Er hat es uns versprochen! Nach der desaströsen Resonanz auf den zweiten Teil, versicherte uns Action-Legende Sylvester Stallone, dass der dritte Eintrag in die, mittlerweile auf dem Heimkino-Markt verschacherte, ESCAPE PLAN-Reihe viel besser werden würde. Nun erscheint ESCAPE PLAN: THE EXTRACTORS (2019) unter NEW KSM auch bei uns im Kaufhaus-Regal und wir haben mal vorab gecheckt, ob Sly sein Versprechen gehalten hat!

Originaltitel: Escape Plan: The Extractors

Drehbuch: Miles Chapman, John Herzfeld
Regie: John Herzfeld

Darsteller: Sylvester Stallone, Max Zhang, Dave Bautista, Jaime King, Devon Sawa, Curtis „50 Cent“ Jackson, Daniel Bernhardt…

Artikel von Christopher Feldmann

Sylvester Stallone muss niemandem mehr etwas beweisen, so viel steht schon mal fest. Der 73-jährige Haudegen hat eigentlich alles erreicht, was er erreichen konnte und hat es vermutlich auch nicht mehr nötig, im hohen Alter immer noch den unaufhaltsamen Action-Protz zu geben. Doch an Rente ist bei dem Italian Stallion wohl nicht zu denken, befeuert er doch nach wie vor konsequent seine gestandenen Franchises, zuletzt mit dem schönen CREED 2 (2018) und dem eher mauen RAMBO: LAST BLOOD (2019). Bevor uns vielleicht ein viertes EXPENDABLES-Abenteuer ins Haus steht, hat unser liebstes Knautschgesicht noch eine weitere Reihe beackert, bei der sich Stallone in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Wir erinnern uns an den Knast-Actioner ESCAPE PLAN (2013), der ihn erstmals an der Seite mit Gouvernator Arnold Schwarzenegger in gleichberechtigten Hauptrollen präsentierte. Obwohl der durchaus solide Streifen in den USA ein Flop war, schrieb er vor allem in Fernost schwarze Zahlen, was dazu führte, dass chinesische Geldgeber großes Interesse an einem Sequel zeigten, welches unter dem Titel ESCAPE PLAN 2: HADES im Jahr 2018 in die Kaufhausregale geschmissen wurde. Der günstig produzierte Actionfilm zog allerdings den Unmut der Fans auf sich, was zum einen an der schlampigen, wirklich miesen Regiearbeit, zum anderen an der geringen Screentime Stallones lag, der vermutlich nur ans Set kam, um seinen Gehaltsscheck abzuholen. HADES wurde einheitlich verrissen, sogar von Sly selbst, der sich im Nachhinein öffentlich für den Film entschuldigte und für den dritten Teil, für den er, aus unerfindlichen Gründen, bereits unterschrieben hatte, Besserung gelobte. Mit einem Schnürsenkel-Budget und gerade einmal 20 Tagen Drehzeit, entstand THE EXTRACTORS unter der Regie von Slys Kumpel John Herzfeld. Schon jetzt sei verraten, der Hollywood-Star hat sein Versprechen nur bedingt gehalten, denn obwohl der Film rein handwerklich besser geraten ist, ein unterhaltsamer Actioner sieht anders aus.

Handlung:
Als Daya Zhang (Malese Jow), Tochter eines Unternehmers aus Hong Kong, in die Hände skrupelloser Söldner fällt, findet ein USB-Stick den Weg zu Sicherheitsexperte Ray Breslin (Sylvester Stallone). Lester Clark jr. (Devon Sawa), Sohn von Breslins Ex-Partner, sinnt auf Rache und hat neben der gut betuchten Daya auch Rays Freundin Abigail (Jaime King) entführt. Beide werden von Clark und seinen Handlangern in einem alten Hochsicherheitsgefängnis in Lettland gefangen gehalten, weshalb Breslin seinen alten Kumpel Trent DeRosa (Dave Bautista) rekrutiert, um, mit der Unterstützung von Shen Lo (Max Zhang) und Bao Yung (Harry Shum jr.), das als „Devil’s Station“ bekannte Gefängnis zu infiltrieren und die Geiseln zu befreien.

Nach dem kolossal vermurksten zweiten Teil, hatte ich meine Erwartungen für ESCAPE PLAN 3 ziemlich weit unten angesiedelt und die ersten 90 Sekunden des Films, in denen lediglich Logos von beteiligten Produktionsfirmen aufgeführt werden, lassen schlimmes erahnen. Das einzige was ich von dem Streifen erwartet habe, war ja eigentlich nur halbwegs kompetent gemachte Haudrauf-Action, auf den Anspruch kann ich in diesem Fall getrost verzichten. Aber selbst diese Erwartungen wurden nur bedingt erfüllt, was vor allem daran liegt, dass eine richtige Story eigentlich kaum vorhanden ist. Man könnte fast meinen, für ein Drehbuch war keine Zeit, denn THE EXTRACTORS wirkt von Beginn an wie ein Schnellschuss ohne richtigen Plan und ohne ein wirkliches Konzept. Stattdessen hat man Sly, Bautista und Co. in einen alten Knast verfrachtet, sie einfach machen lassen und zum Schluss noch ein wenig Füllmaterial gedreht, um das Ganze auf 90 Minuten zu strecken, denn eigentlich gibt die Chose nicht viel mehr als 60 Minuten her.

