der gute 2.0 Stereoton, wie auch der 5.1 Upmix. Oben drauf gibt es eine Reihe Extras, wie eine Featurette über die Dreharbeiten, eine Dokumentation über die Waffe, ein neues Interview mit Frau Giacomo (immer noch hübsch), den Trailer auf deutsch und englisch und TV-Spots. Wer dazu mehr über die lange Produktionsphase des Filmes wissen möchte, dem empfehle ich das hochwertige, von Christoph N. Kellerbach verfasste, Booklet, welches diese Edition wunderbar abrundet.

Wer mal wieder Lust auf eine schöne Abenteuergeschichte in Form eines Western hat, sollte sich QUIGLEY, DER AUSTRALIER (*Kreisch*) unbedingt zulegen.

Trailer:

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