Wer sich in den 80er-90er-Jahren häufig in Videotheken herumtrieb und B- und C-Movies nicht abgeneigt war, dem dürfte der Name Wings Hauser (eigentlich: Gerald Dwight Hauser) ein Begriff sein. So nach und nach bringen Labels wie CARGO RECORDS viele dieser Filme auf DVD heraus, wobei die Qualität dieser Veröffentlichungen schwankend ist. „Clint Harris – Mit dem Rücken zur Wand“ (1987) hat jedenfalls eine ganz ordentliche Veröffentlichung spendiert bekommen und ist hierzulande erstmals in ungekürzter Fassung zu sehen.

Originaltitel: No Safe haven

Regie: Ronnie Rondell Jr.

Darsteller: Wings Hauser, Robert Tessier, Branscombe Richmond, Marina Rice

Artikel von Holger Braasch

Im tiefsten und dreckigsten Nest von Honduras erhält Clint Harris, Agent der CIA, die entsetzliche Nachricht über den Tod seiner Mutter und seines Bruders. Sie wurden ermordet, hingerichtet – brutal niedergemetzelt. Auf der Suche nach den Mördern stößt Clint schnell auf das Motiv: Sein Bruder Buddy, ein begnadeter Footballspieler, liebte das Glücksspiel und geriet in die harte Drogen- und Sexszene der Stadt. Doch in diesen Kreisen herrschen andere Gesetze als auf dem Footballfeld. Buddy wird zum Spielball der mächtigen Untergrundorganisation. Als er das merkt, will er aussteigen – und das ist sein Todesurteil. Clint schwört für dieses grausame Massaker Vergeltung. Dank eines CIA-Freundes kommt er der Bande auf die Spur, sein hartes Vietnam-Training kommt ihm dabei zugute. Clint verfolgt sie und läutet den Kampf gegen die Mörder seiner Familie ein – die Jagd beginnt.

So die Inhaltsangabe auf dem Cover der UFA-Verleihcassette. Auf der Vorderseite wurde übrigens der Originaltitel No Safe Haven falsch geschrieben: NO SAVE HAVEN (und dies wurde auch für das DVD-Cover übernommen). Clint Harris heißt im Original eigentlich Clete Harris, aber Clint klingt natürlich etwas cooler und erinnert an den Star Clint Eastwood. Bleiben wir also einfach bei dem Namen Clint.

Clint ist also mächtig angepisst und schwört Rache. Er macht sich auf den Weg nach Bolivien, wo der verantwortliche Drogenbaron Carlos Hindle (Robert Ahola) sein Kokain-Imperium hat. Bei dem abgehalfterten Vietnamveteran Randy (Robert Tessier) findet Clint dann auch die passende Ausrüstung, um dem obersten Chef des Drogenkartells den Krieg zu erklären. Robert Tessier (manchmal auch als Bob Tessier) spielte auch in den Trash-Krachern Star Crash – Sterne im Duell (1978) und Drei Engel auf der Todesinsel (1984) mit.

Als Auftragskiller und Handlanger Manuel legt Branscombe Richmond eine Glanzvorstellung hin. Er spielte u. A. in Phantom-Kommando (1985) und in vielen Kultserien der 70er- und 80er-Jahre mit, wie Der sechs Millionen Dollar Mann (1976-77), Drei Engel für Charlie (1981) oder auch Trio mit vier Fäusten (1984-85). Wie Regisseur Ronnie Rondell Jr. war er auch als Stuntman und Stunt Coordinator tätig, ohne in den Credits genannt zu werden. Z. B. in Feuerwalze (1986), Running Man (1987) und Sie leben! (1988). In Clint Harris – Mit dem Rücken zur Wand wird er synchronisiert von Tommi Piper und das passt hervorragend. Gleich in der Pre-Title-Sequenz darf Branscombe Richmond rumballern, was das Zeug hält. Wenige Minuten später metzelt er mit seinen Handlangern die halbe Familie von Clint Harris ab, was von der Härte und Intensität schon ein wenig an Last House On The Left erinnert. Eines der absoluten Highlights ist aber die Szene, in der Clint Harris mit dem Motorboot an Manuel vorbeibrettert und ihn ordentlich mit Wasser bespritzt. Und der Manuel geht voll ab, flucht wie ein Rohrspatz („Jetzt schlachte ich die Dreckssau!„) und kriegt gleich die nächste Ladung Wasser verpasst. Das lässt sich der knallharte Killer nicht bieten und brettert mit seinem Motorboot gleich hinterher. Darauf hat Clint natürlich nur gewartet, doch er muss schnell feststellen: „Der Kerl hat mehr Leben als eine Katze!

