Augen auf im Ein-Euro-Shop! Denn neben allerlei Schlunz gibt es etliche Filme aus Asien in der Schütte, die eine genauere Betrachtung wert sind. Die historischen Schwerkampffilme kann man oft getrost liegen lassen, doch wenn die Settings der Streifen neuzeitlicher werden, sollte man mal genauer hinsehen. Meine Alarmglocken schrillten, als mir dieser Streifen in die Hände fiel. Regisseur Kim Jee-woon drehte zuvor I SAW THE DEVIL (2010), A BITTERSWEET LIFE (2005) und THE GOOD, THE BAD, THE WEIRD (2008) in dem ebenfalls Hauptdarsteller Song Kang-ho mitmachte, der ebenso in THE HOST (2006), SNOWPIERCER (2013) und MEMORIES OF MURDER (2003) schon die Hauptrolle. Sollte das ein Glücksgriff sein? Schnell ist der Euro gezückt.

Originaltitel: Mil-jeong

Regie: Kim Jee-woon

Darsteller: Song Kang-ho, Lee Byung-hun, Yoo Gong

Artikel von Kai Kinnert

Korea in den 20er Jahren: Das Land ist von der Kolonialmacht Japan besetzt. Um die feindlichen Besatzer empfindlich zu treffen, plant der Widerstand einen großen Anschlag in der Hauptstadt. Der koreanische Kommissar Lee (Song Kang-ho) wird beauftragt, die Drahtzieher hinter dem geplanten Attentat ausfindig zu machen und auszuschalten. Lee beginnt allerdings, an seiner Mission zu zweifeln, und entschließt sich, den Rebellen zu helfen. Damit beginnt ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel, denn auf Verrat steht die Todesstrafe und unter den Widerstandskämpfern gibt es einen Doppelagenten, der die Japaner mit Informationen füttert.

Der Streifen ist kein Actionfilm, sondern ein Drama und Spionage-Thriller mit gekonnter Action und einer spannenden Story, die die Entwicklung seiner Figuren nicht vergisst. Es gibt also einiges an Handlung, der man nicht nur mit halben Ohr folgen sollte. Doch da Kim Je-woon im Regiesattel sitzt und er mit I SAW THE DEVIL schon höchsten Produktionsstandart bewiesen hatte, wird auch hier in Sachen Eleganz in der Inszenierung und Ausstattung alles aufgefahren, was das Studio hergibt. Und so ist der Look von THE AGE OF SHADOWS von der ersten Minute an brachial gut gefilmt und hervorragend ausgestattet, auch wenn natürlich vieles auf dem Studiogelände gedreht worden ist. Neben der hervorragenden Kamera und einer guten Besetzung kommt noch die treibend-spannende Filmmusik von Mowg, der schon bei I SAW THE DEVIL für die passende Untermalung sorgte.

Wie jeder guter Agentenfilm beginnt es mit einer Actionszene. Kommissar Lee will mit seiner Hundertschaft einen Widerstandskämpfer festnehmen und eröffnet so den Film in den ersten acht Minuten mit einer dynamisch-eleganten Verfolgungsjagd über Dächer und durch Gassen eines Dorfes in der Nähe von Seoul. Das alles findet in der Nacht im aufwändigen Licht des Vollmonds statt und ist toll gefilmt. Nach dem schwunghaften Anfang und der somit perfekten Einführung für Kommissar Lee beginnt die Story um die Widerstandskämpfer gegen die japanische Besatzungsmacht. Kommissar Lee ermittelt gegen die Widerstandskämpfer und es beginnt ein durchdachtes Katz- und Maus-Spiel, bei dem es letztendlich darum geht, auf wessen Seite Kommissar Lee nun wirklich steht und wer der Verräter im Widerstand ist. Kleinere Actionmomente, die sich plötzlich ergeben, lockern die Handlung im fantastisch ausgestattetem und ausgeleuchtetem Setting auf.

Natürlich darf eine Fahrt im Zug mit Verfolgern und Verfolgten nicht fehlen. Die Polizisten fahnden im Zug nach der Widerstandgruppe und es ist klar, dass es dabei krachen wird. Spannend aufgezogen und später in eine größere Actionszene übergehend, spitzt sich die Zugfahrt in einen blutigen Schußwechsel zu und lüftet außerdem weitere Geheimnisse um das geplante Attentat.

Als der Zug dann im Bahnhof ankommt, dreht Regisseur Kim Jee-woon weiter an der Actionschraube und greift den Faden vom dynamischen Anfang auf, als es mit Schwung über die Dächer ging. Der Spannungsaufbau im Bahnhof ist großartig und noch besser als im Zug. Die japanische Armee wird nämlich zugreifen und die Widerstandsgruppe, eben noch im Zug davon gekommen, hat kaum eine Chance unerkannt zu entkommen. Als würde der Geist von Michael Mann und Brian De Palma über Kim Jee-woon schweben, sind die Szenen aus Bewegung, Blicken, Anspannung und Musik in der großen Bahnhofshalle allerfeinstes Spannungskino, dass sich abschließend in einer perfekt inszenierten Actionsequenz entlädt.

Danach fängt sich der Film wieder zu einem Spionagefilm, bei dem es letztendlich um die Frage der Loyalität und das Drama seiner Figuren geht. Doch ab jetzt sind viele Positionen geklärt und es bleibt straff. Es kommt zu Folterverhören, weiteren Schusswechseln, Fluchten und einem schmerzhaften, inneren Erkenntnisprozess bei Kommissar Lee. Und gerade als man denkt, alles sei nach einer Gerichtsszene nun zu Ende erzählt, geht es noch 20 Minuten weiter. Das gab es bei PEARL HARBOR (2001) auch, doch bei THE AGE OF SHADOWS macht es Sinn und es wird nochmal elegant-knackig.

THE AGE OF SHADOWS ist ein großartiger Film. Vielleicht ein Stückchen zu lang, aber ansonsten in wirklich allen Belangen der beste Streifen aus Südkorea der letzten Jahre. Kim Jee-woon hat von der ersten bis zu letzten Minute seinen Film perfekt im Griff. Licht, Kamera, Musik und Ausstattung sind elegant und durchdacht eingesetzt. Die Besetzung ist super, allen voran Song Kang-ho als Kommissar Lee. Nicht nur die Fans des asiatischen Kinos finden hier eine sehenswerte Perle, auch der Filmfreund allgemein sollte hier zugreifen, wenn ihm im Ein-Euro-Shop die BluRay in die Finger fällt. Es lohnt sich.

Das Bild der BD ist satt und knackig, der Ton satt. Als Extras gibt es Interviews und Trailer.

Trailer:

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