Ein Stufe-5-Hurrikan, ruchlose Gangster und ein kampfbereiter Mel Gibson, der gar nicht daran denkt, seine vier Wände wegen eines ollen Lüftchens zu verlassen. Mit FORCE OF NATURE (2020) ist nun ein neuer Actionreißer über Splendid Film im Heimkino erschienen, in dem der ergraute LETHAL WEAPON-Star sich als pensionierter Cop bösen Buben entgegenstellen muss. Ob das Ganze tatsächlich ein temporeicher Wirbelsturm für das DVD-Regal ist oder nur ein lauer Herbstwind, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Force of Nature

Drehbuch: Cory M. Miller
Regisseur: Michael Polish

Darsteller: Emile Hirsch, Kate Bosworth, Mel Gibson, Stephanie Cayo, David Zayas, William Catlett, Jorge Luis Ramos…

Artikel von Christopher Feldmann

Wenn jemand in seiner Karriere ein wirkliches Tief zu überwinden hatte, ist es definitiv Mel Gibson. Der australische Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur avancierte in den 1980er Jahren mit Filmen wie MAD MAX 2 (1981), MAD MAX – JENSEITS DER DONNERKUPPEL (1985) und LETHAL WEAPON – ZWEI STAHLHARTE PROFIS (1987) zum Kinostar und konnte diesen Status vor allem in den 1990ern weiter ausbauen. Neben der Schauspielerei in den unterschiedlichsten Genres, bewährte sich Gibson auch als Regisseur und schuf mit dem Epos BRAVEHEART (1995) einen Oscar-Hit. Anfang der 2000er zählte der charismatische Mime sogar zu den bestbezahltesten Mimen Hollywoods, bis private Skandale, antisemitische Äußerungen und mehrere verbale Entgleisungen dazu führten, dass ein Exempel an seiner Person statuiert wurde. Für viele Jahre galt Gibson als Persona non Grata in der Traumfabrik, was seine Karriere vollständig zum Erliegen brachte. Es dauerte, bis sich der einstige Superstar mit kleinen Filmen wieder ins Spiel zurückbringen konnte, bevor größere Rollen in Kinofilmen wie THE EXPENDABLES 3 (2014) und DADDY’S HOME 2 (2017) folgten. Mittlerweile läuft es auch danke seiner letzten Regie-Arbeit HACKSAW RIDGE (2016) wieder besser und auch wenn Gibson noch nicht wieder da ist wo er mal war, sind wir doch froh, dass er uns wieder mit seinem unverwechselbaren Charisma beehrt. Das ist auch der einzige Grund, warum man sich die Action-Gurke FORCE OF NATURE (2020) antun sollte. Der Katastrophen-/Actionthriller hat abseits Gibson in einer etwas größeren Nebenrollen so gut wie nichts zu bieten.

Handlung:
Ein Stufe-5-Hurrikan rast mit einer Geschwindigkeit von 300 km/h auf die Küste von Puerto Rico zu. Die beiden Cops Cardillo (Emile Hirsch) und Jess (Stephanie Cayo) sollen die Evakuierungen eines Apartmenthauses beaufsichtigen, nachdem sie einen der Bewohner, Griffin (William Catlett), bei einer Schlägerei im Supermarkt aufgegriffen haben. Lediglich Ex-Cop Ray (Mel Gibson) zeigt sich wenig kooperativ und denkt nicht im Traum daran seine Wohnung zu verlassen, nicht mal auf Bitten seiner Tochter Troy (Kate Bosworth). Als eine skrupellose Gangsterbande in dem Komplex aufschlägt, um eine Reihe millionenschwerer Gemälde abzugreifen, die dort versteckt sein sollen, hat es sich mit der Evakuierung ohnehin erledigt. Während draußen der Hurrikan tobt, nehmen es die Verbliebenen mit den Verbrechern auf.

Als ich den ersten Trailer zu FORCE OF NATURE sah, da glaubte ich an einen zumindest unterhaltsamen B-Film. Immerhin klang das Konzept „Mel Gibson vs. Bad Guys während eines Hurrikans“ gar nicht mal so beschissen und erinnerte an den ebenfalls bekloppten aber spaßigen Quatsch THE HURRICANE HEIST (2018). Zwar habe ich hier keinen Meilenstein erwartet aber immerhin einen soliden Reißer für Zwischendurch. Diese Erwartungshaltung bekam schon mit den Opening Credits einen erheblichen Dämpfer, denn hinter dem Streifen steckt die umtriebige Produktionsfirma E.F.O. Films, die den Heimkino-Markt regelmäßig mit Ramsch flutet und abgesoffenen Altstars gut und gerne günstig produzierte Actionfilme aufnötigt, ihnen ausreichend Lohn für zwei Drehtage in die Hand drückt, damit man mit prominenten Namen auf den Covern werben kann. Der wohl renommierteste Darsteller, der dieses Geschäftsmodell nur zu gerne für sich nutzt, ist Bruce Willis, der seit Jahren eine Graupe nach der nächsten runterrockt und dafür ordentlich kassiert. Und wer sich Filme wie EXTRACTION (2015), MARAUDERS (2016) oder 10 MINUTES GONE (2019) gegeben hat, der weiß was Masse ist.