Clint Harris – Mit dem Rücken zur Wand ist typisches Actiongülle-Kino der 80er-Jahre. Das ist durchaus nicht negativ gemeint, denn bei aller stereotyper Charakterzeichnung und allen platten Klischees ist doch immer auch ein Augenzwinkern zu vernehmen. Wenn Clint sich bei Randy ordentlich mit Waffen und Munition eindeckt, darf auch Randys kleiner Steppke mal mit Daddys Knarren rumspielen. Waffen sind schon etwas Feines, jedenfalls solange sie für die gute Sache eingesetzt werden. Political Correctness spielte 1987 noch keine so große Rolle, und mal ehrlich – ernst genommen hat man solche Sachen schon damals nicht. Das Finale weist einige Ähnlichkeiten mit Delta Force 2 – The Colombian Connection (1990) auf, wo Chuck Norris seinem Gegner am Ende einen Freiflug mit dem Hubschrauber spendiert – selbstverständlich ohne Fallschirm. 😉 Eine kleine Romanze gibt es zwischendurch auch, doch wird Clint am Ende mit Carol (Marina Rice), der ehemaligen Freundin seines Bruders, in den Sonnenuntergang fliegen? Drogenboss Carlos Hindle hat jedenfalls noch einen gezinkten Trumpf gegen Clint Harris in der Hand.

Dass das Budget nicht sonderlich hoch gewesen sein kann, merkt man gleich in den ersten Minuten, wenn Manuel seinen ersten Auftrag (buchstäblich) erledigt. Zunächst sieht man ihn in Zeitlupe schießen und rumbrüllen, die folgende Autoverfolgungsjagd ist dann mit Zeitraffer beschleunigt, was deutlich auffällt. Neben Zeitlupen und Zeitraffer kommen auch gelegentlich Blow-ups zum Einsatz. Offenbar hatte man im Schneideraum nicht immer optimales Material und half dann eben mit den besagten Stilmitteln etwas nach. So hat man mitunter das Gefühl, hier eine US-Serie aus den 80ern zu sehen, wo man sich gerne dieser Techniken bediente. Und in solchen Serien hat Regisseur Ronnie Rondell Jr. reichlich Erfahrungen gesammelt und kann auf eine lange und abwechslungsreiche Karriere zurückblicken. So war er u. A. in  Das war der Wilde Westen (1962), Die Unerschrockenen (1968) oder auch James Bond 007 – Diamantenfieber (1971) als Stuntman zu sehen, wurde aber in den Credits nicht genannt. Außerdem war er Stunt Coordinator bei den Serien Drei Engel für Charlie (1978-80) und Der Denver-Clan (1981). Als Schauspieler war er u. A. in Der Schrecken schleicht durch die Nacht (1958), Ein toller Käfer (1968) und Star Trek: Der erste Kontakt (1996) zu sehen, wobei er auch hier oft nicht in den Credits auftauchte. Als Assistant Director sammelte er u. A. in den Serien Alfred Hitchcock zeigt (1962-63) und Drei Engel für Charlie (1979-80) Erfahrungen. Seine erste Regiearbeit Clint Harris – Mit dem Rücken zur Wand blieb allerdings auch seine einzige.

