Bei all den Zombiefilmen, die in den letzten Jahren auf die Netzhaut der eifrigen Filmfans losgelassen wurden, ist es schwer, wirkliche Highlights auszumachen, vor allem, da das Genre in über 40 Jahren so ziemlich jede Idee verwertet hat, die man sich nur vorstellen kann. Wenn jedoch ein Film wie YUMMY (2019) in eingefleischten Fankreisen frenetisch bejubelt wird, erwacht letztendlich doch die Neugier, egal wie übersättigt man von den untoten Menschenfressern auch sein mag. Busch Media Group hat den belgischen Fun-Splatter vor kurzer Zeit im Heimkino veröffentlicht und ob der Hype gerechtfertigt ist, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Yummy

Drehbuch: Lars Damoiseaux, Eveline Hagenbeek
Regie: Lars Damoiseaux

Darsteller: Maaike Neuville, Bart Hollanders, Benjamin Ramon, Clara Cleymans, Eric Godon, Annick Christiaens…

Artikel von Christopher Feldmann

In den letzten Jahren erfuhr der moderne Zombiefilm eine echte Renaissance. Spätestens mit dem Welterfolg der TV-Serie THE WALKING DEAD (seit 2010) und zahlreichen Epigonen in Film und Fernsehen wurden die Untoten mainstreamtauglich. Haftete den Menschenfressern in frühen Jahren immer ein gewisser Schmuddel-Faktor an, der die zahlreichen, auf Schauwerte ausgelegten, Low-Budget-Streifen der 1980er Jahre umgab, gehören sie heute fest ins zeitgenössische Horrorkino. Früher günstige Videotheken-Ware für Gorehounds, heute ein Teil der Popkultur. Dazu beigetragen haben aber auch ambitioniertere Umsetzungen wie 28 DAYS LATER (2002), THE GIRL WITH ALL THE GIFTS (2016) und TRAIN TO BUSAN (2016), die dem von Haus exploitativen Sujet etwas mehr Glanz verliehen haben. Auch die Tatsache, dass Filme wie SHAUN OF THE DEAD (2004) oder WARM BODIES (2013) das Genre mit Meta-Humor und Ironie bearbeitet haben, sollte nicht unterschlagen werden. Allerdings hat sich das Genre mittlerweile auch abgenutzt, haben wir doch so ziemlich jede Idee und jeden Splatter-Moment gesehen, die kürzliche Rehabilitierung und Wiederaufführung von George A. Romeros All-Time-Classic DAWN OF THE DEAD (1978) könnte man in dieser Hinsicht schon fast als Krönung und Abschluss bezeichnen. Doch dann kommt unverhofft Regisseur und Autor Lars Damoiseaux um die Ecke und liefert mit YUMMY (2019) einen Film ab, der auf den diesjährigen „Fantasy Filmfest Nights“ vom horroraffinen Publikum bejubelt wird. Der belgische Zombiefilm ist aber mitnichten ein weiterer Höhepunkt des Genres, sondern viel mehr, eine gut gemachte, anspruchslose Fun-Splatter-Revue, wie man sie in dieser Form schon lange nicht mehr gesehen hat.

Handlung:
Alison (Maaike Neuville) leidet unter ihrer üppigen Oberweite, die sie in ihrem Alltag immer mehr beeinträchtigt, weswegen sie eine Brustverkleinerung vornehmen lassen will. Da sie sich allerdings keine teure Operation in Belgien leisten kann, geht es schnurstracks in den Ostblock, wo in ominösen Plattenbau-Kliniken Schönheitsoperationen noch für einen schmalen Taler angeboten werden. Mit Freund Michael (Bart Hollanders) und Mutter Sylvia (Annick Christiaens), die die  Gelegenheit für eine kleine Generalüberholung nutzt, im Schlepptau begibt sie sich in die nächstbeste Einrichtung, die auf Michael jedoch keinen besonders guten Eindruck macht, vor allem, da im Keller merkwürdige Dinge vor sich gehen. Als Michael aus Versehen eines der unheilvollen Experimente befreit, bricht die Hölle und eine Zombie-Epidemie aus und die Klinik verwandelt sich in ein Schlachthaus!

Zombies in der Schönheits-Klinik. Man muss schon zugeben, die Idee zu YUMMY ist eigentlich ziemlich vielversprechend. Denn wenn es einen Ort gibt, an dem gefräßige Untote gut funktionieren können, dann sind es die bekannten OP-Tempel, in denen sich Menschen selbst künstlich aufmotzen lassen, bis sie ebenfalls wie, mit Plastik und Botox vollgestopfte, Zombies durch den Alltag wandeln. Jedenfalls bietet das Setting genug Grundlage für geschmacklose und bissige Gags. So regt das Opening in der Discount-Klinik irgendwo im osteuropäischen Hinterland durchaus zum schmunzeln an, wenn man als Zuschauer sieht, dass Hygiene und Seriosität nicht unbedingt als höchstes Gut verstanden werden. YUMMY spielt mit diversen Klischees und etabliert einige Running-Gags wie zum Beispiel, dass Protagonistin Alison ständig darauf angesprochen wird, warum sie denn ihre üppige Oberweite verkleinern lassen will. Auch die Tatsache, dass in solchen Kliniken kostenlose Abtreibungen vorgenommen werden, nimmt der Film als Katalysator für die folgende Zombie-Action, denn wer wollte nicht schon immer wissen, was mit den Föten passiert?

