Die Sonne scheint, die Mücken picken, ich lieg‘ im Gras und hab einen… Kopfhörer auf den Ohren. Passend zum Sommer serviert uns André Minninger im Rahmen der neuen Gruselserie eine Episode, in der es eine Gruppe von Urlaubern mit blutdurstigen Insekten zu tun bekommt. Urlaubsfeeling mit Horroreinschlag, oder doch eher ein nerviges Summen in den Ohren der Hörer? Finden wir es heraus…

Buch: André Minninger

Regie: Heikedine Körting

Musik: Kristian Körting, Jan Friedrich Conrad, Jens-Peter Morgenstern, Andris Zeiberts, Constantin Stahlberg

Sprecher: Udo Schenk, Heidrun von Goessel, Rüdiger Schulzki, Patrick Bach, Elga Schütz, Eckart Dux, Martin May, Konstantin Graudus, Julian Greis, Till Huster, Peter Weis, Volker Hanisch

Klappentext:

Der Urlaub im tropischen Amazonas-Gebiet entwickelt sich für eine kleine Touristengruppe zu einem wahren Alptraum: In Todesangst fliehen sie vor mutierten Insekten, deren Blutdurst keine Grenzen kennt…

Artikel von Victor Grytzka

Ute Maibaum (Heidrun von Goessel) ist auf dem Weg ins Amazonas Gebiet, um als Journalistin für einen Artikel zu recherchieren. In ihrer Pension angekommen macht sie Bekanntschaft mit weiteren Touristen, darunter das Ehepaar Henry und Hattie Miller (Eckart Dux, Elga Schütz), sowie Nicholas Turner (Martin May) und Jason Nixon (Konstantin Graudus). Doch irgendetwas scheint seltsam. Der vor Ort herrschenden Moskitoplage darf man – laut Aussage des Pensionsbesitzers Da Silva (Rüdiger Schulzki) auf keinen Fall mit Insektengift Herr werden. Zudem funktionieren die Telefone nicht, und dann entpuppt sich ein Bootsausflug auch noch als Horrortour. Auf rätselhafte Weise verstirbt einer der Gäste, und damit beginnt eine spannende Jagd nach der Wahrheit. Die Spur führt zu Professor Almeida (Peter Weis), der in einem abgelegenen Anwesen irgendetwas im Schilde führt…

Die neuen Folgen der Gruselserie spalten die Lager der Hörer. Enttäuschung auf der einen Seite, Lob und Begeisterung auf der anderen Seite. Selten hat man solch gespaltene Lager erlebt, wenn es um die Qualitäten einer Reihe geht. Deshalb hier nun ein kleiner Exkurs, bevor es an die eigentliche Rezension der aktuellen Folge geht.

Heidrun von Goessel

Oft sind es die Erwartungen, die uns ein Produkt bewerten lassen. In dem Fall der neuen Gruselserie besonders gravierend, da viele Hörer den Vergleich zu den Geschichten aus der Feder von H.G. Francis ziehen, die uns in unserer Kindheit und Jugend das Fürchten gelehrt haben. Nun sind wir aber gut 38 Jahre weiter, und Francis ruht in Frieden. André Minninger ist nun der Mann, der sich schaurige Geschichten für eine neue Generation einfallen lässt. Und da haben wir schon den Knackpunkt, der mir ein wenig zum Halse raus hängt. Oft muss ich lesen, dass „Früher alles besser war“. War es das wirklich? Oder ist es unser verklärter Blick durch die Nostalgiebrille, die uns das „Damals“ einfach besser erscheinen lässt. Viel Kritik geht dabei an Minninger, dem von so manchem Hörer unterstellt wird, er könne keine spannenden Geschichten zu Papier bringen. Oft klingt dabei allerdings ein persönlicher Groll nach, der weniger reflektiert, als mehr subjektiv wirkt.

Natürlich ist Minninger kein Francis – und dieser Umstand tut der neuen Reihe gut. Wer will denn schon Kopien der Francis-Geschichten haben. Wäre das der Fall, so würde man Minninger einen Mangel an Kreativität andichten. Er hat seinen eigenen Stil. Nach den ersten drei Folgen kristallisiert sich heraus, dass er einen sehr starken Fokus auf die Charaktere seiner Geschichten legt, und die Stories mehr an Abenteuergeschichten mit Grusel-/Mystery-Einschlag erinnern. So gab es auch zur Folge 3 sehr geteilte Meinungen, die manchmal gut begründet, oft jedoch nur halbherzig mit dem Wort „Mega“, oder mit dem Ausspruch „Scheißdreck“ gewürdigt wurde. Auch beobachte ich, dass die Nörgler mit Nachdruck versuchen den Befürwortern der Reihe eine gewisse Unfähigkeit zu attestieren, die Schwächen der Reihe herauszuarbeiten. Wenn man etwas beschissen findet, so hat das dann auch jeder so zu empfinden! Leute, sowas kotzt mich tierisch an. Das musste jetzt mal sein, und nun – auf zur eigentlichen Rezension!

