Was macht man, wenn man die Blagen bei den heißen Temperaturen loswerden möchte? Richtig, man schickt sie einfach in ein Sommercamp, voller Spiel und Spaß. Auch die Medienhuren wollen im Sommer ein bisschen dieser amerikanischen Tradition frönen. Und weil Crystal Lake aus rechtlichen Gründen vorübergehende Betriebsferien hat, laden wir euch herzlich ein ins SLEEPAWAY CAMP (1983), welches hoffentlich eine gute Zeit zu bieten hat, immerhin haben wir fünf Filme vor uns. Los geht’s!

Originaltitel: Sleepaway Camp (Alt. dt. Titel: Blutiger Sommer – Camp des Grauens)

Drehbuch & Regie: Robert Hiltzik

Darsteller: Felissa Rose, Jonathan Tiersten, Karen Fields, Christopher Collet, Mike Kellin, Desiree Gould, Robert Earl Jones…

Artikel von Christopher Feldmann

Dass in den 1980er Jahren das Genre des Slasherfilms seinen Peak hatte, dürfte weitestgehend bekannt sein. John Carpenters HALLOWEEN (1978) etablierte die Formel und die gängigen Konventionen und erschuf den Archetyp des „Killer macht Jagd auf vorzugsweise promiske Teenager“-Flicks. Doch es war schließlich FREITAG DER 13. (1980), als Rip-Off dieses Musters angelegt, der das Genre manifestierte und den Startschuss für eine ganze Welle an Streifen lostrat, die sich mit blutigen, wie auch nackten Tatsachen schmückten. Dabei war Sean S. Cunninghams Gedanke, einen Film in einem Sommercamp anzusiedeln, ein wahrer Geniestreich, konnten sich doch viele Zuschauer mit der Location identifizieren, da solche Camps in den USA eine lange und beliebte Tradition besitzen. Auch hier gab es Nacharmer, die ebenfalls im Slashercamp-Segment unterwegs waren, wie zum Beispiel der sehr geschätzte THE BURNING (1981), der den Horrorfans vor allem durch die derben Effekte von Make-Up-Spezialist Tom Savini im Gedächtnis sein dürfte. 1983 versuchte sich dann der recht unbekannte Robert Hiltzik an einem weiteren Horrorfilmchen, um auf der Erfolgswelle von FREITAG DER 13. (1980) mitzuschwimmen, welcher einen gewissen Kult-Status genießt. SLEEPAWAY CAMP (1983), welcher in Deutschland auch unter dem schönen Titel BLUTIGER SOMMER – CAMP DES GRAUENS geläufig ist, war der Startschuss für ein kleines, interessantes Franchise, welches erst 2008 sein vorläufiges Ende fand. Und weil wir Medienhuren Kontinuität sehr gerne mögen und, im Gegensatz zu den Kollegen Christian und Victor, auch etwas gehaltvolles seinen Platz in dem sonnigen Reigen finden soll, dürft ihr euch auf eine Besprechung der kompletten Reihe freuen, die euch in den kommenden Wochen den Alltag versüßen wird. Also, packt den Schlafsack zusammen und gesellt euch zu mir ans virtuelle Lagerfeuer, wenn ich mich heute mit dem ersten Teil dieser rotzigen Slasherreihe befasse. „Let’s go camping!“

Inhalt:
Die kleine Angela (Felissa Rose) hat als Einzige einen schrecklichen Badeunfall überlebt, bei dem nicht nur ihr Bruder, sondern auch ihr Erzeuger ihr Leben lassen mussten. Acht Jahre später lebt sie in der Obhut ihrer seltsamen Tante Martha (Desiree Gould), gemeinsam mit ihrem Cousin Ricky (Jonathan Tiersten). Diesen Sommer soll es für beide ins Ferienlager im Camp Arawak gehen. Angela ist eher von der schüchternen Sorte, spricht kaum und wird dadurch schnell das Opfer von Mobbing-Attacken anderer verachtenswerter Kids. Auch ihr Cousin findet das gar nicht lustig und stellt sich mehrmals schützend vor seine Verwandte. Gut, dass parallel ein geheimnisvoller Killer sein Unwesen treibt und gerade diejenigen zur Rechenschaft zieht, die dem Mädchen Unrecht tun.

WELCOME TO SLEEPAWAY CAMP!

