Gerade erst erlebte das MARVEL CINEMATIC UNIVERSE mit AVENGERS: ENDGAME (2019) seinen vorläufigen Höhepunkt, da schickt Marvel die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft schon in ihr nächstes Solo-Abenteuer. Mit SPIDER MAN: FAR FROM HOME (2019) findet Phase 3 ihren Epilog und stellt zugleich die Weichen für kommende Ereignisse. Ob das Helden-Abenteuer an den großartigen Vorgänger anknüpfen und die Last des letzten Ensemble-Spektakels stemmen kann, erfahrt ihr unserer Kritik!

Originaltitel: Spider-Man: Far from Home

Drehbuch: Chris McKenna, Erik Sommers
Regie: Jon Watts

Darsteller: Tom Holland, Jake Gyllenhaal, Zendaya, Samuel L. Jackson, Jon Favreau, Marisa Tomei, Cobie Smulders, Jacob Batalon…

Artikel von Christopher Feldmann

Es war ein wahres Gottesgeschenk, als Fans erfuhren, dass sich MARVEL STUDIOS und SONY PICTURES geeinigt haben, so dass Spider-Man nun auch Teil des MCU sein kann. Das gestaltete sich vorher eher als schwierig, da MARVEL die Verfilmungsrechte veräußert hatte, woraus Gutes hervorging, wie zum Beispiel die Sam Raimi-Trilogie mit Tobey Maguire, aber auch vergessenswertes, wie der klägliche Reboot-Versuch mit Andrew Garfield. Nun ist alles vergeben und vergessen, denn Spidey durfte erstmals in THE FIRST AVENGER: CIVIL WAR (2016) auftreten und anschließend mit SPIDER-MAN: HOMECOMING (2017), meiner Meinung nach einer der besten MCU-Filme, sein Solo-Debüt in der Inkarnation von Tom Holland feiern. Hat alles super geklappt, weswegen sich die Fans auch auf ein neues Abenteuer der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft gefreut hatten. Nur hat SPIDER-MAN: FAR FROM HOME (2017) zwei Probleme. Erstens: Er muss das hohe Niveau des Vorgängers ansatzweise halten, Zweitens: Ihm liegt die Last von AVENGERS: ENDGAME (2019) auf den Schultern, der die Zukunft des MCU maßgeblich bestimmt hat. Dabei gelingt es der Comic-Verfilmung spielend leicht, seinen jugendlichen Charme beizubehalten, auch wenn das Sequel unter dem gängigen „Höher, schneller, weiter“-Prinzip leidet.

Inhalt:
Nachdem die Avengers den Kampf gegen Thanos für sich entscheiden konnten und die Ausgelöschten zurückgekehrt sind, hat sich für Peter Parker (Tom Holland) einiges verändert. Nach dem Tod seines Mentors Tony Stark, ist er sich nicht sicher, ob er in die großen Fußstapfen treten soll und auch kann, zumal Peter neben dem Dasein als Spider-Man auch ein normales Leben als Teenager führen möchte. Da kommt eine Klassenfahrt nach Europa gerade recht, um endlich mal auszuspannen und seiner heimlichen Liebe MJ (Zendaya) näher zu kommen. Doch plötzlich steht Nick Fury (Samuel L. Jackson) auf dem Plan, der Peter zu neuen Missionen abkommandiert. Während er versucht, sowohl MJ als auch seinen Freunden gerecht zu werden, macht er Bekanntschaft mit Quentin Beck (Jake Gyllenhaal), mit dessen Hilfe er gegen die Elementals kämpfen muss, Elementarwesen, bestehend aus Feuer, Wasser, Luft und Erde, die drohen, die Welt zu zerstören.

Da ist es nun, das inzwischen dreiundzwanzigste Marvel-Abenteuer. Was soll noch ENDGAME noch kommen, habe ich mich gefragt? Etwas Entschleunigung, kann man sagen. Wie schon bei den letzten beiden Ensemble-Spektakeln, folgt nun ein etwas kleinerer Film, mit mehr Herz und mehr Humor, um die geschundenen Seelen nach dem traurigen Ende des großen Kampfes ein wenig zu besänftigen. Dabei schafft es FAR FROM HOME recht gut, die Fäden zusammenzuführen, auch wenn man diese Punkte recht schnell abarbeitet. Bereits zu Beginn wird noch einmal über den „Blip“ (Das Fingerschnipsen von Thanos) berichtet und mit Whitney Houstons Schmachtfetzen „I will always love you“ an Tony Stark erinnert. Natürlich wird dieser kitschige Moment schnell mit Witz und Charme aufgelöst, so dass die eigentliche Story beginnen kann.