FORCE OF NATURE folgt diesem Prinzip, denn obwohl das Cover prominent auf Mel Gibsons Konterfei setzt, hat dieser selbstverständlich nur eine Nebenrolle. Die eigentlichen Hauptdarsteller sind Emile Hirsch und Kate Bosworth, die sich in einem vorhersehbaren Plot durch karge Flure kämpfen müssen, während ihnen bewaffnete Gangster zu Leibe rücken. Dabei ist das Skript gar nicht mal so doof wie man meinen möchte, denn die Figuren sind zwar nicht sonderlich tiefgründig gezeichnet aber funktionieren im Kontext der Story. Cardillo bekommt ein Trauma angedichtet, Troy darf die Damsel in Distress geben und am Ende wird daraus selbstredend eine Love-Story gemacht. Viel Klischee aber wenig ärgerliches, gesundes Mittelmaß würde ich behaupten. Schwachpunkt sind definitiv die Bösewichte, die nahezu keine Charakterisierung bekommen und einfach nur böse sind. Das Ganze entlädt sich dann in einem an STIRB LANGSAM (1988) erinnernden Szenario, nur eben in günstig und wenig eindrucksvoll.

Das größte Manko ist nämlich die lahme Inszenierung von Michael Polish, der mit Karacho an der Zielgruppe vorbei inszeniert. Wer hier einen temporeichen Actionfilm erwartet, wird vermutlich bitter enttäuscht werden. Entsprechende Szenen sind erstaunlich rar, stattdessen wird viel geredet und durch die bereits angesprochen karge Flure gewandert. FORCE OF NATURE merkt man das schmale Budget in jeder Sekunde an. Die titelgebende Naturgewalt bekommt der Zuschauer ebenso wenig zu sehen wie ausufernde Action, stattdessen wird der Hurrikan lediglich als Mittel zum Zweck benutzt, um die Figuren in begrenztem Arial zu halten und als Grund angeführt, warum keine Verstärkung kommt. Bis auf etwas Regen und Soundeffekte aus der Konserve sieht man dem Sturm herzlich wenig, etwas Wasser, das an Fenster geworfen wird und ein gefluteter Keller müssen da reichen. Polish macht visuell nichts aus seinem Setting, die Location ist reizlos und die Schauwerte eigentlich nicht vorhanden. Auch Mel Gibson bekommt wenig zu tun und absolviert seinen Part zu großen Teilen sitzend.

Das Einzige, was ihn von Bruce „Scheißegal, was ich da drehe, Hauptsache die Kohle stimmt“ Willis unterscheidet, ist die Tatsache, dass sich der bärtige Altstar noch Mühe bei seiner Performance als kränkelnder Ex-Cop gibt. Das ist weit mehr als man von einem generischen DTV-Heuler wie FORCE OF NATURE erwarten würde. Zwar bedient auch seine Figur den üblichen „Raubein“-Typus, insgesamt macht Gibson aber eine ganz gute Figur. Wesentlich mehr, als die blassen Hauptdarsteller Emile Hirsch und Kate Bosworth abliefern, die lediglich die Genre-Klischees abarbeiten ohne wirklich Eindruck zu hinterlassen. Es hat schon seinen Grund, warum deren Karrieren mittlerweile versandet sind. Auch DEXTER-Star David Zayas bliebt lediglich schablonenhaft, wohl auch weil das Skript nicht mehr als die üblichen Bad-Guy-Sprüche hergibt. So entsteht auch niemals Spannung oder gar Tempo, FORCE OF NATURE bietet nichts sehenswertes und hat es lediglich Gibson zu verdanken, dass er nicht als völliger Schrott zu bezeichnen ist.

Die Blu-Ray von Splendid Film bietet eine saubere Bild- und Tonqualität. Extras sind, bis auf den Trailer, leider nicht vorhanden.

Fazit:
Mit FORCE OF NATURE (2020) hat sich Mel Gibson sicher keinen Gefallen getan, denn für einen generischen DTV-Heuler ist er eigentlich noch zu gut und bis auf seine Performance, bietet auch diese Gurke so gut wie keine Highlights. Actionfans sollten ihre Erwartungen ganz weit runterschrauben, dann kann man das Ganze zumindest noch nebenher laufen lassen. Ein typischer E.F.O.-Film, der versucht mit wenig Aufwand und einem prominenten Namen auf dem Cover Kasse zu machen. Mel, dieses Feld solltest du in Zukunft wirklich Bruce Willis überlassen!

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