Ich sehe es richtig vor mir, das „Hääää? Kenne ich gar nicht.“ in den Augen einiger junger Leser. STAR FORCE SOLDIER war der deutsche Kinotitel zu Paul W.S. Andersons SciFi-Actioner mit Kurt „Nennen Sie mich Snake“ Russel in der Hauptrolle, den irgendwer bei Highlight Film einst für eine gute Idee hielt. Da man den recht harten Film auch noch mit einer 16er Freigabe in die Lichtspielhäuser brachte, blieb das Publikum aus, da niemand eine Rumpffassung sehen wollte. Später dann dachte man um im Hause Highlight, änderte den Titel zurück auf SOLDIER und veröffentlichte eine FSK 18 „Exklusiv-Fassung“, die jedoch nur exklusiv scheiße war. Immer noch fehlte beinahe eine Minute an Gewaltspitzen. Ein Auftrag für KOCH FILMS, die sich zwar für den bizarren Kinotitel entschieden haben, dafür aber Kurt Russel erstmals unzensiert seinen Job machen lassen.

Originaltitel: Soldier

Regie: Paul W.S. Anderson (als Paul Anderson)

Darsteller: Kurt Russel, Jason Scott Lee, Gary Busey, Connie Nielsen, Sean Pertwee, Jason Isaacs

Artikel von Christian Jürs

Die Zukunft hat bereits begonnen. Denn zu Beginn von SOLDIER befinden wir uns bereits in der heutigen Vergangenheit. In dieser werden Babys vom Militär direkt nach der Entbindung entführt, um sie systemathisch zu gefühllosen, eiskalten Killermaschinen auszubilden. Wir bekommen das harte Training per Zeitraffer zu Gesicht und müssen ganz empört feststellen, dass Versager augenblicklich erschossen werden. Ja, einen schlechten Tag dürfen sich die unfreiwilligen Kinderrekruten nicht leisten.

So entsteht unter der Leitung von Captain Church (Gary Busey) eine Armee von Supersoldaten, die sich in intergalaktischen Kriegen behaupten muß. Die Kriege werden uns ebenfalls kurz im Zeitraffer präsentiert und wir sehen,wie die Kämpfer kompromisslos und mit voller Härte vorgehen. Angeführt werden sie hierbei von Todd 3465 (Kurt Russel), dessen durchgehend trauriger Blick eventuell nach lesen der Drehbuchseiten entstand.

Ja, die Welt der Killersoldaten könnte so schön sein, doch dann betritt Colonel Mekum (Jason Isaacs) die Szenerie und der hat eine neue Generation genmanipulierter Supersoldaten in der Tasche, die die alten Haudegen ablösen sollen. Doch Captain Church will seine Mannen nicht aufgeben (er faselt eh den ganzen Film immer so einen Oldschool Kram, der meist mit „Mein Vater sagte einst…“ beginnt) und lässt Todd 3465 gegen Caine 607 (Jason Scott Lee), einen der Krieger der neuen Generation, antreten. Natürlich geht das für Todd und den Großteil seiner Leute nicht gut aus. Zwar kann er Caine noch ein Auge auskratzen (Bitchfight), doch ist er final schließlich unterliegen. Todgeglaubt wird er auf einem Müllplaneten abgeladen, wo er natürlich wieder zu sich kommt und Kontakt zu einer Gruppe armer, harmloser Weltraumsiedler aufnimmt. Dort kommt es zu den üblichen „wir können dem Fremden nicht trauen“-Momente, die im Ausschluß unseres Helden aus der Kolonie münden. Doch Mekum hat die Spur der Siedler bereits aufgenommen und so benötigen die einfachen Leute die Hilfe von Ramb…ich meine Todd.

