Gleich fünf satte Covervarianten spendierte Wicked Vision der brandneuen HD-Restaurierung des Roger Corman Streifens mit Vincent Price in der Hauptrolle. Mit einem großen Packen an Extras im Gepäck, dürfen sich Sammler über diese Veröffentlichung (in jeder Covervariante je auf 222 Stück limitiert) freuen. Ob die Umsetzung – und damit auch die Anschaffung – des filmisch umgesetzten Poe-Stoffes lohnt, erfahrt ihr im Artikel. Auf zu einem unheimlichen Besuch im Hause der Familie Usher…

Originaltitel: House of Usher

Regie: Roger Corman

Darsteller: Vincent Price, Mark Damon, Myrna Fahey, Harry Ellerbe

Artikel von Victor Grytzka

Als Philip Winthrop (Mark Damon) das Haus der Familie Usher aufsucht, hat er ein klares Ziel. Seine geliebte Herzensdame Madeline (Myrna Fahey) mit nach Boston zu nehmen, um mit ihr ein glückliches Leben zu führen. Ihr Bruder Roderick (Vincent Price) ist jedoch vehement gegen dieses Unterfangen. Er glaubt an einen Fluch der auf seiner Familie lastet, und dass dieser auch das einzige Schicksal für Madeline ist. Neben diesen Spannungen zwischen Philip und Roderick, beginnen bald seltsame Vorgänge in dem unheimlichen Herrenhaus. Das alte Gemäuer scheint zu leben, und dem verliebten Jüngling nach dem Leben trachten zu wollen. Alter Familienfluch oder Hirngespinste des herrischen Bruders? Und was weiß der Diener Bristol (Harry Ellerbe) über die Vergangenheit der Ushers?

„Der Untergang des Hauses Usher“ ist mir eine der liebsten Geschichten des Horror-Meisters Poe. Die Geschichte um einen (vermeintlich) Geisteskranken Hausherren, der die Hilfe eines Freundes ersucht, strotzt nur so vor unterschwelligem Grusel und schaurigen Momenten. In diesem Film nahm sich Roger Corman der Geschichte an, und ließ das Drehbuch von Richard Matheson („Last man on Earth“, „Jaws 3“, „Echoes“) schreiben. Der nahm sich – bezogen auf die Protagonisten – einige Freiheiten, schrumpfte den Kern der Geschichte etwas zusammen, behielt aber den groben Handlungs-Rahmen. Ob dies geglückt ist, das erfahrt ihr nun.

„Die Verfluchten“ hat sofort dieses Feeling… man kann es spüren… ja, fast schon riechen. Und dann weiß man es! Ja, das ist ein Corman! Direkt fällt die Gestaltung des Herrenhauses ins Auge. Optisch mehr an ausladende Theaterkulissen erinnernd, versprüht es diesen stereotypischen Charme des Unheils. Kronleuchter, Gemälde, quietschende Türen, Geheimgänge… All diese Dinge hat man bei Corman schon mehr als nur einmal gesehen, und immer wieder überzeugt das Set. So auch hier.

Dabei ist „Die Verfluchten“ allerdings kein Optikblender, sondern kann mit klassischen Gruselelementen (das Haus hat ein Eigenleben) und einem stetigen Spannungsaufbau punkten. Zugute kommt der Produktion, dass die Laufzeit mit rund 82 Minuten recht kurz ist (78 Minuten ohne die in dieser Fassung neu eingefügte Ouvertüre des Soundtracks), so dass gar keine Chance entsteht, dass die Handlung unnötig in die Länge gezogen wird. Zunächst liegt hierbei der Fokus auf den Beziehungen zwischen den Protagonisten, hier und da werden unheilvolle Vorboten des Horrors mit atmosphärisch inszenierten Hintergrundinformation zum Geschlecht Usher verknüpft, bevor der wahre Grusel sich in den letzten 20 Minuten des Filmes voll entfalten kann.

Interessant ist dabei das „Verwirrspiel“, das nicht ganz klar macht ob die Vorgänge im Herrenhaus wirklich übernatürlicher Natur sind, oder ob es gar die Phantasien eines Verrückten sind. Eingestreut hat man eine schwierige Liebesbeziehung zwischen Philip und Madeline, die im Endeffekt zwar keine tragende Rolle spielt, aber der Handlung so weit dienlich ist, dass sich Philip als „Held“ der gesamten Tragödie präsentieren kann. Der Diener Bristol ist nettes Beiwerk und bedient das Klischee des langjährigen Angestellten, der zwar viel weiß, aber nur wenig preisgibt.

Ein paar (für die damalige Zeit) drastischere Effekte haben es auch in den Film geschafft, und fügen sich hervorragend in das Schauspiel ein, das von einem starken Cast über die Laufzeit getragen wird. Durch die Beschränkung auf gerade einmal vier Charaktere, von denen jeder ein fester Bestandteil des Ablaufes ist, entsteht ein Interesse an diesen Menschen, eine Verbundenheit, die einen nicht loslassen mag. Ob man nun Price nimmt, der den kühlen und herrischen Roderick mimt, Damon als verliebten und gleichzeitig Verzweifelten Liebhaber, Ellerbe, dem die Rolle des Dieners auf den Leib geschrieben steht, oder eben Fahey, die besonders im letzten Drittel eine hervorragende und beängstigende Performance abgibt.

In Kombination mit dem hervorragenden Soundtrack von Les Baxter, einer fabulösen Optik (man schaue sich einmal die tolle Alptraumsequenz an) und schönen „Haunted House“ Atmosphäre bekommt man eine recht freie Interpretation des Poe-Stoffes, die aber auf ganzer Linie überzeugen kann, und Anhängern klassischer Horrorfilme sicherlich sehr gefallen wird.

Und dann ist da ja noch die technische Seite. Mit einer aufwändigen Restauration hat man bei Wicked Vision geworben, die alle bisher erschienenen Fassungen in den Schatten stellen soll. Ich kann ein Stück weit Entwarnung geben – das stimmt soweit. Dennoch ist nicht alles „perfekt“. Das Bild besticht in der HD Abtastung durch angenehmes Filmkorn, originalgetreue Farbgebung und einen hohen Detailgrad, wobei es hier und da mal zu kurzen Schwankungen der Bildschärfe kommt, die dann auch sofort auffallen. Der Ton – ein Knackpunkt der alten Veröffentlichungen – liegt in DTS-HD 2.0 (Deutsch / Englisch) vor. Deutlich sauberer und klarer als die alte Tonspur. Ein wenig Dumpf ist es aber immer noch, S-Laute neigen zum zischen und hier und da knackt und rauscht es ein wenig. Dennoch – es ist die bis Dato beste Veröffentlichung, da hat man den Mund nicht zu voll genommen.

Neben einem wunderschön gestalteten Mediabook bekommt der Käufer zudem noch eine nette Bandbreite an Extras geboten.

. 24-seitiges Booklet mit einem Essay von Dr. Rolf Giesen

· Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann und Dr. Rolf Giesen

· Audiokommentar von Regisseur und Produzent Roger Corman · Vorwort von Victoria Price

· „Back to Baker Street“: Interview mit Victoria Price

· Interview mit Mark Damon

· Audio-Interview mit Vincent Price

· Vincent Price über „Der Untergang des Hauses Usher“

· Originaltrailer

· Bildergalerie

Für allerlei Bonusmaterial wurde als auch gesorgt. Am Ende bleibt eine tolle Veröffentlichung eines starken Corman-Films, die man sich gerne ins heimische Regal stellt.

Trailer:

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