Passend zu den sinkenden Temperaturen, hat Koch Films mit NOMIS – DIE NACHT DES JÄGERS (2018) einen eiskalten Psycho-Thriller veröffentlicht, der mit Stars wie Henry Cavill, Alexandra Daddario und Sir Ben Kingsley aufwartet. Wir haben uns die neue Veröffentlichung angesehen und verraten euch, ob die filmische Serienkiller-Hatz mit anderen Genre-Kollegen mithalten kann.

Originaltitel: Nomis (alt. Titel: Night Hunter)

Drehbuch & Regie: David Raymond

Darsteller: Henry Cavill, Alexandra Daddario, Ben Kingsley, Stanley Tucci, Brendan Fletcher, Eliana Jones, Minka Kelly, Nathan Fillion…

Artikel von Christopher Feldmann

Egal ob John Doe oder Buffalo Bill, in den vergangenen Jahrzehnten bekamen es die Zuschauer mit einigen Serienkillern auf der Leinwand zu tun, die für handfesten Thrill und stockenden Atem sorgten und ihren festen Platz im kollektiven Gedächtnis der Genre-Fans haben. Filme wie SIEBEN (1995), DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER (1991) oder PRISONERS (2012) haben Grenzen ausgelotet und die Spannungskurve immer weiter angezogen, was es zukünftigen Filmemachern schwierig macht, den großen Vorbildern noch ein Schnippchen zu schlagen. David Raymond liefert nun mit NOMIS – DIE NACHT DES JÄGERS (2018) eine weitere Variante des beliebten Motivs „Cops jagen Serienkiller“ ab und gibt sich sichtlich Mühe, den eben genannten Werken Paroli zu bieten und gleichzeitig seine Referenz zu erweisen. Auch wenn er mit seinem düsteren Psycho-Spiel qualitativ deutlich hinter den ehrenwerten Klassikern bleibt, ist der Streifen definitiv nicht frei von Unterhaltungswert.

Handlung:
Der abgebrühte Ermittler Marshall (Henry Cavill) macht mit seiner Kollegin, Profilerin Rachel (Alexandra Daddario), Jagd auf einen perfiden Serienkiller, der seine weiblichen Opfer über das Internet kontaktiert. Bei ihren Ermittlungen stoßen sie auf den Ex-Richter Cooper (Ben Kingsley), der, mitsamt Lockvogel Lara (Eliana Jones) , pädophile Triebtäter zur Rechenschaft zieht. Als Lara jedoch in die Hände des Täters fällt, schaffen es die Polizisten den Gesuchten über Coopers Peilsender aufzustöbern. Simon (Brendan Fletcher) entpuppt sich jedoch als schwer geisteskrank und schizophren, dessen perfides Verhalten durch sein kindliches Wesen kaum erklärbar scheint. Während Rachel versucht, ihm Informationen zu entlocken, geschehen weitere Morde, denen auch Kollegen aus den eigenen Reihen zum Opfer fallen. Existiert ein Komplize?

Eine Frau auf der Flucht durch die eisige Kälte. Bevor sie von ihrem Verfolger geschnappt wird, wählt sie den Freitod und stürzt sich von einer Brücke direkt auf einen vorbeifahrenden Lastwagen. NOMIS beginnt recht spannend und verheißungsvoll und der Thriller- und WhoDunIt-Fan in mir freut sich auf 90 Minuten frisches Futter, auch wenn man bei solch einem Film der, trotz hochkarätiger Besetzung, direkt auf Blu-Ray und DVD erscheint, seine Erwartungen etwas runterschrauben sollte.

