Wenn populäre Bestseller aus dem Thriller-Genre für das Kino adaptiert werden, werde ich meist hellhörig, denn wenn es ein Segment gibt, was mich auch mit Durchschnittskost noch zufrieden stellen kann, dann ist es die gute alte Hatz nach einem brutalen Serienkiller. Wenn solch eine Bestseller-Verfilmung dann allerdings sang- und klanglos im Heimkino verhökert wird, dann scheint irgendetwas faul im Staate Schweden zu sein. Im Falle von THE POSTCARD KILLINGS (2020), der in Kürze über Eurovideo im Handel erscheint, merkt der Zuschauer relativ schnell, wo der Hund begraben liegt. Warum das so ist, erfahrt ihr in unserer Kritik – und eine DVD könnt Ihr auch noch gewinnen.

Originaltitel: The Postcard Killings

Drehbuch: Andrew Stern, Ellen Furman; nach dem gleichnamigen Roman von Liza Marklund und James Patterson
Regie: Danis Tanovic

Darsteller: Jeffrey Dean Morgan, Cush Jumbo, Famke Janssen, Joachim Król, Steven Mackintosh, Denis O’Hare, Naomi Battrick…

Artikel von Christopher Feldmann

Freunden spannender aber auch nicht allzu schwer verdaulicher Schmöker-Kost dürfte der Name James Patterson sicher ein Begriff sein. Der US-amerikanische Autor ist immerhin einer der erfolgreichsten Schriftsteller der Gegenwart und hat bisher über 100 Millionen Exemplare verkauft. Sein Portfolio beschränkt sich dabei auf Kriminalromane, die weltweit dermaßen Anklang finden, dass er im Jahr 2010, laut Der Spiegel, mehr Bücher als Stephen King, Dan Brown und John Grisham zusammen verkauft hat. Ein gefundenes Fressen für findige Produzenten, die ständig auf der Suche nach neuen Geschichten für möglichst spannende Unterhaltung sind. So standen auch schon Pattersons Erzeugnisse Pate für entsprechende Verfilmung, am bekanntesten dürften dabei die Thriller …DENN ZUM KÜSSEN SIND SIE DA (1997) und IM NETZ DER SPINNE (2001) sein, in denen jeweils Morgan Freeman die Rolle des Psychologen Alex Cross spielt und die damals im Fahrwasser der Genre-Highlights DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER (1991) und SIEBEN (1995) ihr Publikum fanden. Ebenfalls aus seiner Feder stammt der Roman LETZTER GRUß (2010), den er gemeinsam Liza Marklund zu Papier brachte und der sich zum echten Bestseller mauserte. Dass man daraus irgendwann einen Film schustern würde, war wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit und nach zehn Jahren können wir diesen nun bewundern. Obwohl bewundern wahrscheinlich das falsche Wort sein dürfte, denn THE POSTCARD KILLINGS (2020) ist mit Sicherheit kein Film, mit dem man sich brüsten sollte, ist der Thriller doch nicht mal ansatzweise sehenswert geraten, sondern ein konfuses, blutleeres und auf seltsame Weise gescheitertes Machwerk, das man mit Anlauf gegen die Wand gefahren hat.

Handlung:
NYPD-Detective Jacob Kanon (Jeffrey Dean Morgan) hat ein schweres Päckchen zu tragen, ist er doch nach London gereist, um die Leichen seiner Tochter und ihrem Ehemann zu identifizieren. Die Beiden wurden auf ihrer Hochzeitsreise brutal verstümmelt und ermordet. Von den Ermittlern erfährt Kanon, dass das Paar nicht die einzigen Opfer sind. In den vergangenen Wochen wurden mehrere Paare in europäischen Metropolen ermordet und deren Leichen jeweils so drapiert, dass sie Motive bekannter Gemälde zitieren. Entgegen der Wünsche seiner Ex-Frau Valerie (Famke Janssen) denkt Kanon nicht im Traum daran, wieder nach Hause zu fahren, sondern nimmt die Ermittlungen selbst in die Hand, um den Killer zu finden. Die Spur führt ihn von London über Madrid und München nach Stockholm.

Wie bereits Eingangs erwähnt, ist das Genre des Serienkiller-Thrillers ein sehr dankbares, zumindest wenn es um meine Sehgewohnheiten geht. Als Fan von Kriminalfilmen aller Art, gebe ich mich auch mit Durchschnittsware zufrieden, denn solange ein Film einigermaßen ordentlich konstruiert und inszeniert ist, bin ich nicht enttäuscht, dafür ist mein Spaß am Rätselraten zu groß. THE POSTCARD KILLINGS hat es allerdings geschafft, meine Erwartungen deutlich zu unterbieten und das in allen erdenklichen Belangen. Dabei klingt das Ganze auf dem Papier gar nicht so schlecht, ist ein reisender Serienkiller mit einem ganz besonderen Faible für klassische Kunst doch nicht der schlechteste Aufhänger für einen spannenden Film. Allerdings ist das Drehbuch, welches diesem Machwerk zu Grunde liegt, Kraut und Rüben und dramaturgisch so unausgegoren und spannungsarm, dass man als Genre-Fan die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Dabei erweist sich vor allem die Handlung als zerfahren und konfus, ergeben doch ganze Szenen nicht wirklich Sinn. So gestalten sich die Ermittlungen im Film oftmals wenig logisch, Jacob Kanon verlässt sich fast ausschließlich auf seinen Instinkt, als auf echte Polizeiarbeit. Ein schnödes „Ich weiß es einfach“ reicht vollkommen aus, um auf die richtige Spur zu kommen, Gespräche wirken willkürlich angeordnet und die Enthüllung des Täters kommt aus dem Nichts. Tatsächlich wirkt THE POSTCARD KILLINGS wie ein Film, dem ganze Szenenblöcke entnommen wurden, es fehlt der Unterbau, der Ereignisse vorbereitet und auch rechtfertig. Anscheinend ist der Cutter hier mit der Heckenschere durchgegangen, damit die Laufzeit auf 100 Minuten eingedampft werden kann. Das führt dazu, dass zumindest die erste Hälfte absolut sprunghaft und konfus wirkt.

