„Ich dachte, ich komm` mal vorbei, kaue Kaugummi und tret`n paar Leuten in den Arsch. Ich hab nur leider kein Kaugummi.“- Ein legendärer Satz, den Filmfans unweigerlich mit John Carpenters Science Fiction / Action Film in Verbindung gebracht wird. Der Kultregisseur überraschte damals seine Fans mit einer höchst satirischen Konsum- und Regierungskritik, die zwar, wie so oft bei ihm, an der Kinokasse nicht der große Wurf war, sich im Heimkino aber zum Kultstreifen mauserte. Wir haben uns die Scheibe von STUDIOCANAL einmal angeschaut.

Originaltitel: They Live

Regie: John Carpenter

Drehbuch: Frank Armitage

Darsteller: Roddy Piper, Keith David, Meg Foster, Norman Alden, George ´Buck´ Flower

Artikel von Christian Jürs

Der arbeitslose Tagelöhner Nada (Roddy Piper) sucht sein Glück in Los Angeles. Auf einer Großbaustelle findet er schließlich eine Anstellung, deren Bezahlung aber gerade einmal mehr schlecht als recht zum Überleben reicht. Dort lernt er den ebenfalls vom Leben betrogenen Frank (Keith David) kennen, der ihn mitnimmt in eine Siedlung nahe einer Kirche, wo Schlafplätze und etwas Essen für die Arbeiter bereit gestellt wird. Die meisten Kollegen verbringen ihren Feierabend dort mit dem Blick in die Glotze um sich von werbegetränktem Junk-TV berieseln zu lassen.

Hin und wieder allerdings, wird das Programm von einem Piratensender unterbrochen, in dem von einer fremden Macht die Rede ist, die die Menschheit ausbeutet. Der Sender ruft zum Widerstand auf. Eine Gruppe besagter Freiheitskämpfer wird wenig später von einer Polizistentruppe in der nahegelegenen Kirche brutal niedergeschlagen. Ein Priester wird gar totgeschlagen. Nada findet nach Abrücken der Polizeitruppe dort einen Karton mit Sonnenbrillen, von denen er sich ein Exemplar ohne weitere Hintergedanken einsteckt. Als er diese schließlich aufsetzt, glaubt er, seinen Augen nicht zu trauen, denn es handelt sich mitnichten um einen einfachen Sonnenschutz für die Augen. Stattdessen erkennt man unter den Widerstandsbrillen die unterschwelligen Botschaften, die Außerirdische, die sich unter unser Volk gemischt haben, um uns zu unterjochen, überall auf den Werbeplakaten versteckt haben. GEHORCHE! KONSUMIERE! Ja, selbst auf den Geldscheinen steht die versteckte Botschaft DIES IST DEIN GOTT! geschrieben. Doch die Brille kann noch mehr, denn nicht nur die unterschwelligen Botschaften werden durch sie enttarnt, sondern auch die gut getarnten, ziemlich hässlichen Aliens selbst.

Nada gerät in Panik und wird dadurch als Sehender von den Aliens enttarnt, die fortan die Jagd auf ihn eröffnen. Da er auf der Flucht als Polizisten arbeitende Aliens in Notwehr tötet, ist auch der Rest der Bevölkerung hinter ihm her. Hilfe sucht er in seiner Verzweiflung bei Holly Thompson (Meg Foster), der Programmchefin des größten Senders vor Ort und seinem Kollegen Frank. Doch niemand will ihm glauben oder auch nur überzeugen lassen, eine der Sonnenbrillen testweise aufzusetzen. Doch der Kampf um die Freiheit ist noch nicht verloren…

„I have come here to chew bubblegum and kick ass… and I’m all out of bubblegum…“

Hier nochmal der Spruch im Original für die Puristen unter Euch. Auch wenn man den Film nach vielen Jahren nicht mehr so auf dem Kasten hat, so bleibt den meißten doch diese Szene, in der Nada seine private Vendetta gegen die Invasoren einleutet, im Gedächtnis. Der kultige Spruch dazu stammt übrigens von Roddy Piper selbst. Er nutzte diesen später auch öfters beim Wrestling. In Richard Linklaters Dazed and Confused aus dem Jahre 1993 taucht der Spruch in abgewandelter Form auf und ebenfalls in der Serie South Park. Man sieht also, hier wurde Filmgeschichte geschaffen.

