Wer „A“ sagt, muss auch „B“ sagen – und leider auch „C“ und „D“ fürchte ich. Und da UNIVERSAL PICTURES GERMANY gerade ein – mittlerweile vergriffenes – 4K Steelbook veröffentlicht hat, geht es im Rahmen unseres Medienhuren Sommercamps nach der Vorstellung des Erstlings nun weiter mit dem Sequel zum ersten Blockbuster der Welt. 1978 sorgte Der weiße Hai 2 erneut für volle Kinokassen und leere Badestrände. Doch wie steht es um die qualitativen Eigenschaften der Fortsetzung, die uns der einstige Supergirl-Regisseur Jeannot Szwarc kredenzte? Und welche Probleme gab es diesmal beim Dreh? Hopp oder Top, das ist hier die Frage.

Originaltitel: Jaws 2

Regie: Jeannot Szwarc

Darsteller: Roy Scheider, Lorraine Gary, Murray Hamilton, Joseph Mascolo, Ann Dusenberry, Gary Springer

Artikel von Christian Jürs

Just when you thought it was safe to go back in the water…

Mit dieser Tagline lockte man im Sommer ´78 die Scharen erneut ins Kino. Gut, bei uns war es dann erst im Februar 1979 so weit, allgemein ja als beste Zeit zum Anbaden bekannt, dass Amity Island erneut von der bösen Killermakrele heimgesucht wurde. Natürlich wieder mit der ikonischen Musik von John Williams, aber ohne das Regiewunder Steven Spielberg.

Alles beginnt mit einem ganz harmonischen Tauchgang zweier Yachtbesitzer, die entspannt zwischen ein paar Fischschwärmen die Tiefe genießen, als sie plötzlich das Wrack der Orca, das Boot von Haifänger Quint aus Der weiße Hai, entdecken. In Siegespose werden ein paar Fotos geschossen, als die nur allzu bekannte, bedrohliche Musik erklingt und uns verdeutlicht, dass gleich etwas Schlimmes geschehen wird. Und tatsächlich, nach kurzem „Dam Dam Dam Dam Dam Dam“ macht ein neuer weißer Hai kurzen Prozess mit den beiden Tauchern. Viel zu sehen gibt es dabei nicht, lediglich, dass eines der Opfer im Todeskampf noch Fotos schießt. Blitz, Blitz, Uargs! Röchel!

Danach geht es erstmal an Land weiter. Wir begleiten Chief Brody (Roy Scheider), der in sichtlicher Eile mit seinem Wagen über die Insel jagt, um noch einigermaßen rechtzeitig bei der Eröffnung einer neuen Freizeitanlage samt Swimmingpool (die vermutlich einzig sichere Art, um auf Amity schwimmen zu gehen), zu erscheinen. Kurz vor Ende des Rahmenprogramms nimmt er schließlich seinen Platz neben Ehefrau Ellen (Lorraine Gary) ein. Sämtliche weitere Protagonisten der folgenden Ereignisse sind bereits vor Ort und langweilen sich bei der biederen Partyveranstaltung.

Ja, wir lernen sie alle kennen, die gesamte Teenagerbrigade, die im weiteren Verlauf das Hauptnahrungsmittel unseres Hais wird. Schönheitskönigin Tina (Ann Dusenberry), ihr Freund Ed (Gary Dubin), der sympathische Andy (Gary Springer), die Außenseiter Doug (Keith Gordon) und Timmy (C. Thomas Dunlop), ein Typ namens Polo (John Dukakis), das Pärchen Lucy (Cynthia Grover) und Patrick (Ben Marley),  der Bürgermeistersohn Larry (David Elliot), Brodys Kinder Mike (Mark Gruner) und Sean (Marc Gilpin), die freundliche Marge (Martha Swartek), der Mützenträger Bob (Billy Van Zandt) und die lockenköpfige Brooke (Gigi Vorgan) – sie alle bilden das potenzielle Buffet für den hungrigen Killerfisch. Im weiteren Verlauf wird sich noch Brookes Cousine Jackie (Donna Wilkes) dazu gesellen, die über ein ganz besonders lautes und nerviges Organ verfügt. Die Truppe wirkt, als wäre sie einem Teenie-Slasherfilm entsprungen, doch deren Zeit stand erst kurz bevor.