Ja, da hat mir der Kollege Victor was aufgehalst. Grenzdebile Low-Budget Kost aus den 1980er Jahren. Immerhin eine neue Erfahrung für mich, denn mit Ausnahme des hier vorliegenden ersten Teils, habe ich keinen der anderen Schlitzerfilme gesehen. Und mal ganz ehrlich, ist doch auch recht dufte, wenn der Leser nicht das x-te Review der FREITAG DER 13.-Saga um vor den Latz geknallt bekommt. Deswegen verbringen wir diesmal unsere Zeit in einer anderen Einrichtung für nervige Jugendliche, die sich in bester pubertärer Manier durch ein günstiges Setting kaspern. Günstig ist dabei ein passendes Stichwort, denn SLEEPAWAY CAMP ist eine wahre Low-Budget-Angelegenheit, welche gerade einmal 350.000 US-Dollar gekostet hat. Okay, HALLOWEEN war genau so billig aber Robert Hiltzik ist nunmal kein John Carpenter und das merkt man an allen Ecken und Enden. Ursprünglich wollte der Auteur Hiltzik, der auch das entsprechende Skript verfasste, den Film mit lediglich 50.000 US-Dollar stemmen aber gut, dass vor Produktionsbeginn seine Mutter starb, wodurch er 300.000 US-Dollar an Versicherung kassiert hat, die er prompt in den Streifen investierte. Für den Dreh nutzte er die Off-Season eines realen Feriencamps und ließ dort Amateur-Darsteller einfach mal machen.

Das Drehbuch arbeitet dabei die üblichen Slasher-Klischees ab. Es gibt die zurückhaltende, in diesem Fall fast schon aseptische, Protagonistin und eine Haufen wandelnder Abziehbilder aus der Mottenkiste, des Teenie-Horrors. Die üblichen Bullys, die Zicken, denen man sehnlichst einen brutalen Tod wünscht und ein bis zwei Sympathieträger. Ergänzt wird das Ganze durch ein erwachsenes Personal, welchem ich zumindest kein Kind anvertrauen würde.

Die Handlung beginnt mit dem üblichen Prolog in der Vergangenheit, in dem etwas Tragisches passiert, was wichtig für unsere Hauptfigur ist. Allerdings gestaltet sich dieses Scharmützel als unfreiwillig komisch, wenn der Daddy von seinen Kindern ins Wasser geschupst wird und zwei Jugendliche die Familie aus Versehen mit dem Boot überfahren. Warum der Papa nicht einfach mit seinen zwei Blagen das Wasser verlassen hat (der Strand ist 50cm entfernt) oder die Jugendlichen nicht fähig waren, ein Boot zu lenken, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Film springt acht Jahre in die Gegenwart und wir lernen die einzige Überlebende, Angela, kennen, die bei ihrer sehr gruseligen Tante Martha lebt. Martha hat augenscheinlich ziemlich einen an der Waffel, zumindest denkt man an nichts anderes, wenn sie den Mund aufmacht. Ob das gewollt ist oder lediglich dem fehlenden Talent der Darstellerin zuzuschreiben ist, i don’t give a Fuck!

Jedenfalls darf Angela mit Cousin Ricky, der eigentlich ganz gut drauf ist, ins Sommercamp und schon bei der Ankunft machen sich erste Probleme bemerkbar, da Angela nicht unbedingt die kontaktfreudigste Person ist. Gut für den pädophilen Koch, der die kleine direkt in seine Speisekammer lockt, um ihr mal die Fleischpeitsche zu zeigen. Angela kann, mit Hilfe von Ricky, entkommen und nur einen Augenblick später, zieht ein Unbekannter dem Küchenchef den Hocker unter den Füßen weg, sodass der große Kessel (mit heißem Wasser?) auf ihm landet und ihn lebensgefährlich verbrüht. Damit nimmt die „Story“ ihren vorhersehbaren Lauf, denn es wechseln sich diverse Szenen zwischen nervigen Kids und Teenagern mit recht gemütlichen Slasher-Sequenzen ab.

Sieht man sich die Momente mit den Darstellern an, merkt man ganz deutlich, dass Regisseur Hiltzik absolute Amateure verpflichtet hat, die über die komplette Laufzeit unfassbar am chargieren sind und nicht einmal natürlich wirken. Für Nebenrollen, wie Polizisten oder Sanitäter, wurden direkt örtliche Beamte gecastet, die auch spielen, als hätten sie noch nie vor einer Kamera gestanden, einzig der Vater von James Earl Jones, Robert, spielt eine Nebenrolle. Positiv sollte man dennoch hervorheben, dass die Kinder wirklich von Kindern verkörpert wurden und man hier nicht Mittzwanziger am Werk waren, die versuchen zehn Jahre jünger zu wirken – that’s real shit.

So geht das Geplänkel bis zum Schluss. Angela taut etwas auf, schließt Freundschaft mit einem netten Jungen, wird immer wieder von neidischen Assis gedisst, während eben jene immer weiter dezimiert werden. Dabei sind die Schauwerte relativ überschaubar. Zwar geht der Killer durchaus kreativ vor, sorgt für Verbrennung, eine tödliche Wespenattacke, Ertrinken, sowie einen Messermord unter der Dusche. Nette Einfälle aber selten blutig. Immerhin bekommen wir ab und an das Endergebnis zu sehen, welches sich, angesichts des Budgets, durchaus sehen lassen kann. Spätestens, als tote Kinder in ihren blutigen Schlafsäcken gefunden werden, hat der Film geliefert. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass hier klassisches Malen nach Zahlen betrieben wird und man sich ausgiebig bei FREITAG… und Co. bedient, was durchaus etwas fade anmutet, wenn man eben schon hundert andere Slasher gesehen hat.

