Stan Laurel und Oliver Hardy, hierzulande vor allem unter dem Namen „Dick und Doof“ bekannt, sind wahrscheinlich die Großväter der Slapstick-Comedy und zu Recht Legenden ihrer Zunft. Mit STAN & OLLIE (2018) hat Regisseur Jon S. Baird den Beiden nun ein längst überfälliges Biopic gewidmet, welches nun von Capelight Pictures für das Heimkino erscheint. Wir haben uns die sanfte Tragikomödie angesehen und verraten Euch, was diesen Film auf so schöne Art und Weise von ähnlich gelagerten Kollegen unterscheidet.

Originaltitel: Stan & Ollie

Drehbuch: Jeff Pope; basierend auf dem Buch „Laurel & Hardy – The British Tours“ von A.J. Marroit
Regie: Jon S. Baird

Darsteller: Steve Coogan, John C. Reilly, Shirley Henderson, Nina Arianda, Rufus Jones, Danny Huston…

Artikel von Christopher Feldmann

Ältere Leser, und deren Eltern, können wahrscheinlich noch schwärmend davon erzählen, wie sie zahlreiche Sketche von Stan Laurel und Oliver Hardy im Fernsehen gesehen haben. Immerhin sendete das ZDF in den 1970er Jahren eine ganze Reihe an Kurz- und Langfilmen des legendären Duos im Vorabendprogramm. Ich gehöre zwar nicht mehr zu dieser Generation, erkenne aber an, welchen Einfluss die zahlreichen Gag-Paraden von „Dick und Doof“ auf das Genre hatten. Man kann es sich kaum vorstellen, aber die beiden Künstler waren Weltstars und das wohl berühmteste Komiker-Duo, welches jemals existiert hat. Ihre Hochphase hatten die Beiden in den 1930er Jahren, in denen sie einen Erfolg nach dem anderen landeten. Jon S. Baird erzählt in seinem Biopic-Drama STAN & OLLIE (2018) aber zur Abwechslung keine glorreiche Ruhmesgeschichte, die sich genüsslich im Hollywood-Glanz suhlt, sondern spart die Karriere-Highlights ungewohnter Weise aus. Stattdessen konzentriert sich der Film auf die Spätphase der beiden Partner, in der nicht mehr alles so rosig war wie einst. Dafür hat Baird einen berührenden, sanftmütigen Film abgeliefert, der zwar sehr brav daherkommt aber einen wunderschönen Einblick in die tiefe Verbundenheit zweier Weggefährten gibt, deren Spuren auf ewig erhalten bleiben werden.

Handlung:
Die glorreichen Zeiten von Stan Laurel (Steve Coogan) und Oliver Hardy (John C. Reilly) sind längst vorbei. Die beiden ehemals gefeierten Komiker schaffen es seit Jahren nicht mehr, im Filmgeschäft Fuß zu fassen. Eine Tournee durch Groß-Britannien, bei der sie alte Sketche noch einmal in einer Theater-Show aufführen, soll für zahlreiche Zuschauer und klingelnde Kassen sorgen. Immerhin wollen Laurel & Hardy den ersehnten Erfolg nutzen, ein neues Filmprojekt an einen britischen Produzenten zu bringen. Doch die Ernüchterung ist groß, als die gebuchten Theater zunehmend leer bleiben.

STAN & LAUREL wandelt offensichtlich in den Parametern, die für Biopics zu festen Regeln geworden sind, macht aber doch viel anders. Das liegt vor allem daran, dass Drehbuchautor Jeff Pope nicht viel Zeit darauf verschwendet, die glorreichen Tage des Duos abzufeiern. Stattdessen konzentriert sich der Film nahezu komplett auf die Dämmerjahre der Ausnahmekünstler. Lediglich die Eröffnungsszene, die mit einem eleganten One-Take eingeleitet wird, führt dem Zuschauer nochmal vor Augen, welchen Stellenwert „Dick & Doof“ einmal hatten, wenn sie in trauter Zweisamkeit über ein Studiogelände in Hollywood schlendern, um einen ihrer bekanntesten Filme, den Western-Klamauk ZWEI RITTEN NACH TEXAS (1937), zu drehen. Diese Szene ist auch essenziell für die spätere Beziehung der Beiden im weiteren Verlauf des Films. Laurel fühlt sich, trotz Welterfolg, unterbezahlt und geht auf Konfrontation mit Studio-Boss Roach, während Hardy seinen sicheren Vertrag nicht gefährden möchte, haben Scheidungen, Pferderennen und Golf-Partien doch für Ebbe in der Haushaltskasse gesorgt. Laurel schmeißt hin, während Hardy seinen bestehenden Vertrag erfüllt und mit dem Ex-Comedystar Harry Langdon einen neuen Partner zur Seite gestellt bekommt.

