Der Film hat Stil. Regisseur Lee Chang-dong suchte, nach eigenen Worten, für jede Szene stilvolle Einstellungen in den passenden Farben. Und das ist ihm auch gelungen. Handgemacht und mit sehr vielen Aufnahmen im natürlichen Licht, drehte Lee diese mysteriöse Geschichte um drei Personen mit wenig Zuordnung und mannigfachen, stets rätselhaften Ebenen, die irgendwo zwischen Drama, Thriller und Sozialkritik pendeln. Das von der Fachwelt gefeierte Meisterwerk der leisen Töne ist nun frisch bei CAPELIGHT PICTURES erschienen und hinterlässt nach seiner Sichtung einen wesentlichen Eindruck: Zeit ist dehnbar.

Originaltitel: Beoning

Regie: Lee Chang-dong

Darsteller: Yoo Ah-in, Steven Yeun, Jun Jong-seo

Artikel von Kai Kinnert

Nach seinem Studium kehrt der junge Jongsu in sein Heimatdorf zurück. Ein zufälliges Wiedertreffen mit seiner Schulkameradin Haemi führt zu einer gemeinsamen Nacht. Jongsus Gefühle sind geweckt, doch der Zeitpunkt ist ungünstig – Haemi steht kurz vor einem lange geplanten Trip nach Afrika. Sehnsüchtig erwartet Jongsu den Tag ihrer Rückkehr. Am Flughafen trifft er Haemi jedoch nicht alleine an. Auf der Reise hat sie den wohlhabenden und mysteriösen Ben kennengelernt, der von nun an nicht mehr von ihrer Seite weicht. Als Haemi plötzlich spurlos verschwindet, stürzt die verzweifelte Suche nach ihr Jongsu in ein Labyrinth aus Misstrauen und Paranoia.

Burning basiert auf Haruki Murakamis Kurzgeschichte „Scheunenabbrennen“ von 1983 und faszinierte Regisseur Lee Chang-dong, weil in ihr quasi nichts wirkliches passiert. Er wollte die angedeuteten Zwischentöne herausarbeiten und machte aus der Kurzgeschichte einen 148 Minuten langen Film, in dem über weite Strecken dann auch tatsächlich nur wenig passiert. Die Versuchung liegt nahe, sich dem anzuschließen und eine Kritik zu schreiben, in der auch nichts passiert. Aber ganz so einfach ist es natürlich nicht, denn es gibt durchaus Spannungen in dem Film, die andeuten, dass es was mit Burning hätte werden können, wenn die Regie sich bei der Inszenierung mehr zusammengerissen hätte. Burning ist Filmkunst, ganz gewiss, aber die Kunst wird dann zum Selbstzweck, wenn sie nichts erzählt, wenn sie keine Ebene liefert, auf der der Betrachter das Kunstwerk immer wieder neu entdecken kann. Das Nichts in diesem Film liefert so wage eine übergeordnete Idee, dass die Laufzeit von 148 Minuten so ziemlich jeden Ansatz des Films durch den selbst empfundenen Anspruch Lees erstickt.

Lee verpasst es Burning syntaktisch zu Inszenieren. Zeit, Bild und Handlung laufen fröhlich nebeneinander her und haben nur selten eine Verbindung zueinander. Das kann man als Kunst deuten oder aber auch als Missverständnis. Und so entwickelt sich der Film nur schleppend, verliert sich minutenlang in Betrachtungen und Einstellungen, die letztendlich mit dem eigentlichen Plot nichts mehr zu tun haben und den Film künstlich aufblasen. Zu allem, was der Film hätte sein können, bezieht Lee keine Stellung und lässt einfach geschehen, bzw. nicht geschehen. Burning ist durchweg melancholisch und ändert seine Stimmung eigentlich nie. Spannung entsteht durch den mysteriösen Freund, der den Hauch eines Krimis mit sich bringt, doch auch dieser Punkt wird von Lee nach ein paar guten Anflügen wieder ausgebremst. Burning verläuft ständig nach dem gleichen Muster: Es wird interessant und dann bricht es ab und wird langweilig, da Lee den Bogen einfach nicht aufnimmt. Dann wird es wieder interessant und bricht ab. Das gleiche Spiel, bis zum Schluss.

Burning ist ein langatmiger und künstlicher Film. Regisseur Lee Chang-dong versäumte es, Timing und Idee in Einklang zu bringen und lässt so die optische Mühe des Streifens zäh verpuffen.

Der Film ist weder ein Krimi, noch ein Drama – obwohl er vorgibt beides sein zu können. Doch wo nichts ist, kann auch nichts werden und so wurde aus Burning ein Film, der lieber nur eine Kurzgeschichte geblieben wäre.

Bild und Ton der BD sind gut, als Extras gibt es ein Making Of, Trailer und Teaser. Das Mediabook beinhaltet den Film auf DVD, Blu-ray und 4K, ein 24 seitiges Booklet, sowie den Bonusfilm Peppermint Candy.

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