Wenn ich einen unsterblichen Horror-Klassiker benennen müsste, würde ich sehr wahrscheinlich aus Reflex John Carpenters DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT (1982) nennen, mit dem der Kult-Regisseur leider seinen ersten Kassen-Flop landete. STUDIOCANAL spendiert dem Meisterwerk aber zurecht einen Platz in ihrer kommenden „John Carpenter Collector’s Edition, was natürlich Grund genug ist, sich dem Film noch einmal zu widmen!

Originaltitel: The Thing

Drehbuch: Bill Lancaster
Regie: John Carpenter

Darsteller: Kurt Russell, Wilford Brimley, T.K. Carter, David Klennon, Keith David, Thomas G. Waites, Richard Dysart…

Artikel von Christopher Feldmann

Anfang der 1980er Jahre war John Carpenter mittlerweile eine Marke. Spätestens sein zweiter Kinofilm HALLOWEEN (1978), der zum absoluten Klassiker und erfolgreichsten Independent-Film avancierte, machte den vielseitigen Filmemacher zum Star seiner Zunft. Mit THE FOG (1980) und DIE KLAPPERSCHLANGE (1981) legte Carpenter erfolgreich nach und schuf Filme, die unter Genre-Fans heute noch verehrt werden. Doch erst sein nächstes Projekt, THE THING (1982), sollte einen gewaltigen Einschnitt in die reibungslose Karriere des umtriebigen Regisseurs vornehmen. Basierend auf der Kurzgeschichte WHO GOES THERE? (1938) von John W. Campbell und der daraus resultierenden Fernsehadaption THE THING FROM ANOTHER WORLD (1951), welche von Howard Hawks produziert wurde, wollte Carpenter einen beklemmenden Science-Fiction-Horror-Trip auf die Leinwand bringen, der alles bisher da gewesene in den Schatten stellen sollte. Entgegen anderer Genre-Produktionen wollte er einen düsteren, nihilistischen Film machen, der sich bewusst vom Mainstream abhob. Dieses Unterfangen ist im Falle von THE THING absolut gelungen. Und auch wenn die damaligen Kritiken sehr negativ waren, heute gehört der Horrorfilm zu den absoluten Big Playern und wird nicht selten zu Carpenters bestem Film gekürt.

Handlung:
Als zwölf Mitglieder einer amerikanischen Forschungsstation in der Antarktis sehen, wie zwei Norweger einen Hund mit Waffen durch das ewige Eis jagen. Nachdem sich einer von beiden versehentlich selbst in die Luft sprengt und der andere von den Amerikanern in Notwehr getötet wird, nimmt die Besatzung der amerikanischen Station, unwissend über die Hintergründe, den harmlos wirkenden Hund bei sich auf. Als jedoch der Pilot McReady (Kurt Russell) und der Forscher Dr. Cooper (Richard Dysart) die norwegische Station unter die Lupe nehmen, stoßen sie auf Verwüstung und deformierte Leichen. Sie ahnen noch nicht, dass der unscheinbare Hund Wirt eines bösen, außerirdischen Organismus ist, der andere Lebewesen absorbiert und eine Art Formwandler ist.

John Carpenters THE THING hat sich vor vielen Jahren, als ich ihn das erste Mal sah, in meine Top-Liste der besten Horrorfilme eingereiht, obwohl ich Remakes grundsätzlich skeptisch gegenüber stehe. Der Begriff „Remake“ ist aber im Falle dieses meisterhaften Nägelkauers eher falsch, denn Neuinterpretation trifft es da wesentlich besser. Carpenter bedient sich lediglich bei einzelnen Elementen und der Grundidee des, von Howard Hawks produzierten, Fernsehfilms und entwickelt einen ganz eigenen Film, der anno 1982 ordentlich auf die Kacke gehauen hat.

