Die Älteren unter Euch werden sich noch erinnern. Polaroidkameras – diese klobigen Teile, deren Filme ein halbes Vermögen gekostet haben. Dafür konnten die Dinger aber Fotos sofort raushauen. Also, beinahe. Erstmal musste man ein paar Minuten warten, bis sich langsam das viel zu blasse Bildchen so mittelscharf entwickelt hat. Dafür war das Foto immerhin klein und quadratisch, damit es auch ja in kein Fotoalbum passt. Ach ja, die analoge Welt war schon kauzig. CAPELIGHT PICTURES haut jetzt einen Gruselfilm raus, der mit gruselig schlechten Fotoapparaten aus der Vergangenheit die Teenies schocken möchte. Ob´s geklappt hat (bei einem alten Sack wie mir zumindest), könnt Ihr im Artikel nachlesen.

Regie: Lars Klevberg

Darsteller: Kathryn Prescott, Madeleine Petsch, Tylor Young, Samantha Logan, Mitch Pileggi

Artikel von Christian Jürs

Sarah (Madeleine Petsch) findet beim Aufräumen einen alte Sofortbildkamera, mit der sie sich auch umgehend in Unterwäsche für ihren Freund fotographieren lässt. Keine gute Idee als Mädchen in der Anfangssequenz eines Horrorfilms so frivol zu agieren. Wenige Filmminuten später holt sich das Böse, dass offenkundig aus der Kamera stammt, was es haben will und Sarah liegt tot am Boden. PG-13 gerecht gerichtet in schnell geschnittener, unblutiger Art und Weise (für die „erotischen Bilder“ zuvor wäre sogar dieses Rating zu hoch angesiedelt). Ein gruseliges Knipsgeräusch und es erscheint die Titeleinblendung, bis zu der sich Millionen pickeliger Teenies, die noch nie zuvor einen Horrorfilm gesehen haben, bestimmt schon ein klein wenig eingenässt haben vor Furcht.

Doch als gestandener Horrorfan hat man den Verlauf der Anfangssequenz locker kommen sehen und ebenso formelhaft soll es dann leider auch weiter gehen. Wir begegnen dem Highschoolmädchen Bird Fitcher (Kathryn Prescott), welches nicht nur einen saudämlichen Vornamen verpasst bekommen hat, sondern auch brav neben der Schule in einem Antiquitätenladen jobt. Damit man sie als Final Girl auch ja sofort erkennen kann, trägt sie Schlabberlook und gibt sich schüchtern. Natürlich ist ihre größte Leidenschaft das Fotographieren und natürlich schenkt ihr Tyler (Davi Santos), der Enkel des Ladenbesitzers, eine Polaraoidkamera, die er auf dem Flohmarkt geschossen hat. Dreimal dürft Ihr raten, um welchen Apparat es sich handelt. Surprise!

Sogleich testet unsere Heldin das Gerät und macht einen Schnappschuss vom armen Tyler, dessen Screentime somit begrenzt wurde und er nach wenigen Drehtagen wieder in die grausame Welt der arbeitssuchenden Schauspieler heraus geschickt wurde. Wie herzlos. Das Mädchen mit dem Vogelnamen knippst derweil ihre Freunde auf einer Party und das Unheil nimmt seinen Lauf.

Nach und nach segnen nun die Freunde das Zeitliche, ganz so, wie es uns FINAL DESTINATION gelehrt hat. Doch auch die Grundidee mit den tödlichen Fotos entlieh man SHUTTER. Das dabei alles einen Hauch THE RING versprüht und das Böse ausschaut wie eine haarlose THE GRUDGE Variante, kommt sicher nicht von Ungefähr. Tatsächlich basiert der Film aber auf den gleichnamigen Kurzfilm von Regisseur Klevberg, der nicht das Problem hat, vielschichtige Charaktere aufbauen zu müssen. Das scheint sich der Regisseur bei der Langfassung jedoch auch gedacht zu haben und ließ eine komplizierte Charakterzeichnung oberhalb des Drehbuch-Einmaleins einfach weg. Stattdessen verwendete er Schablonenfiguren aus der Grabbelbox des Teeniehorrors. Ein weiteres Problem ist einmal mehr die deutliche Trimmung auf eine niedrige Jugendfreigabe. Nichts geschieht onscreen und wenn doch, dann ist es, wie im Falle des Erhängens, so fix weggeschnitten, dass man quasi gar nichts sieht.

Aber auch wenn ich hier jetzt ordentlich gemeckert habe, als Fan des Genres habe ich mich trotzdem nicht gelangweilt. Warum? Nun, weil POLAROID atmosphärisch gelungen ist und auch wenn man die Twists und Jumpscares meist erahnt bevor sie geschehen, so ist immerhin andauernd etwas los. Der Film legt ein ungeheures Tempo vor. Die Jungdarsteller bringen ihre 08/15-Charaktere zudem gut rüber. Stellvertretend für die Alten kämpft Mitch Pileggi, bestens bekannt als Walter Skinner aus der Serie AKTE X, als Cop auf der Seite der Guten. Vor allem aber versteht es Regisseur Klevberg spannende Szenarien, vorhersehbar oder nicht, zu inszenieren, was POLAROID letztendlich vor dem Totalabsturz rettet.

Bild (2,35:1) und Ton (5.1 DTS-HD) sind hervorragend. Die Synchro ist ebenfalls hochwertig. Es gibt ein Wendecover und den Trailer als Bonus obendrauf. Weitere Werbetrailer sind ebenfalls vorhanden. Sonst nichts.

Horror-Vielkonsumenten, die sich vom niedrigen Rating nicht abschrecken lassen, können jedenfalls einen Blick riskieren. Allen anderen rate ich lieber, die Vorbilder zu sichten. Ich bin trotzdem gespannt auf Klevbergs nächsten Film, dem Remake von CHILDS PLAY. Erstes gutes Zeichen: Der Film hat in Amerika wegen Gewalt und Sprache sein R-Rating kassiert. Dieser erscheint übrigens ebenfalls von CAPELIGHT PICTURES.

Trailer:

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