Danach springt die Handlung ins Jahr 1953. Stan und Ollie sind, trotz der kurzen Trennung, zusammen unterwegs, schreiben an neuen Gags und gehen auf Tournee, doch der „Verrat“ Hardys hängt nach wie vor wie ein Damoklesschwert über der Beziehung. Pope bringt somit kurz und knackig die Figuren und ihre Beweggründe in Stellung und hat zugleich auch die Persönlichkeiten ausreichend gezeichnet. Nun verbringt der Zuschauer Zeit mit den Hauptfiguren, die sich im Rahmen ihrer Tour behaupten und wieder relevant machen müssen. Dabei geht der Film sehr behutsam und sorgfältig zu Werke. Bei knapp 100 Minuten passiert das auch ausgesprochen kurzweilig. STAN & OLLIE ist kein schwerer Brocken und leicht zu konsumieren, ist stellenweise witzig aber auch sanft und rührselig und oft sehr melancholisch. Zwei gealterte Stars, die es noch einmal wissen wollen, hat man schon oft gesehen aber selten so warmherzig wie in diesem Film.

Regisseur Jon S. Baird geht mit viel Feingefühl zu Werke und hat sichtlich großen Respekt vor seinen Hauptfiguren. STAN & OLLIE ist kein Enthüllungsfilm, kein abrechnendes Drama, dass dem Zuschauer die „wahre Seite“ zeigen will, wobei die Frage ist, ob es wirklich eine wahre, ungeschönte Seite gab. Nein, in dem Film geht es um Freundschaft, um das gegenseitige „ergänzen“, um zwei Partner, die mehr als nur Kollegen waren und nicht ohneeinander existieren konnten. Das mag oft etwas arg zurückhaltend erzählt sein, macht aber als Verbeugung und Hommage an zwei Ikonen großen Spaß.

Den Löwenanteil an der gelungenen Aufarbeitung leisten dabei aber die Hauptdarsteller. Steve Coogan und John C. Reilly brillieren in ihren Rollen und spielen täuschend echt auf. Gerade Reilly ist kaum wiederzuerkennen und sieht Hardy zum Verwechseln ähnlich, natürlich mit Fat-Suit und dickem Make-Up. Die beiden verkörpern ihre Rollen so gefühlvoll und lebensecht, dass man beim Abspann nicht nur arg wehmütig wird, sondern auch das Gefühl hat, die beiden wirklich kennengelernt zu haben. Das ist, meiner Meinung nach, immerhin das A und O eines Biopics.

Die Veröffentlichung für das Heimkino übernimmt Capelight Pictures. Bild und Tonqualität der Blu-Ray sind, wie zu erwarten, einwandfrei, wer aber den vollen Filmgenuss haben möchte, sollte nach dem 3-Disc Mediabook Ausschau halten. Neben einem Gespräch mit dem Regisseur und den Darstellern, enthält das Bonusmaterial noch zwei Featurettes, Kinotrailer und einen originalen Kurzfilm mit dem Titel DER ZERMÜRBENDE KLAVIERTRANSPORT (1932), über den im Film in einer Szene gesprochen wird. Größtes Schmankerl ist die Bonus Blu-Ray, die mit einer Dokumentation in Spielfilmlänge aufwartet und die Beziehung der beiden vertieft. Ein rundes Paket für Fans und Nostalgiker und eine Kaufempfehlung von uns.

Fazit:
Mit STAN & OLLIE (2018) zollt Jon S. Baird den beiden Kult-Komikern und Slapstick-Legenden Stan Laurel und Oliver Hardy Respekt. Auf warmherzige, charmant melancholische Weise zeichnet das Biopic sie späten Jahre des Duos nach, was von Steve Coogan und Jon C. Reilly kongenial verkörpert wird. Ein berührender, einfühlsamer Film, der sich die üblichen Klischees verkneift und einfach eine schöne Geschichte über Freundschaft erzählt. Absolut sehenswert!

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