Paten-Opa Heiner Lauterbach singt Über den Wolken von Reinhard Mey als Schlaflied für den kleinen Jannik. Und das zwei Minuten lang. Diese Szenenfolge ist bezeichnend für den kuschelweichen Schwank aus der TV-Schmiede der ARD Degeto und des BR, besetzt mit dem prominenten Querschnitt des Abendprogramms. Bleibt die Hoffnung auf ein gelungenes Drehbuch und einem wohltemperierten Witz, wenn die zwei Rentner Maren Kroymann und Heiner Lauterbach plötzlich einen Leih-Enkel an die Backe bekommen. STUDIOCANAL bringt den Streifen vor seiner Ausstrahlung nun auf den Markt.

Englischer Titel: Granny Nanny

Regie: Wolfgang Groos

Darsteller: Maren Kroymann, Heiner Lauterbach, Barbara Sukowa, Palina Rojinski, Dominic Raake, Julius Weckauf

Artikel von Kai Kinnert

Auf Nordic Walking und Senioren-Kurse an der Uni haben die Rentner Karin (Maren Kroymann), Gerhard (Heiner Lauterbach) und Philippa (Barbara Sukowa) keine Lust. Und mit Kindern und Enkeln hatten Karin und Gerhard bislang auch so gar nichts am Hut. Deshalb verhilft Philippa, die als Paten-Oma von Leonie das Leben voll auskostet, den beiden zur unverhofften Großelternschaft. Im Handumdrehen haben sie zwei „lebhafte“ Paten-Enkel zu versorgen, eine riesige Hüpfburg im Garten stehen und Lego-Steine an den Füßen kleben. Drei nicht mehr ganz blutjunge Anfänger treffen auf Familienwahnsinn für Fortgeschrittene: hyperaktive Patchwork-Geschwister, stirnrunzelnde Helikoptereltern und alleinerziehende Mütter mit ihren Tinder-Profilen inklusive.

Der Streifen beginnt mit Maren Kroymanns Stimme aus dem Off, dazu sehen wir hippe Senioren in gediegener Umgebung beim Skaten, in der Disco, bei einer Poolparty und beim Bungee-Sprung:

In Werbefilmen sind Rentner immer wahnsinnig gut drauf und trauen sich was. Die Generation Gold. Wir reisen, lieben das Abenteuer und genießen die Freiheit. Wir sind schlank, agil und gut angezogen. […] Aber die Realität ist natürlich eine andere. Die Realität ist beige.

Karin legt die Zeitung beiseite, aus der sie eben vorgelesen hat, und schaut auf ihren Mann, der eine Modell-Lok pflegt. Ihr Mann erhebt Zweifel an dem geplanten Neuseeland-Urlaub: dort sind zu viele gefährliche Mücken, man solle es lieber lassen. Karin, die schlank und gut gekleidet ist, lebt nicht schlecht, hat ein großes Haus mit Garten und langweilt sich in ihrem Leben. Ihr Ehemann wird daran von sich aus nichts ändern.

Was eben noch parodiert wurde, ist nun filmische Realität. Die drei Hauptrollen sind schlanke, agile und gut angezogenen Rentner der gehobenen Mittelklasse, gebildet und letztendlich mutig – also genau das, was die Werbung einem permanent zelebriert und der Film zu Anfang eigentlich auf den Arm nehmen wollte. Und als wollte Regisseur Wolfgang Groos seinen abgelutschten filmischen Anspruch bestätigen, leistet er sich in der letzten Einstellung eine Maren Kroymann, die im feinen Sonnenlicht in der leichten Brandung eines fernen Strandes mit den Füssen nach den Wellen planscht und dabei wie aus einer Werbung für Doppelherz wirkt.

Doch bevor es dazu kommt, gibt es noch lustigen Leih-Enkel-Spaß, ähnlich harmlos und ästhetisch bieder gehalten, wie es der Film seit den ersten Sekunden vorgibt. Dabei spielen Maren Kroymann, Heiner Lauterbach und Barbara Sukowa nicht einmal schlecht, wobei ihnen allerdings die Kids locker das Wasser reichen können. Lauterbach ist Profi genug, sich später bei Reinhard Mey nichts vorzumachen und brummelt seinen „Schlaflied-Gesang“ brauchbar zu Ende. Den Rest des Filmes wird er nicht mehr gefordert, liefert aber dennoch als sichere Bank fast gelassen seine Auftritte ab. Kroymann singt zwar nicht, wird aber mit der letzten Einstellung von der Regie unwissend bestraft. Bis dahin schlägt sie sich gut und schafft es, ihrer Rolle eine gewisse Sympathie zu verleihen. Barbara Sukowa spielt wie immer, was jetzt aber nicht schlecht ist. Ihr Spiel legt stets ein gewisses Tempo vor und es gelingt ihr fast, die Klischees des Drehbuchs in den Hintergrund zu spielen. Sogar Dominik Raake hat den Tatort verlassen und bekommt ab Minute 58:19 die Szene mit der Europa League, einem witzigen Dialog, bei dem Raake ein guter Taktgeber ist.

Ansonsten ist der Film mutlos. Klar, es gibt hier und da einen amüsanten Dialog, das Setting ist allerdings recht bieder und das Casting lullt den Stammseher von TV-Filmen in wohliger Vertrautheit ein. Als gäbe es keine großartigen Schauspieler außerhalb des Abendprogramms, die auch mal einen Job nötig hätten, setzt man hier auf die Leute, die sowieso schon gut im Geschäft sind. Echtes Kino wäre da spannender gewesen. Enkel für Anfänger ist ein routinierter TV-Film ohne nennenswerte Höhen oder Tiefen, der kurz ins Kino kam. Ein Film fürs Kaffeekränzchen mit Oma und Opa, bei dem sich niemand verschlucken soll. Das kann ja auch mal ganz gut sein.

Das Bild der Blu-ray ist klar und sauber, der Ton ist gut. Als Extras gibt es ein Mini-Making-Of, Character-Clips, Julius Behind The Scenes und den Trailer.

Trailer:

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