Man mag gar nicht glauben, dass ein talentierter Schreiberling wie David Webb Peoples hinter der Story zu SOLDIER steckt. Der Mann, der die Bücher zu BLADE RUNNER, ERBARMUNGSLOS und 12 MONKEYS ablieferte, stolpert hier von einem Genreklischee zum Nächsten und liefert eine unglaublich vorhersehbare SciFi-Actionsoße ab. Das muss nicht schlimm sein, wenn die Action denn gut inszeniert ist. Und hier liegt ein weiteres, großes Problem von SOLDIER. Im Grunde sind die Actionmomente, wie auch alle anderen Szenen, von Milla-Beglücker Paul W.S. Anderson sauber inszeniert worden, doch lassen sie, vor allem im ausufernd langen Finale, jegliche Spannung vermissen. Die Supersoldaten kommen und werden, hübsch der Reihe nach, von Kurt Russel eleminiert. Einigermaßen blutig und mit viel Peng, Peng, aber leider auch komplett Spannungsfrei. Man hat nie, wirklich nie das Gefühl, Russel würde jemals in Gefahr geraten. Selbst im Kampf Mano-a-Mano mit Kontrahent Jason Scott Lee bleibt die Spannung ein wenig auf der Strecke. Humor, der die Szenerie auflockern könnte, fehlt leider gänzlich.

Doch auch wenn ich jetzt ganz viel gemeckert habe, unterhaltsam ist SOLDIER dann irgendwie trotzdem. So sind die Kulissen, egal ob Müllplanet oder Weltall, wirklich gelungen und die Effekte sind allesamt sehr gut. Vor allem aber gibt es einen Grund, der für den Film spricht und dieser Grund lautet Kurt Russel. Auch wenn der Mann hier nicht allzu viel Schauspielkunst an den Tag bringen muss und so wortkarg agiert, dass Manfred Lehmann in der ersten Hälfte des Filmes quasi gar nix zu tun hatte, er versprüht einfach ein Charisma, dem man sich nicht entziehen kann und dem man beim Feindedezimieren einfach gerne mal zuschaut. Connie Nielsen und Sean Pertwee (DOG SOLDIERS) auf Seite der Siedler bieten ebenfalls eine gute Performance. Leider ist die Screentime eines der beiden etwas kürzer, was zu den wenigen gelungenen Emotionalen Momenten führt.

Auf Seite der Bösen bleibt Jason Scott Lee leider heillos unterfordert und quasi ohne Profil. Hier wünscht man sich den Lundgren aus Universal Soldier herbei. Dafür ist Gary Busey mal wieder ähnlich putzig wie in ALARMSTUFE: ROT, was durchaus Laune bereitet. Als Oberfiesling versagt dafür ausgerechnet Jason Isaacs, den ich erst kürzlich in LOOK AWAY so toll fand. Ist aber nicht seine Schuld, es liegt einfach an der Rolle des Klischeebösewichts, der einfach nur schleimig, anstelle von charismatisch (Alan Rickman anybody?) oder fies-komisch (man denke an Dennis Hopper in SPEED), daher kommt. Dafür darf er im Finale dann im Angesicht von Kurt Russel einnässen, weil dass ja so unfassbar komisch ist. Guck mal, der Böse hat lulu gemacht. Ha ha ha! Ja, es gibt durchaus Gründe, warum der Film nicht zum Blockbuster wurde.

Auch wenn der Film nicht der Superhit ist, das Mediabook von KOCH FILMS ist es. Warum? Nun, angefangen von der Tatsache, dass der Film hier erstmals unzensiert veröffentlicht wird, er ist auch erstmals im richtigen Kinoformat auf Scheibe erhältlich. Außerdem, man glaubt es kaum, hatte die alte DVD auch keine englische Tonspur, die hier selbstverständlich vorhanden ist. Bild und Tonqualität sind ebenfalls top, auch hier gibt es nichts zu meckern. Das Bonusmaterial trumpft dann mit einem Audiokommentar von Paul W.S. Anderson, Jason Isaacs und Jeremy Bolt auf, sowie einem Making of, Interviews, eine Bildergalerie und dem Trailer in deutsch und englisch.

Letztendlich bleiben Paul W. S. Andersons Filme Geschmackssache. Ebenso wie der alte deutsche Kinotitel, den sich KOCH FILMS für diese Veröffentlichung ausgesucht hat. Wer darauf gewartet hat, muss auf jeden Fall zuschlagen.

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