Auch die Dialoge sind größtenteils ziemlich miserabel geschrieben, die Figuren nur oberflächlich präsent und mit der Logik hapert es auch an vielen Stellen. So tauchen Figuren aus dem Nichts auf und verschwinden wieder und sind zwischendurch auch mal für 15-20 Minuten abwesend. Ich bezweifle, dass während des Drehs überhaupt ein vollständiges Skript existierte.

Nicht allzu förderlich ist dabei die Tatsache, dass THE EXTRACTORS sichtbar billig aussieht. Die Sets sind spärlich, die Kulissen trist und der Sepia-Filter ist zugegeben gewöhnungsbedürftig. So sehr die Idee, statt Hightech-Gefängnis wieder auf dicke Mauern und kalten Stahl zu setzten, ganz nett ist und  auch wohlig an alte Zeiten von LOCK UP (1987) erinnert, richtig filmisches Feeling kommt nie auf, weil alles so unfassbar günstig aussieht. Immerhin verzichtet man, bis auf zwei miserable Explosionen, auf Computereffekte. John Herzfeld erweist sich, trotz schlechter Bedingungen als okayischer Handwerker, denn der Film ist zumindest besser gefilmt als der Vorgänger. Die Kamera ist immer bei der Sache und unübersichtliches Schnittgewitter sucht man gottseidank vergebens. Actiontechnisch kocht er dabei leider auch auf Sparflamme, denn bis auf zwei nette Martial-Arts Einlagen der asiatischen Kollegen und einem coolen Auftritt von Dave Bautista, ist kaum etwas erwähnenswert. Auch der Endkampf, den Sly so sehr wegen seiner Intensität und Härte angepriesen hat, ist völlig vergessenswert. Da man keine Zeit für eine Choreographie hatte, mussten die Darsteller improvisieren und das merkt man, wie auch an anderen Stellen.

Positiv ist wenigstens die Tatsache, dass Stallone deutlich mehr Screentime hat, als in HADES. So richtig was zu tun, hat er aber eigentlich nicht. Bevor er zwei Baddies und den Hauptbösewicht töten darf, beschränkt sich Slys Aktivität auf das Aufsagen belangloser Dialogzeilen und die Wanderung durch einen Tunnel. So richtig Bock hat schien der Altstar nicht gehabt zu haben und auch seine Versuche, richtig zu schauspielern, scheitern hier vollends. Nicht zuletzt, weil man zu keinem Zeitpunkt glaubt, dass er und die 33 Jahre jüngere Jaime King ein Paar sein könnten. Außer auf ein bis zwei Sätze deutet auch nichts darauf hin. Den eigentlichen Löwenanteil erledigt Max Zhang, bekannt aus MASTER Z: THE IP MAN LEGACY (2019), der wenigstens etwas Präsenz an den Tag legt. Dave Bautistas Auftritt beschränkt sich auch diesmal auf ein etwas besseres Cameo und Videotheken-Sternchen Daniel Bernhardt verkörpert einen gesichtslosen Henchman, dessen Kampfszene mit Big Dave durchaus in Ordnung ist. Devon Sawa gibt sich als einziger richtige Mühe und hinterlässt den besten Eindruck, während 50 Cent nur einen Tag Zeit für den Film gehabt zu haben schien.

NEW KSM bringt THE EXTRACTORS als Blu-Ray und DVD ins Heimkino, ungekürzt mit Freigabe ab 18 Jahren, obwohl hier auch ein 16er-Siegel drin gewesen wäre. Jürgen Prochnow stand auch für diesen Film hinter dem Mikrofon und durfte Stallone erneut seine Stimme leihen, in einer doch soliden Synchronisation. Die Extras bieten neben dem Trailer und einer Bildergalerie auch ein Making-Of, immerhin.

Fazit:
Mit ESCAPE PLAN: THE EXTRACTORS (2019) liefert Sylvester Stallone den nächsten Klopper für Zuhause und ist dabei diesmal äußerst Low-Budget unterwegs. Insgesamt besser zu genießen, als das Chaos im Vorgänger, wirklich gut ist das Sequel aber bei Weitem nicht. Billige Sets, doofe Dialoge und zwei solide Actionszenen reichen einfach nicht, um die Laufzeit zu rechtfertigen, von der ganze neun Minuten den Abspann bilden. Nur was für die ganz harten Stallone-Fans, die sich wirklich jeden Film mit dem ROCKY-Star ansehen. Immerhin stimmt Der am Ende mit seinem letzten Satz versöhnlich: „Ich habe die Schnauze voll von Gefängnissen!“. Hoffen wir es mal!

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