Dabei verstehen es die Autoren, die charmanten Elemente aus HOMECOMING auch in diesen Film einzugliedern. Alle Szenen zwischen Peter Parker und seinen Freunden, sind mit die Stärksten des Films. FAR FROM HOME ist im Kern eine witzige Teenager-Komödie, die das Herz am richtigen Fleck hat und mit ihrem fluffigen Charme zu begeistern weiß. Auch der Handlungsstrang um die Elementals und Quentin Beck ist nicht schlecht gewählt. Während dies zu Beginn als 08/15-Story anmutet, in der Superhelden gegen Monster kämpfen, schaffen es die Autoren, dem Ganzen eine interessante Wendung zu geben, mit der man eine neue Ebene erreicht und gleichzeitig zeitgemäß über den Missbrauch von Medien und Informationen sinniert. Dass der Twist um den Antagonisten des Films wenig überraschend ist, spielt dabei keine große Rolle. es ist einfach sehr effektiv.

Trotzdem hat der Film auch seine Schwächen, die ihn nicht ganz mit Hollands erstem Abenteuer mithalten lassen. FAR FROM HOME leidet ganz klar unter dem „Höher, schneller, weiter“-Prinzip. Im Schattem von ENDGAME wird auch hier mit großen Effekt-Szenen und CGI-Bombast geklotzt, der nicht immer funktioniert, dafür wirken manche Kämpfe einfach zu generisch, und auch die Effekte sind nicht immer so ganz auf der Höhe. Diese, auf epochal getrimmten, Actionszenen reißen den Zuschauer immer wieder etwas aus dem amüsanten Story-Bogen heraus und sorgen für etwas Leerlauf. Man hat stets das Gefühl „habe ich schon mal gesehen!“, und das kann bei Marvel-Abenteuer Nummer 23 etwas ermüdend sein.

Auch die Tatsache, dass man das Geschehen nach Europa verlegt hat, dient dem Film nicht wirklich. Eine Figur aus ihrem vertrauten Terrain herauszunehmen, um sie dann in einer völlig fremden Umgebung agieren zu lassen, ist ja ein sehr bekannter Kniff, den man gerne anwendet, wenn einem nichts besseres einfällt. FAR FROM HOME hätter genauso gut irgendwo in den USA spielen können, Europa hat keine höhere Relevanz für die Geschichte. Es werden lediglich Postkarten-Locations abgearbeitet, in der sämtliche Klischees einzelner Länder verarbeitet sind, wie zum Beispiel die Niederlanden, mit Tulpenfeldern und Windmühlen.

Ganz hervorragend ist allerdings wieder die Besetzung. Tom Holland ist zu meinem liebsten Spider-Man-Darsteller avanciert und vereint gekonnt alle Eigenschaften, die ich von dieser Figur erwarte, nämlich den Drang seine Bestimmung als Held zu erfüllen, seine Unsicherheit mit fast allen Dingen und seine unbedarfte jugendliche Art. All diese Elemente bringt Holland in Perfektion auf die Leinwand. Jake Gyllenhaal erweist sich als interessanter Neuzugang, der mit einer überraschenden Agenda aufwartet und in bester Spiellaune agiert. Aufgrund dieser zwei Schauspieler, rücken leider die anderen Figuren etwas in den Hintergrund. Anders als in HOMECOMING verkommen Peters Freunde rund um den Nerd Ned lediglich zu Stichwortgebern, auch wenn sie alle einen tollen Job machen.

Auch in Sachen Inszenierung kann FAR FROM HOME mit überdurchschnittlich gutem Handwerk punkten. Auch wenn Jon Watts kein Meister in Sachen in Action-Choreographie ist und gerne mal Shots aus dem Vorgänger recycelt, ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild, welches zwei Stunden sehr gut unterhält und tolle Momente besitzt, auch wenn die Defizite klar erkennbar sind. Das 3D kann man sich hingegen sparen.

Natürlich gilt, wie bei allen Marvel-Filmen: Nach dem Abspann sitzen bleiben! Während die Mid-Credit-Scene die Zukunft Spider-Mans entscheidend verändert und ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten bereit hält, welches Fans ein breites Grinsen auf das Gesicht zaubern dürfte, stellt die Post-Credit-Scene eigentlich nochmal alles auf den Kopf und gibt einen Ausblick darauf, dass es in Zukunft wieder etwas auf uns zu kommt, was nicht von dieser Welt stammt.

Fazit:
SPIDER-MAN: FAR FROM HOME (2019) ist nicht so gut wie HOMECOMING (2017). Zugunsten großer CGI-Action, büßt Tom Hollands zweites Solo-Abenteuer entscheidend an Bodenständigkeit und Originalität ein. Und auch wenn die Locations lediglich Mittel zum Zweck sind, nicht jeder Gag zündet und eine Wendung recht erwartbar ist, schafft es der Film einen durchaus brisanten, wie auch aktuellen Subtext zu verarbeiten, verpackt in zwei Stunden sympathischen Comic-Spaß, der das Herz am richtigen Fleck hat und einfach sehr gut unterhält. Ein dritter Film darf gerne kommen!

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