Hauptdarsteller Wings Hauser begann seine Karriere in TV-Produktionen und wirkte u. A. in Magnum (1981), Ein Colt für alle Fälle (1983), Airwolf (1985) und Das A-Team (1985) mit. Der schundgestählte Videothekenkunde kennt ihn aus B-Krachern, wie Nachtratten (1982), Mutant II (1984), The Wind (1986), Tote leben länger (1988) oder auch Maniac City (1988). Sein Regiedebüt gab er mit dem etwas zähen Copthriller Coldfire (1990), der bei mir jedoch keinen bleibenden Eindruck hinterließ. Danach drehte er bis 1994 noch vier weitere Filme. Bei Clint Harris – Mit dem Rücken zur Wand schrieb Wings Hauser auch das Drehbuch, zusammen mit seiner damaligen Ehefrau Nancy Locke – übrigens nicht verwandt mit der Schauspielerin und Regisseurin Sondra Locke, die damals mit Clint Eastwood liiert war. 2010 spielte Hauser übrigens eine der Hauptrollen in Quentin Dupieux‚ Kultfilm Rubber. Er ist der Typ im Rollstuhl, der mit seinem Fernglas die Abenteuer des Killer-Reifens beobachtet.

Im Film sind zwei Songs von Isaac Hayes zu hören. „Just For A Thrill“ läuft in einer Szene im Hintergrund und „Dream Girls“ ist im Abspann zu hören. Kurioserweise sind beide Songs nirgendwo anders erschienen, was sehr schade ist. So bleibt nur die englische Originaltonspur des Films als Quelle – die ist nämlich (im Gegensatz zur deutschen Tonspur, die übrigens auch auf VHS nicht anders ist) in Stereo und klingt auch sonst wesentlich knackiger. Ein Fan des Films hat den Song „Dream Girls“ von der englischen VHS (Medusa Home Video) digitalisiert und ins Netz gestellt.

Die DVD von Cargo Records präsentiert den Film gleich in zwei Bildversionen. Im Hauptmenü kann man wählen zwischen der maskierten Widescreen-Version (1,66:1 anamorph) und der Open Matte-Version (1,33:1). Letztere hält ein paar nette „Extras“ bereit, wie z. B. Mikrofone, die am oberen Bildrand herumschwirren, oder leichte Vignettierungen an den Bildrändern. Trotzdem ziehe ich die Open Matte-Version der maskierten Version vor. Der Bildaufbau wirkt dort mMn einfach stimmiger. Außerdem ist die Bildschärfe bei der maskierten Version keineswegs besser, eher schlechter. Kein Wunder, denn hier wurde einfach nur die Open Matte-Version maskiert und dann auf 16:9 hochskaliert. Die Laufzeit der beiden Versionen ist dann auch identisch. Gegenüber der VHS von UFA ist das Bild jedenfalls deutlich besser und farbenfroher. Außerdem war die VHS an zwei Stellen um insgesamt 14 Sekunden geschnitten. Nun kann man den Streifen endlich ungekürzt und in ordentlicher (wenn auch nicht herausragender) Qualität genießen. Als besonderes Schmankerl ist noch der deutsche Videotrailer dabei und der Originaltrailer. Als Zugabe gibt es noch den deutschen Videotrailer von The Defender [aka: Defender – Der Tod ist sein Geschäft] (1993), der ebenfalls von Cargo Records auf DVD veröffentlicht wurde.

Solch unterhaltsame Actiongülle-Perlen aus der guten alten Videotheken-Zeit fehlen heute schmerzlich. Und Clint Harris – Mit dem Rücken zur Wand kann man getrost zu den besseren Vertretern dieser Art zählen. Ich mag den Film und halte meine beiden VHS-Exemplare auch weiter in Ehren.

Trailer:

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