Man verzichtet hier auf den politischen Subtext der Vorlage und zelebriert dafür den fiesen Horror, der nachträglich im Kopf haften bleibt. Man könnte sagen, THE THING vereint die Stärken aus Ridley Scotts Klassiker ALIEN (1979) und Carpenters gefeiertem ASSAULT ON PRECINCT 13 (1976). Effektgeladener Creature-Horror trifft auf klaustrophobisches Belagerungsszenarion, in dem sich die Protagonisten abgeschottet gegen eine Übermacht zu Wehr setzen muss. Dass dabei, im weiteren Sinne, die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel steht, steigert die Spannung zusätzlich. Die Dialoge in THE THING sind eher spärlicher Natur, Carpenter lässt viel zu gerne ganze Szenen einfach wirken und verlässt sich auf die Atmosphäre. So entsprechen die Figuren gängigen Typen und sind ausschließlich männlich, von der Stimme Adrienne Barbeaus mal abgesehen. Dabei ist das Drehbuch aber dermaßen tight und on Point, dass so gut wie keine Längen entstehen. Carpenter lässt sich nicht lange bitten, um dem Horror freien Lauf zu lassen, der dann auch das Geschehen dominiert. Die Idee, das Alien als Formwandler in Szene zu setzen, von dem man nicht weiß, in welchem Körper es sich gerade eingenistet hat, dient als wunderbares Spannungselement, was in der legendären Bluttest-Szene seinen Höhepunkt findet.

Die Inszenierung ist natürlich derweil ein absolutes Meisterstück. Carpenter spielt hier sein Talent vollkommen aus und erzeugt wieder einmal mit seiner einzigartigen Symbiose aus Kamera, Beleuchtung, Schnitt und Musik das Maximum an Intensität. Dabei zieht er die Spannungsschraube konsequent an und lockert sie auch nicht mehr, was dafür sorgt, dass der Zuschauer fast die vollständige Laufzeit über auf der Sitzkante verbringt. Die Tatsache, dass man nie genau weiß, wann das Monster wieder ausbricht, lässt mich immer wieder gefesselt vor dem Bildschirm zurück. Carpenter ist, beziehungsweise war, ein fantastischer Handwerker, der seine Kunst hier noch um bahnbrechende Effekte erweiterte. Rob Bottin, damals gerade einmal 22 Jahre alt, zelebriert hier alles, was die damalige Kunst der Make-Up-Effekte hergab. Mit enormer Kreativität liefert er hier alptraumhafte Monstrositäten ab, die ihresgleichen suchen und damals bahnbrechend waren, wenn man bedenkt, dass kein CGI genutzt werden konnte. Hier wurde noch alles aus Latex und Gummi hergestellt, was dem Film eine gewisse Haptik verleiht. Gerade das erste Erscheinen des Aliens im Hundezwinger sieht immer noch absolut fantastisch aus. Auf dieser Seite ist THE THING auch heute noch ein echtes Show-Case für tolle Effektarbeit.

Den letzten Rest besorgt die Musik von Maestro Ennio Morricone. Erstmals verzichtete John Carpenter auf den Posten des Komponisten und übergab die Arbeit der italienischen Musik-Legende. Trotz dessen gekonnter Arbeit war Carpenter mit dem Ergebnis nicht so ganz zufrieden, weswegen er im Nachgang, gemeinsam mit Alan Howarth, noch ein paar Stücke hinzufügte, wie zum Beispiel das fabelhafte Main-Theme. Der Mix aus klassischen Orchester-Klängen und den, für Carpenter typischen, Synthesizern sorgt für einen absoluten Hörgenuss. Natürlich brilliert auch Kurt Russell als raubeiniger Pilot und gibt Bravour den Helden.

THE THING lief ursprünglich mit einer FSK 16 Freigabe in den deutschen Kinos, welche später auf 18 erhöht wurde. Schließlich wurde der Film indiziert und 2009 wieder von der bösen Liste entlassen, wieder mit der Freigabe ab 16. Seitdem ist Carpenters THE THING auf Blu-Ray und DVD erhältlich und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. TURBINE MEDIA brachte erst kürzlich eine aufwendige Special-Edition auf den Markt, die mittlerweile vergriffen ist. STUDIOCANAL schafft Abhilfe und gliedert den Streifen in ihre kommende „John Carpenter Collector’s Edition“ ein, die noch weitere Klassiker des Meisters enthält. Ob dabei das alte HD-Master, welches auf der Blu-Ray von Universal zu finden ist, diente oder auf die restaurierte Fassung zurückgegriffen wird, die TURBINE verwendet hat, ist uns derzeit nicht bekannt.

Fazit:
Nach eigenen Aussagen des Regisseurs, ist THE THING (1982) John Carpenters bester Film. Das würde ich sofort unterschreiben, bietet der Horror-Klassiker doch alle Trademarks, die die Arbeit Carpenters auszeichnen. Atmosphärischer Horror, Spannung, grandiose Effekte und gut aufgelegte Darsteller. Das Paket wird von der pulsierenden Musik abgerundet, was THE THING zu einem wahren Meilenstein macht. Absolut verdient.

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