Doch zunächst zerledert es eine Frau auf Wasserskiern (Christine Freeman) und die dazugehörige Bootsfahrerin (Jean Coulter) in der wohl schockierensten Todesszene dieses Sequels, samt brennender Insassin (Coulter war eigentlich Stuntfrau) und geröstetem Hai. Richtig gelesen, gleich bei seinem zweiten Einsatz bekommt der Hai am explodierenden Boot ein wenig von der Optik eines verbrannten Seelachsfilets ab. So, als ob Papi am Grill nicht richtig aufgepasst hätte.

Brody ahnt natürlich, dass da draußen wieder ein Hai sein Unwesen treibt. Ein angespülter, zerfetzter Killerwal und die Fotos aus der Kamera der verschwundenen Taucher, auf denen schemenhaft das Maul der Bestie zu erkennen ist, geben ihm schließlich Gewissheit. Es war ein Hai! Doch Bürgermeister Vaughn (Murray Hamilton) und der schmierige Geschäftsmann Len Peterson (Joseph Mascolo), für den ausgerechnet Brodys Frau Ellen arbeitet, sind anderer Auffassung, was unseren Helden schlussendlich den Job kostet. Mitschuld war allerdings eine Aktion am Strand, bei der er irrtümlich einen Schwarm Blumenfische mit dem Hai verwechselt hatte und sein Magazin vor den Augen der Touristen flugs verballerte.

Von da an könnte ihm das Schicksal der Amity-Einwohner und -Touristen an der Kimme vorbeigehen, doch Mike verkrümelt sich am nächsten Morgen klammheimlich mit seinen eingangs erwähnten Freunden und deren Segelbooten aufs Meer hinaus, um weit draußen zu feiern. Seinen kleinen Bruder nimmt er passenderweise gleich noch mit. Als Ex- Chief Brody davon Wind bekommt, begibt er sich erneut auf die Jagd nach einem großen Weißen.

Chaosproduktion, die Nächste. Nach dem unfassbaren Erfolg von Der weiße Hai wollten die Produzenten Richard D. Zanuck und David Brown erneut mit Bruce, dem Killerhai, Kasse machen. Nach dem Motto „Never change a winning team“ versuchte man Steven Spielberg und auch Richard Dreyfuss erneut für das Sequel zu gewinnen, stieß jedoch auf Granit. Zum einen dachten die beiden mit Schrecken an die Dreharbeiten des Vorgängers zurück, zum anderen bevorzugten sie die Arbeit an Die unheimliche Begegnung der dritten Art, Spielbergs erstem Aufeinandertreffen mit den Außerirdischen. Lediglich Roy Scheider hatte die A-Karte gezogen, denn eigentlich hatte auch der keine Lust auf das Hai-Sequel. Stattdessen war er ursprünglich vorgesehen für eine Rolle in dem Klassiker Die durch die Hölle gehen. Doch aufgrund kreativer Differenzen verließ Scheider das Projekt wieder. Da er einen drei Filme Deal mit Universal Pictures unterschrieben hatte (Film 2 ist Atemlos vor Angst), blieb ihm nichts anderes übrig, als nochmals nach Amity zurückzukehren um die Jagd auf den weißen Killer zu wiederholen und seinen Vertrag zu erfüllen.

Die Dreharbeiten begannen schließlich unter Regisseur John D. Hancock, der eine düstere Vision verfolgte. In seiner Variante war Amity nahezu eine Geisterstadt, die arg unter den Ereignissen vor vier Jahren litt. Der schmierige Len Peterson, der schon in der finalen Version nicht gut weg kam, hatte zudem Kontakte zur Mafia und somit Bürgermeister Vaughn in seiner Tasche. Ein Aspekt, der tatsächlich im Roman von Peter Benchley eine Rolle spielte. Doch nach einem Monat Dreh waren die Produzenten alles andere als glücklich mit dem Material. Sie wollten einen eher positiv stimmenden Sommerblockbuster und kein düsteres Machwerk. Da Hancock dann noch eine junge Darstellerin feuerte, die sich als Liebchen eines der hohen Universal-Tiere herausstellte, war seine Drehzeit flugs vorbei.