Der Twist (Achtung, SPOILER!):

Man kann gar nicht objektiv über SLEEPAWAY CAMP reden, wenn man nicht auf den großen Twist eingeht, der damals wirklich für einiges an Furore gesorgt hat und der Grund dafür ist, dass sich dieser Film nachhaltig in den Köpfen der Zuschauer gehalten hat. In den letzten Minuten bekommen wir nämlich den wahren Killer präsentiert. Es ist Angela selbst, die seit dem kindlichen Unfall ein Trauma und eine psychotische Störung mit sich trägt. Erschwerend kommt hinzu, dass sie eigentlich ein Junge ist, denn bei dem Unfall ist nicht das Bübchen, sondern das Mädchen gestorben. Und weil ihre durchgeknallte Tante schon immer ein Mädchen haben wollte, hat sie den armen Jungen in Angela umgetauft und zum Girlie erzogen, gezwungenermaßen. Nun haben die ganzen Attacken im Sommercamp Angela so in Rage versetzt, dass sie angefangen hat alle abzuschlachten, die sich etwas scheiße verhalten haben, Selbstjustiz der etwas extremen Art. Besonders im Kopf bleibt schließlich das ikonische Schlussbild, in dem Angela nackt, blutüberströmt und mit aufgerissenem Mund in die Kamera starrt, während diese immer weiter zurück geht, bis man die männlichen Genitalien sieht. Diese waren übrigens echt, denn anstatt Felissa Rose sprang für diese Aufnahme ein Student ein, der sich für ein paar Kröten nackig machte. Dieses Ende ist sicherlich ein echter Schocker, welches SLEEPAWAY CAMP nachträglich zum „guten“ Film verklärt hat. Es bleibt aber das einzige wirklich gute an dem ansonsten recht mauen Slasherfilm.

Regisseur Robert Hiltzik schafft es nämlich so gut wie nie, wirklich Spannung zu erzeugen oder gar ein beklemmendes Gefühl heraufzubeschwören. Er arbeitet lediglich die Versatzstücke ab und reiht POV-Shots und Teenager-Gebrabel aneinander, die man genauso auch bei FREITAG DER 13. schon mal effektiver gesehen hat. Dazu kommt noch das recht farblose Setting, in welchem die Sommercamp-Romantik nur bedingt zum Tragen kommt. Das dürften auch Gründe sein, warum Hiltzik nie wieder etwas Erwähnenswertes geleistet hat, mit Ausnahme von einem Sequel im Jahre 2008, welches ich mir nur ansehe, weil es eben zur Reihe gehört.

Viele Zuschauer im Jahr 1983 waren aber anscheinend gänzlich anderer Meinung, denn SLEEPAWAY CAMP war ein Hit an den Kinokassen und konnte starke 11 Millionen US-Dollar erwirtschaften, bei einem Budget von 350.000 US-Dollar ein ziemlich ansehnlicher Schnitt für die Macher. Ein Grund dafür, warum es auch Sequels gab. Es folgten SLEEPAWAY CAMP 2: UNHAPPY CAMPERS (1988) und SLEEPAWAY CAMP 3: TEENAGE WASTELAND (1989), in denen Pamela Springsteen (die Schwester vom Boss!) die Rolle der Angela übernahm. Danach wurde es etwas kurios, denn SLEEPAWAY CAMP 4: THE SURVIVOR (1992/2012) wurde nie fertiggestellt, erschien aber nachträglich im Jahr 2012, angereichert mit Füllmaterial. 2008 inszenierte dann Hiltzik himself RETURN TO SLEEPAWAY CAMP, welcher die Vorgänger ignoriert und an den ersten Teil anknüpft, als DVD-Premiere. Nähere Gedanken zu diesen Streifen bekommt ihr in den nächsten Wochen serviert. Stay Tuned!

Fazit:
Mit SLEEPAWAY CAMP (1983) habe ich die erste Runde meines Sommerspecials hinter mich gebracht und mit Ernüchterung muss ich feststellen, dass ich die kollektive Begeisterung für diesen günstigen Slasherfilm nicht wirklich teilen kann. Klar, das Ende war damals augenscheinlich ein Smasher und funktioniert auch heute noch, doch alles andere ist lediglich Ware von der Stange, die Robert Hiltzik bei anderen Genre-Vertretern zusammengeklaut hat. Dazu schäbige Darsteller, die zwar durch ihr Unvermögen für etwas trashige Erheiterung sorgen aber für mich in keiner Weise diesen Status rechtfertigen, den der Film in gewissen Kreisen genießt. Kollege Christian stimmt regelmäßig ein Loblied auf die Teile zwei und drei an, was mich zumindest etwas optimistisch werden lässt, dass ich an der Reihe noch meinen Spaß haben werde. Also, wir lesen uns!

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