Patrick Bach

Eine Sache macht die Moskito-Episode von Grund auf richtig. Sie nimmt sich viel Zeit, die Protagonisten einzuführen, und so schnell eine Verbundenheit aufzubauen. Insbesondere die Gemeinschaft der Touristen rückt hier in den Fokus, die als Gruppe in das Gruselabenteuer hineinschlittern. Dies erweist sich als immens wichtig, spätestens in dem Moment, als es in der Geschichte eine überraschende Wendung gibt, die so nicht hervorzusehen war, und die Karten von Grund auf neu mischt. Dies trifft, da man eben jene Person – um die sich die Wendung dreht – als Zuhörer in einer gewissen Position angenommen hat, und dementsprechend eine Rolle innerhalb der Story erwartet, die dann so aber nicht nach „Schema F“ erfüllt wird. Toll gemacht, wirklich! Natürlich ist dies auch den Sprechern zu zuschreiben. Besonders in Erinnerung bleiben dabei Elga Schütz und Eckart Dux als altes Ehepaar, bei der die Frau eine absolut besserwisserische Quasselstrippe ist, während ihr Ehemann das ganze (mehr oder weniger) schweigend erträgt. Fast schon erinnern die beiden ein wenig an die Fawleys, die wir in der Ur-Serie so lieb gewonnen haben. Hoffentlich sehen wir dieses schräge Paar in späteren Folgen noch einmal wieder. Nicht nur sind sie toll gesprochen, sie sorgen auch für eine dicke Portion Humor in der Story um die Killerinsekten, die hier übrigens nicht plakativ als mordende Wesen herum brummen, sondern einen geschickten Aufhänger in einem „Mad Scientist“ Plot bilden, der einen – im Grunde – löblichen Grundgedanken verfolgt. Hier ist auch Peter Weis zu loben, der als düster-schräger Professor eine hervorragende Figur macht.  Ein wenig Kritik muss ich allerdings an Heidrun von Goessel äußern, deren Leistung zuweilen etwas gehastet und unsauber wirkt. Nicht so, dass es jetzt wirklich eine „schlechte“ Sprechleistung wäre, allerdings fällt dies im direkten Vergleich zu den anderen Sprechern schon ein wenig auf.

Eckart Dux

Atmosphärisch hat man sehr viel Augenmerk darauf gelegt, das Tropensetting lebendig wirken zu lassen. Und auch das funktioniert. Die Moskitos, hier zur Bedrohung der Geschichte auserkoren, wurden ebenso überzeugend vertont, und verfehlen ihre Wirkung / ihren Anteil an der Geschichte nicht. Musikalisch eher modern gehalten, wird hier recht passend mit einem Soundtrack untermalt, der stilistisch zwar nicht den Geschmack aller Hörer treffen wird, aber dennoch kein allzu großer Störfaktor ist.

Da ich es bei der neuen Reihe grundsätzlich vermeiden möchte, zu sehr in die Gefahr eines Spoilers zu rutschen, mag ich gar nicht viel mehr verraten. Doch eine Sache, die mag ich doch noch kurz aufgreifen. Das Finale hat mir sehr gut gefallen, endet es doch nach einer recht düsteren Show mit einer heiteren Szene, die mich doch sehr zum Schmunzeln verleitet hat. Irgendwie voll im Zeitgeist, schon fast provokativ, wenn man einen Zuhörer hat, der eher konservativ unterwegs ist. Dies baut zudem noch auf dem Verhalten von Hattie Miller auf, die damit einen richtig schönen Dämpfer verpasst bekommt. Klasse gelöst von Minninger!

Also, was war sie denn nun, die Moskito-Plage? Alles in allem ein nettes Abenteuer mit Gruseleinschlag, das durch toll geschriebene Charaktere und einer gesunden Portion Humor einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Mir hat es sehr gefallen, und wenn man diesen Stil beibehält, so freue ich mich schon auf weitere Geschichten aus dieser Reihe. Leichte Abzüge verteile ich für die Sprechleistung der Heidrun von Goessel und dem elektronisch angehauchten Soundtrack, zwei Dinge, die für mich nicht ganz so stimmig waren.

Zurück zur Startseite