Mit Jeannot Szwarc auf dem Regiestuhl wurde der Ton des Filmes weitaus heller und freundlicher, doch es sollten sich andere Probleme dazugesellen. Denn Roy Scheider, der eh nur bedingt Lust auf das Sequel verspürte, kam so gar nicht mit dem neuen Regisseur zurande. Vor allem stieß ihm sauer auf, dass mehr Zeit in die Schauspielführung der Kids investiert wurde, als sich um die Stars (also Scheider, Scheider und Scheider) zu kümmern, was den gehörnten Schauspieler dazu motivierte, abends auch mal in seinem Hotelzimmer zu randalieren. Berichten zufolge mündete der Streit in einer handfesten Auseinandersetzung zwischen den beiden Streithähnen.

Ein weiteres Problem ergab sich mit Murray Hamilton. Dessen Frau war an Krebs erkrankt und eine schwere Behandlung stand ihr bevor, weswegen man Murrays Szenen auf ein Minimum reduzierte und in aller Eile abdrehte. Aus diesem Grund verschwindet er nach der abendlichen Rathaussitzung auch aus dem Film, was äußerst bedauerlich ist, da seine Figur zu den interessanteren gehört. Immerhin ist er kein Bösewicht, sondern ein, im Interesse der Stadt handelnder, Sturkopf, der wesentlich positiver wegkommt als Kollege Peterson, dem Brody an einer Stelle „vielleicht ordentlich eine aufs Maul“ hauen möchte. Naja, er hat sich dann ja an Szwarc abreagiert.

Weitere kleine Zwischenfälle gab es immer wieder. So wurden die schiffbrüchigen Teenager ein einem Drehtag plötzlich von einem Hammerhai umkreist. Panisch riefen die Kids um Hilfe, doch die Crew hielt dies für Schauspiel und zeigte sich begeistert, statt helfend einzugreifen. Ein weiteres Problem gab es mit  der Strominsel Cable Junktion, die in wirklichkeit ein großes Plastikgebilde war, welches sich gerne mal losriss und laut Regisseur an einem Tag „auf den Weg nach Kuba“ begab. Wer zudem genau hinschaut, erkennt, dass der Großteil der Produktion in den kalten Wintermonaten stattfand, weswegen der Himmel oftmals grau war. Die Darsteller mussten, um ihren sichtbaren Atem zu kaschieren, mehrfach Eis lutschen.

Doch all dem Chaos zum Trotz ist aus Der weiße Hai 2 ein ordentlicher Sommerblockbuster geworden, der zwar nicht mehr die unfassbaren Geldsummen des Originals einspielte, sich trotzdem aber zu einem rentablen Hit mauserte. Es war zu der Zeit das erfolgreichste Sequel aller Zeiten, bis im Folgejahr Rocky in die zweite Runde ging.

Das Sequel kann natürlich nicht mit seinem prominenten Vorgänger mithalten. Spielberg verstand es, interessante Charaktere einzuführen und den Schrecken langsam zu steigern. Außerdem ließ er sich Zeit, bis er das „Monster“ zeigte. Szwarc hingegen war sich bewusst, dass dies nicht zu wiederholen war, da das Publikum eh wusste, wie der Hai ausschaut und ging daher einen anderen Weg. Bei ihm sieht man den Hai bereits beim zweiten Angriff in voller Action. Beim Handlungsverlauf ließ er sich trotzdem Zeit, um die Charaktere einzuführen, die, bis auf Brody, niemals über Durchschnittsslasher-Niveau herausragen. Trotzdem ist es genau diese lange Phase des Aufbaus, die hinten heraus, wenn die Teenies in Seenot geraten, dem Publikum das Mitfiebern erleichtern. Im letzten Drittel gibt der Film dann wahrhaft Vollgas und mündet erneut in einem coolen Finale. „Na los, mach Dein Maul auf!

Wie schon beim Vorgänger, so wurde auch hier in Deutschland einmal mehr bei den Veröffentlichung gepfuscht. Zur VHS-Zeit in Vollbild und auf DVD mit saumäßig blechern klingender, deutscher Tonspur ausgestattet, kann die Blu-ray Variante mit guter Bild- und Tonqualität im Original Kinoformat punkten, doch…. die irgendein Trottel hat den ersten Satz Brodys auf der deutschen Tonspur nicht mit Hansjörg Felmys Stimme versehen. Stattdessen brabbelt uns der französische Synchronsprecher entgegen. Korrigiert wurde der Fehler nachträglich nicht. Bei den gängigen Streamingdiensten ist die HD-Version fehlerfrei. Wie es mit der 4K-Version ausschaut, kann ich leider nicht sagen.

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