Doch es gibt noch eine weitere, kultige Szene, die jedem im Kopf hängen bleibt. Bevor jetzt das Geschrei losgeht, dass es dutzende, kultige Szenen gibt, sticht diese jedoch entscheidend heraus. Wenn Nada seinen Kumpel Frank, der sein Gegenüber aufgrund der Nachrichten für einen psychopathischen Killer hält, durch „gutes Zureden“ überzeugt, sich nach dezentem Zögern doch noch die Sonnenbrille auf die Nase zu pflanzen, bekommt der Zuschauer eine Schlägerei serviert, die an Ausdauer und Länge jedes Rocky Finale auf seine Ränge verweist. Getreu dem Motto „der Blinde, der nicht sehen will“, teilt Frank ordentlich aus gegen Nada, der sich wiederum auch nicht lumpen lässt.

Trotz dieser starken Szenen und einer Menge satirischer Spitzen gegen die Regierung, gehört Sie leben trotzdem nicht zu Carpenters ganz großen Meilensteinen. Hier und da geriet ihm die Geschichte leider ein wenig zähflüssig, trotz der knappen Laufzeit von gerade einmal 93 Minuten. Hinzu kommt, dass „Rowdy“ Roddy Piper zwar eine echte Type war, schauspielerisch jedoch gegen Kurt Russell, für den der Part ursprünglich vorgesehen war, deutliche Defizite auswies. Angeblich wollte Carpenter nicht schon wieder Russell besetzen, um etwas Abwechslung in seinen Cast zu bekommen. Ich sage, er musste schlicht Geld einsparen, da seine Budgets zu der Zeit nicht mehr so gewaltig waren wie noch ein paar Jahre zuvor und Russell derweil auf den Höhepunkt seiner Karriere zusteuerte. Die deutsche Fassung erinnert dabei an Russell, da man sich entschied, dem ähnlich aussehenden Piper ebenfalls die Stimme von Manfred Lehmann zu verpassen, was zwar wunderbar passt, jedoch immer wieder daran erinnert, wieviel cooler Kurt diese Rolle gemeistert hätte. Trotzdem will ich hier Pipers Einsatz nicht schmälern, der Mann war sehr sympathisch. Schade, dass er nicht mehr da ist.

Ein Fest für Carpenter-Fans ist der Film allemal. Der Soundtrack ist gewohnt cool, der Film hat satirischen Witz und ist ein schöner Rant gegen die Oberschicht, die hier in Form von Außerirdischen dargestellt wird. Ein wenig Holzhammer, aber trotzdem geil. Da verzeiht man die ein- oder andere kleinere Länge im Mittelteil schnell wieder. Zumal im Finale, und zwar buchstäblich, den oberen Herren und Damen gewaltig der Mittelfinger entgegengestreckt wird.

Wie auch bei The Fog und Die Fürsten der Dunkelheit bedeutet die Neuauflage einen qualitativen Quantensprung zur vorherigen Scheibe. Bild (2,35:1) und Ton (Deutsch und Englisch in PCM Stereo) lassen keinesfalls auf das Alter des Filmes schließen. Im Bonusbereich bekommt man das Original-Making Of (1988), „Subversion: John Carpenters ‚Sie leben‘ im Fokus“ (Dokumentation in Spielfilmlänge), Biografien von John Carpenter, Meg Foster und Roddy Piper, den Audiokommentar von John Carpenter und Roddy Piper, Interviews mit John Carpenter, Meg Foster und Keith David aus dem Jahr 2012, die Featurette „Fake-Werbespots im Film“, TV-Spots und eine Fotogalerie. Knaller, oder? Es existiert auch noch eine „Limited Soundtrack Edition“. In der Sammelbox-Version fehlt die Bonusscheibe, auf den Audiokommentar muss man allerdings nicht verzichten.

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