Passend zum aktuellen politischen Klima in diesem Land, bringt Capelight Pictures den Skinhead-Klassiker THE BELIEVER – INSIDE A SKINHEAD remastered im schönen Mediabook heraus. Gefangen in den semi-intellektuellen Populismus-Reden des rechten Vordenkers Zampf (Billy Zane), kämpft Blood-and-Honor Anhänger Balint (Ryan Gosling) mit aller Macht gegen seine eigenen, jüdischen Wurzeln. Basierend auf einer wahren Begebenheit eines New York Times Reporters mit einem K.K.K. Mitglied, bleibt dieser Film bis heute, dank eines hervorragenden Ryan Gosling, ein glaubwürdiges Drama auf vielen Ebenen.

Originaltitel: The Believer

Regie: Henry Bean

Darsteller: Ryan Gosling, Summer Phoenix, Billy Zane, Theresa Russell

Artikel von Kai Kinnert

Als Kind wegen unorthodoxer Auslegung der Heiligen Schrift des Religionsunterrichts verwiesen, trägt Daniel Balint (Ryan Gosling) als Erwachsener Springerstiefel und ein Hakenkreuz auf dem T-Shirt. Er macht keinen Hehl aus seiner antisemitischen Haltung – verschweigt jedoch, dass er selbst Jude ist. In einer neofaschistischen Vereinigung hofft er, Gleichgesinnte zu finden. Dort lernt er auch den Wortführer der Gruppierung, Curtis Zampf (Billy Zane), kennen. Curtis zeigt sich von Daniels Sprachgewandtheit beeindruckt und weiß diese für seine Zwecke einzusetzen. Je tiefer sich Daniel in den Strudel aus rassistischer Hetze begibt, desto stärker wird er mit seiner jüdischen Herkunft, seinem Glauben und seinem Selbsthass konfrontiert.

Schon von der ersten Filmminute an ist klar, das Balint sich selbst die Fresse poliert, als er den jüdischen Jugendlichen in der U-Bahn erst bedrängt und ihn danach verprügelt. Um den größten möglichen Abstand zu sich selber zu bekommen, ist Balint, körperlich wie ideologisch, zur maximalen Gewalt bereit. Am liebsten würde er es allen zeigen. Ein Arsch also, wie er im Buche steht und Ryan Gosling gibt das auch her. Er hat das Gesicht und die Attitüde, um genau diese Rolle zu spielen und verweist damit Russell Crowe auf die hinteren Plätze im internationalen Skinhead-Kino. Die Szenen der Provokation, wenn er mit seinen – durchaus glaubwürdigen – Skinhead-Kollegen zB in einem jüdischen Restaurant eine Schlägerei provoziert, sind perfekt unangenehm von Gosling dargeboten.

Doch auf Dauer kann Balint seine Wurzeln nicht verbergen. Nach der Schlägerei im Restaurant wird Balint zu einer Gesprächsstunde mit Überlebenden des Holocaust verdonnert, was ihn unfreiwillig berühren wird. Als dann seine Kameraden in eine Synagoge eindringen, um dort eine Bombe zu platzieren und den Altar verwüsten wollen, steigen bei Balint weiter die Hemmungen. Und auch als er endlich einen Juden töten soll, es war ja immer sein Wunsch, geht die Sache schief und Balint gerät beim Nazi-Trash in den Verdacht, selber ein Jude zu sein. Balints weiße Front des Hasses beginnt sich zu zersetzen.

THE BELIEVER verbringt viel Zeit mit der Ideologie Balints und lässt ihn hinreichend zu Worte kommen, denn wie jeder verzweifelt Überzeugte ist er ein guter Redner, der allerdings selber immer mehr an Überzeugung verliert. Der Film ist schlicht inszeniert, körperliche Gewalt gibt es kaum, und legt sein Augenmerk ganz auf die argumentative Kurve seines Haupdarstellers, dessen Veränderung unausweichlich ist. Obwohl Balint Attentate plant und auch ausführt, bleibt ihm nicht erspart, das ihm alte Freunde begegnen und ihn zu einem Fest einladen, zu dem er auch erscheinen wird. Alles liegt dicht beieinander, was in einigen Moment des Films etwas kompakt theatralisch wirkt. Es sind aber verzeihliche Momente, wo Gosling durch die Inszenierung dazu verdonnert wurde, etwas verkürzt über den Punkt zu kommen, da sonst die Erzählung um Balint zu lange dauert. Doch das wird schnell wieder aufgefangen, denn der Film bleibt spannend und endet überraschender als angenommen, denn Balint ist zerrissen von seinem Hass auf Gott, den er einfach nicht finden kann und ihn zu einem Demagogen macht, der seine Unentschlossenheit mit Konsequenz und Härte als Übersprungshandlung kompensiert. Je näher Balint an das wirkliche Töten treibt, desto größer wird sein Glaube und seine Abneigung auf die Thora. Für ihn wird es nur einen Ausgang geben.

THE BELIEVER ist, neben dem Drama um seine Hauptfigur, ein zeitloser Film zum Thema Populismus, Rassenhass und Demagogen und ihrer Logik in bürgerlicher Wohnzimmer-Fassade. Deswegen ist der Film FSK 18. Und Ryan Gosling ist großartig. Das alles macht THE BELIEVER zu einem bis heute guten Streifen, der sich seinem Thema fast schon intellektuell nähert und dabei eine ständige, innere Spannung aufrecht erhält. Das ist gekonntes Independent-Kino. Der Film passt in der Sammlung gut zwischen STAMMHEIM (1986) und ROMPER STOMPER (1992).

Als Extras gibt es einen Kinotrailer und ein 24-seitiges, informatives und schön gestaltetes Booklet.

Das Bild der BD ist gut und von angenehmer, analoger Körnung. Der Ton fällt da nicht ab.

Trailer:

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