Und tatsächlich, David Raymonds Psycho-Thriller zündet nicht so richtig. Das liegt aber nicht an der ordentlichen Prämisse, die uns der Film vor Augen führt, denn der Plot klingt auf dem Papier erstmal ziemlich vielversprechend und hat tatsächlich einige gute Spannungsmomente zu bieten. Raymond, der auch für das Drehbuch verantwortlich ist, wendet einige Kniffe an, die man aus anderen Filmen kennt, um den Zuschauer stets bei Laune zu halten. Das funktioniert an vielen Stellen ganz gut, wirkt aber teilweise auch etwas wenig originell, denn der Film bedient sich inhaltlich und stilistisch sehr stark bei bekannten Vertretern des Genres. Wer gut aufpasst, findet eine gute Portion SIEBEN (1995), einen gehörigen Schuss ZWIELICHT (1996), einen Spritzer DENN ZUM KÜSSEN SIND SIE DA (1997) und eine Prise DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER (1991) in diesem bunten Gemisch wieder. Raymond baut genüsslich die Versatzstücke zusammen und erzeugt ein Konstrukt, dessen gute Momente immer wieder durch fehlende Logik, hanebüchene Zufälle und Klischees etwas ausgebremst werden. So läuft Henry Cavill immer wieder durch irgendwelche Gebäude, die Polizisten treffen teilweise Entscheidungen, die nicht immer nachvollziehbar sind und es passieren diverse Dinge, bei denen der Zufall schon arg weit hergeholt sind, besonders wenn Cavill und Daddario Informationen suchen und die benötigten Akten gleich in der ersten Kiste finden. Solche Momente und das offensichtliche Recycling bekannter Motive macht NOMIS nicht originell, sondern lässt ihn stellenweise wie aufgewärmtes von gestern wirken.

Das sahen viele andere Kritiker ähnlich und watschten den Thriller ziemlich hart ab. So schlecht wie er teilweise gemacht wird, ist NOMIS aber nicht, dazu serviert der Film einige Spannungsmomente zu gekonnt. Gerade die düsteren Momente funktionieren und atmosphärisch fühlt man sich an unterkühlte Krimis aus dem skandinavischen Raum erinnert. Auch hat NOMIS einen guten Twist in petto, der mich durchaus überrascht hat. Wenn man manche Logiklöcher ausblendet und viele Entscheidungen hinnimmt, schafft es der Film, den Zuschauer bei der Stange zu halten, denn auch wenn ich öfters die Stirn gerunzelt habe und immer wieder genau voraussehen konnte, was gleich passiert, wollte ich wissen wie der Film endet. Doch leider ist das Finale arg konventionell geraten und stinkt gegenüber des restlichen Materials etwas ab. Was funktioniert, ist die kühle Optik und Düsternis, mit der Raymond seinen Thriller inszeniert. Handwerklich absolut solide.

Auch die Darsteller machen einen größtenteils guten Job. Henry Cavill funktioniert, trotz Kischees, als grumpy Cop, der immer wieder seine Aggressionen zurückhalten muss, während Ben Kingsley als Selbstjustiz-Richter eine ziemlich gute Figur macht. Gerade seine Einführung ist sehr unterhaltsam und dürfte manchen Menschen aus der Seele sprechen. Zudem dürfte NOMIS einer der letzten Filme sein, in denen Kingsley von Peter Matic synchronisiert wird. Der Sprecher und Schauspieler starb im Juni diesen Jahres. Auch Stanley Tucci spielt routiniert den knallharten Vorgesetzten, während Alexandra Daddario zwar unbestritten hübsch ist, ich ihr die Profilerin aber nicht abnehme. Die Geister werden sich auch an Brendan Fletcher scheider, der hier als vermeintlicher Serienmörder mit akuter Schizophrenie eine ziemlich aufgedrehte Performance abliefert und oft ziemlich drüber ist, was ab und an echt nervig ist. Zumindest die Auflösung seiner Figur ist gut gelungen.

Koch Films hat den Thriller als Blu-Ray und DVD im Heimkino veröffentlicht. Bild- und Tonqualität sind sehr gut, die Extras sind leider ziemlich mager, beinhalten sie doch nur den originalen und den deutschen Trailer.

Fazit:
NOMIS – DIE NACHT DES JÄGERS (2018) ist kein neues Genre-Highlight, sondern bedient sich freudig bei wohl vertrauten Klassikern, um daraus ein eigenes Süppchen zu kochen. Das macht der Film gar nicht mal so schlecht, auch wenn der Genuss durch zahlreiche Klischees und Drehbuchpatzer gemindert wird. Trotzdem funktioniert die Atmosphäre und einige Momente haben den gewünschten Effekt, so dass man sich als Fan von Serienkiller-Filmen hier doch recht ordentlich unterhalten lassen kann, wenn man die Erwartungen herunterschraubt.

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