Auch die Ortswechsel geschehen gefühlt im Minutentakt, Jacob Kanon reist im Eiltempo durch mehrere Länder Zentraleuropas, ebenso wie der Killer, dessen Opfer immer wieder in verschiedenen Städten auftauchen. Wie er diese Taten vorbereitet, durchführt und so mir nichts, dir nichts wieder an einem anderen Ort aufschlägt, sieht der Zuschauer nicht. Dem Film fehlt jegliches Gefühl für Raum und Zeit und würden die Figuren nicht regelmäßig betonen, wo sie sich gerade befinden, hätten wir als Zuschauer keinen blassen Dunst.

Dann begeht THE POSTCARD KILLINGS auch noch den Kapitalfehler, seinen Täter nach gut der Hälfte der Laufzeit zu enthüllen. Gut, auch SIEBEN (1995) wartet mit dem Reveal nicht bis zum Schluss aber im Gegensatz zu dem Fincher-Klassiker passiert hier auch nichts mehr von Bedeutung. Man kann das durchaus machen, muss dann aber auch einen entsprechenden Mehrwert liefern, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Das Bisschen an Spannung, was dieser verunglückte Flickenteppich hat, geht somit auch noch flöten und der Film siecht so vor sich hin, bis irgendwann der Abspann einsetzt. Auch das ebenfalls enthüllte Tatmotiv ist dermaßen hanebüchen und lachhaft, dass es noch kruder wirkt, dass Kanon darauf gekommen ist.

Man könnte dem ganzen Mist etwas wohlgesonnener sein, hätte Regisseur Danis Tanovic zumindest ein paar optische Highlights auf der Pfanne, diese sind aber ebenso Mangelware wie eine kohärente Erzählung. Tatsächlich sieht THE POSTCARD KILLINGS aus wie ein mittelmäßiger TV-Film, den man ganz locker um 20:15 Uhr im ZDF versenden könnte. Lustigerweise hat sich der Sender hier an der Produktion beteiligt, die sich an gängigen TATORT-Elementen und dem beliebten „Nordic Noir“ orientiert. Auch von den Morden sieht man herzlich wenig, stattdessen wird dem Zuschauer nur im Ansatz das Ergebnis präsentiert. Das macht den Film nicht nur blutleer, auch das dramatische Gewicht fehlt in Gänze. Die Sets sind absolut austauschbar, ob wir uns in London, München oder Stockholm befinden, ist nur anhand der Dialoge auszumachen, so fad und beliebig wirken die Locations.

Auch die Darsteller sitzen die Chose größtenteils auf einem Gesichtsausdruck ab, was aber immerhin Famke Janssen entgegen kommt. Die ist nämlich mittlerweile so operiert, dass sie zu mehr nicht mehr fähig ist. Jeffrey Dean Morgan darf zu Beginn zwar etwas overacten, seine Leading-Man-Qualitäten halten sich aber in Grenzen, so bocklos und schläfrig rockt er seinen Part als gebrochener Cop herunter. Der Rest der Besetzung ist ebenfalls austauschbar, da verwundert es schon, dass mit Joachim Król ein deutscher Schauspieler daher kommen muss, um wenigstens ein paar Akzente zu setzen. Der verhält sich aber so realitätsfern, dass sich meine Freude darüber in Grenzen hält. Seine Performance ist aber zumindest der einzige Lichtblick in diesem Quark.

Eurovideo hat uns freundlicherweise die DVD zur Verfügung gestellt. Bild- und Tonqualität sind gut, Bonusmaterial ist nicht vorhanden.

Fazit:
THE POSTCARD KILLINGS (2020) versagt auf ganzer Linie und fühlt sich an, als hätte man SIEBEN (1995) bei WISH bestellt. Ein konfus erzählter Plot, Logiklücken en Masse, austauschbare Bilder, kaum Spannung und Darsteller, die dem Anschein nach größtenteils nur für den Paycheck am Set waren. Ein Film, der sich anfühlt, als hätte man ihn einfach absaufen lassen.

Gewinnspiel:

Ihr wollt eine DVD des Thrillers gewinnen? Dann schreibt uns eine Mail mit dem Betreff „Jeffrey“ an christian@die-medienhuren.de. Darin nennt Ihr bitte den Titel des Streifens, in dem Jeffrey Dean Morgan das Casino von Robert De Niro ausräumt und sich mit einem Linienbus auf die Flucht begibt. Das Gewinnspiel endet am Freitag, 09. Oktober um 18 Uhr. Vielen Dank an EuroVideo.

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