Gaming soll ja nun wieder einer meiner Schwerpunkte werden. Den Startschuss gibt dabei die neue Kategorie „Gaming aus dem Nähkästchen“. Keine Review, keine Analyse, keine History of Gaming. Einfach nur persönliche Erinnerungen an Spiele, an die ich mich gerne zurück erinnere. Den Startschuss gibt dabei ein wahrer Genre-Klassiker ab, der den meisten Gamern der 90er ein Begriff sein dürfte. Ein Herrenhaus ist ja auch richtig fein – wenn man keine unangenehmen Gäste darin vorfindet.

Artikel von Victor Grytzka

Das Jahr ist 1996, die Sommerferien sind vorbei und ein Spiel ist in dem Pausenhof-Talk unserer Realschule der „heiße Scheiß“.  Die sechste Klasse hatte für mich gerade erst begonnen. Doch die Frage war nicht, was mich wohl an Unterrichts-Stoff erwarten würde, NEIEEEN, es wurde lediglich gefragt: EY, KENNSE RESIDENT EVIL? Da musste ich erst mal „Nö“ sagen. Denn ich war 1996 stolzer Besitzer (und das ist noch nicht mal gelogen, ich mochte die Kiste wirklich) eines Atari Jaguar. Ich war aber auch der einzige Schüler der gesamten Schule, der den leider erfolglosen 64-Bitter besaß. Während ich mir mit „Doom“ ein brutales Stelldichein lieferte, war bei den anderen Schülern die Playstation ganz hoch im Kurs. Und „Resident Evil“ war eben das Spiel der Spiele. Ultra brutal sollte es sein, und gruselig, wie ein echter Horrorfilm, mit Sprachausgabe und echten Videos. Und – damals ganz wichtig – in 3D! 3D!!! Dreeeei-Deeeeh!

So verstrich das Jahr, und das Schulhof-Geschnatter drehte sich weiterhin um Zombies, Herrenhäuser und darum, dass Jill Valentine wohl verdammt heiß sein sollte. Gut, nun hatte ich mit 12 Jahren noch nicht so das Interesse an Frauen. Aus heutiger Sicht stimme ich dem präpubertären Liebesrausch meiner Mitschüler allerdings zu. Jill war / ist ein heißes Gerät. Nun ja, das Jahr 1997 kommt. Immer noch halte ich krampfhaft an meinem Jaguar fest, obschon ich sehr genau wusste, dass bald ein neues Spielgerät her muss, wenn ich ein Teil der Schülerkultur sein sollte. Also kam es, wie es wohl kommen musste. „Mama, ich brauch ’ne Playstation!“.  Diese ausgeklügelte Taktik fand natürlich kein Gehör, und bis auf den Hinweis dass ich doch darauf sparen solle, kam keine weltbewegende Resonanz zurück. Also spielte ich weiter „Tempest 2000“, „Cybermorph“, „Theme Park“ und „Doom“ auf meiner Raubkatze. Und wir hatten in diesem Jahr einen PC – ein flotter Pentium MMX mit 200 MHz – bekommen. Auch zu diesem Thema wird es sicherlich in Zukunft einige Anekdoten geben.

Zu nah am Grill gestanden – Chris Redfield!

Nun verschwimmt meine Erinnerung ein wenig. Es muss Herbst / Winter 1998 gewesen sein, als wir Tantchen und Onkel im schönen Westerwald besuchten. Mein Cousin hatte gerade eine Playstation bekommen, und das musste ich mir natürlich genauer ansehen. In meinem Freundeskreis waren ausschließlich Nintendo-Kids, und gerade mal zwei Personen, die eine Playstation  besaßen. Bis auf „Tekken 2“, „Abe’s Oddysee“ und „Olympic Summer Games – Atlanta 1996“ hatte ich allerdings noch nichts gespielt, denn wirklich viel hatte ich mit den beiden Leuten nicht zu tun. Ich erinnere mich noch, dass mein Cousin „Bubble Bobble featuring Rainbow Islands“, „Spot goes to Hollywood“ und „PaRappa the Rapper“ besaß, welches mich damals besonders beeindruckt hatte. Toll, jetzt hab ich wieder einen Ohrwurm… „Kick, Punch – it’s all in the Mind…“. Aber gut, zurück zum Thema.

Sorry, der muss jetzt sein!