Das macht alles ziemlich viel Spaß und nicht sich nie wirklich allzu ernst, was für eine temporeiche erste Hälfte sorgt, die mit guten Ideen punkten kann. Allerdings stinkt der Film nach der Hälfte der Laufzeit etwas ab. Man könnte meinen, dem Regisseur seien die Ideen ausgegangen, so beginnt YUMMY sich irgendwann nur noch in Gekröse zu suhlen, die humorvollen Spitzen zünden immer weniger und Running-Gags werden nur noch aufgewärmt. Die augenzwinkernde Splatter-Komödie wird zunehmend beliebig und einfallslos und verlässt sich immer mehr auf bereits etablierte Standards des Genres. Das ist zwar stets nett, man hat aber irgendwann das Gefühl, alles schon mal irgendwo gesehen zu haben, was dann genau der Punkt ist, an dem YUMMY dramaturgisch auf einer Ebene mit so ziemlich jedem anderen B-Zombiefilm rangiert.

Wo das Ganze allerdings durchgehend punkten kann, ist die Inszenierung. YUMMY sieht für sein schmales Budget erstaunlich gut aus und macht durchweg einen kompetenten Eindruck. Die Farben sind stellenweise extrem grell, was aber gut zum Tonfall und der Absurdität passt. Die Klinik macht als Location etwas her, sind lange Flure und enge Treppenhäuser doch stets ein guter Spielplatz für die gefräßigen, lebenden Leichen. Schauspielerisch sieht die Sache schon etwas anders aus, Hauptdarstellerin Maaike Neuville funktioniert zwar erstaunlich gut und gibt dem Film eine wohlige Sympathie, der Rest der Mischpoke bleibt aber weitestgehend blass. Zwar bekommt Bart Hollanders als weichgespülter Lebensabschnittspartner einige Slapstick-Momente spendiert, diese bleiben aber meist eher etwas lahm und auch die Entwicklung seiner Figur ist eher sprunghaft, denn stringent. Die restlichen Akteure agieren eher auf TV-Niveau, was bei solch einem Streifen aber auch keine allzu große Überraschung sein dürfte.

Bei all den Kritikpunkten, lässt sich aber über die Effektarbeit nicht meckern. YUMMY bietet eine ganze Wagenladung an deftigen Gore-Momenten, die immer wieder prominent in Szene gesetzt werden. Bis auf wenige digitale Unterstützungen, sind diese auch handgemachter Natur und sehen wirklich gut aus. Hier werden Köpfe gespalten, Gedärme freigelegt, Gliedmaßen abgetrennt und selbst vor des Mannes bestem Stück wird nicht halt gemacht, was in der wohl witzigsten Szene des Films mündet. Auch kommt Literweise Körperfett kommt zum Einsatz, welches solange in den menschlichen Körper gepumpt wird, bis dieser einfach aufplatzt. Das ist zwar irgendwo auch etwas eklig, passt aber als Seitenhieb genau in das Konzept und ich hätte mir von solchen Scharmützeln durchaus mehr gewünscht, denn das Thema „Schönheitsklinik“ spielt irgendwann keine Rolle mehr, obwohl man daraus noch mehr hätte machen können. Trotz allem werden Gorehounds und Splatter-Fans hier ausreichend bedient. Die FSK lehnte den Film übrigens zuerst ab und wollte YUMMY keine Freigabe geben, nach einer Berufung seitens des Verleihs bekam der Streifen am Ende doch das rote Siegel. Zurecht!

Busch Media Group hat dem teilweise per Crowdfunding finanzierten Film eine amtliche Heimkino-Veröffentlichung spendiert. Neben der Amaray-Variante hat sich das Label nicht lumpen lassen und präsentiert YUMMY auch in einer Mediabook-Variante. Während die die Einzel-Discs lediglich eine Trailershow als Bonus bieten, kommt man bei der Collectors Edition in Sachen Extras schon mehr auf seine Kosten. Die bietet nämlich noch eine exklusive, etwas anders geschnittene „Grindhouse-Fassung“, die versucht, sich mit künstlichem Vintage-Look und digitalen Abnutzungseffekten an das schmuddelige Exploitationkino vergangener Tage anzubiedern. Dieses Goodie ist zwar seit PLANET TERROR (2007), HOBO WITH A SHOTGUN (2011) und Konsorten eigentlich durch, wer allerdings Feuer und Flamme für das Retro-Feeling ist, darf gerne zugreifen. Zusätzlich bietet die Edition noch ein Booklet, Promo Videos und zwei exklusive Kurzfilme des Regisseurs. Bild- und Tonqualität sind rundum ordentlich, von der deutschen Synchronisation sollte man allerdings Abstand nehmen, denn diese ist einfach so unsäglich schlecht und amateurhaft, dass einem das kalte Grauen über den Rücken läuft. Hier sollte man definitiv auf die Originalversion zurückgreifen und Untertitel dazuschalten.

Fazit:
YUMMY (2019) erfindet das Genre nicht neu und dem belgischen Zombiefilm gehen vor allem in der zweiten Hälfte die Ideen aus. Wer allerdings auf anspruchsloses, stellenweise absurdes Fun-Splatter-Kino steht, wird hier mit schön geschmacklosen Pointen und handgemachten Gore-Effekten bedient. Kein Meilenstein aber ein unterhaltsamer Streifen für die nächste Horror-Party!

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