Da kam sein älterer Bruder rein und hatte „Resident Evil – Director’s Cut“ aufgetrieben. Nix wie rein damit, und erst mal das Intro angeschaut. Ich war total weg gehauen. Wie ein richtiger „Schplädder-Film“! Ich war sowas von geflasht, und konnte es kaum erwarten, endlich mehr davon zu sehen! Doch – da wurde erst einmal nichts draus. Denn an Gameplay war nicht zu denken, denn schließlich schwirrte mein (kleiner) Cousin ja noch da rum. Zum ersten war es ja seine PlayStation, und er war auch noch ne Ecke jünger als ich. Und ich war damals ja gerade erst 13. Das ging nicht klar – schade.

Das Schicksal meinte es dann doch noch gut mit mir. Im Oktober 1998 kam mein Geburtstag, und ich hatte endlich die Mücken beisammen um mir meine eigene Playsi zu kaufen. Ja, wir sagten damals Playsi, das tun die Kids heute noch. Wir waren also Vorreiter einer Bewegung, ist ja auch was. Ab zum Real und die hart gesparten Kohlen in ein „Dual Shock Set“ investiert. Das lag damals bei 279 DM, wenn ich nicht irre. Übrig waren dann noch 50, gerade genug für ein Spiel, und die sollten gut investiert sein. Nein, ich habe mir kein „Resident Evil“ gekauft. Denn meine Mutter hatte einen kontrollierenden Blick auf die Games, die ich (zumindest in ihrer Anwesenheit) kaufen durfe. Es wurde „Heart of Darkness“, und damit waren meine 50 Taler weg. Ich meine mich zu erinnern, dass mein Bruder eine Memory Card hat springen lassen. Und nun kommen wir zu dem Teil, in dem ich endlich dazu kam, einen Ausflug in das Herrenhaus zu unternehmen.

Diese Trash-Granate hat mich damals total fasziniert!

Weihnachten 1998 kam, und ich hatte schon ein paar Games beisammen. Neben dem oben erwähnten „Heart of Darkness“, hatten sich „Sim City 2000“, „Formel 1 ’98“ und „Tekken 2“ gesellt. Weihnachten sei Dank! Im Frühjar 1999 bekam ich Kontakt zu dem Sohn der Nachbarn meiner Großeltern, den ich von Kindesbeinen auf kannte, und der nun (natürlich ein paar Jahre älter als ich) direkt bei uns ums Eck wohnte. Wir hatten auf der Straße mal kurz gesprochen, und er sagte, er könne mir ein paar gute Spiele leihen. Gesagt, getan. Und, was war dabei? Natürlich „Resident Evil“ im Director’s Cut. Direkt in das graue Viereck geschmissen, und die „Power“-Taste betätigt. Erst mal wieder Intro gucken. Und jetzt spielte ich es – nur für mich alleine – zum allerersten mal!

Leckomio, war das gruselig. Ich erinnere mich, dass ich total angespannt vor meinem kleinen 36cm Fernseher gehockt habe, und mir beinahe das Herz in die Hose gerutscht ist. Das große Herrenhaus, die schaurige Musik, dieses Gefühl der Isolation. Ich konnte mich da so richtig schön rein steigern. Natürlich hab ich es nicht weit gebracht beim ersten Versuch. Wie wild um mich geballert, kein Farbband zum abspeichern eingesackt, keinen Plan wo ich hin muss… also wieder von vorne, und wieder diese scheiß Hunde die durchs Fenster springen, und wieder rutscht mir ein Köttel in die Buxe… Irgendwie war mir das zu anstrengend, so dass ich immer nur sporadisch gespielt habe. Irgendwann kam dann ein Kumpel vorbei, und der kannte das Spiel auch noch nicht, hatte aber viele Dinge darüber gehört. Und nun kommen wir zu dem Punkt, der Titelgeber dieser Story ist. Wir sitzen da in meinem kleinen Zimmer auf dem Dachboden, das quasi als „Zockzimmer“ diente. Sofa, TV, Playstation – alles da! Wir schleichen also durch dieses Zombie verseuchte Anwesen, die Hunde springen – wieder mal – durch die Fenster und dann… RUMMS – springt die Tür des Zimmers auf. Laute Aufschreie, der Controller fliegt, das Herz rast… und dann haben wir Tekken gespielt. So ist das halt, wenn man Durchzug auf dem Dachboden hat.

Ja, doch! Ein Schnuckelchen, die Jill! Mhh… Jill-Sandwich *hrhr*

Das ist nun über 20 Jahre her, das Spiel habe ich mehrfach erfolgreich beendet. Die Atmosphäre packt mich noch, Angst habe ich aber keine mehr. Ich bin ja schon groß, und in meiner Wohnung zieht es nicht. Vielleicht war dieser Bericht nun so ganz anders, als manch ein Leser es vielleicht erwartet hat. Ich hoffe, es hat trotzdem gefallen. Bis bald!

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