Ist der Ruf erst ruiniert, dreht es sich ganz ungeniert. Bruce Willis, seines Zeichens Veteran des aktuellen Direct-to-DVD-Segments, hat seiner unheiligen Allianz mit der Produktionsklitsche E.F.O. Films einen weiteren Titel hinzugefügt. Im Home-Invasion-Thriller SURVIVE THE NIGHT (2020) ist die Schweinebacke als ausrangierter Sherriff zu sehen, der sich mitsamt Familie in der Gewalt eines räuberischen Brüderpaars befindet. Ob der Streifen, der über Eurovideo im Heimkino erscheint, etwas taugt, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Survive the Night

Drehbuch: Doug Wolfe
Regie: Matt Eskandari

Darsteller: Chad Michael Murray, Bruce Willis, Shea Buckner, Tyler Jon Olsen, Lydia Hull…

Artikel von Christopher Feldmann

Ach, Bruce! Du warst mal ein ganz Großer, ein Kassenmagnet, eine Ikone. Von dem Antlitz vergangener Tage ist allerdings nur noch wenig übrig, was dessen Filmographie der letzten Jahre eindrucksvoll unter Beweis stellt. Mit Ausnahme seines Gastspiels in M. Night Shyamalans GLASS (2019) konnte Willis im Kino kaum Punkte holen, denn sowohl Eli Roths Vigilanten-Neuauflage DEATH WISH (2018), als auch die Fortführung seiner Paraderolle in STIRB LANGSAM 5 – EIN GUTER TAG ZUM STERBEN (2013) konnten weder Kritiker noch Publikum überzeugen. Ansonsten verdingt sich der glatzköpfige Altstar als Aushängeschild lumpiger Heimkino-Premieren, die in der Regel nicht unbedingt mit Qualität, geschweige denn Unterhaltungswert punkten. Das Geschäftsmodell scheint sich aber für Willis und seine Brötchengeber von E.F.O. Films auszuzahlen. Bruce kommt für zwei Drehtage zum Set eines x-beliebigen Heulers, leiert gelangweilt seine Zeilen herunter ohne eine Mine zu verziehen und steckt sich den saftigen Gehaltscheck, den er für seine bloße Anwesenheit erhalten hat, in die Tasche, während das Studio einen Star hat, den sie prominent auf dem DVD-Cover platzieren können. Eine Arbeitsweise, die schon einige faule Früchte getragen hat, wenn man sich solche Graupen wie 10 MINUTES GONE (2019), REPRISAL (2018) oder FIRST KILL (2017) ansieht. Auch SURVIVE THE NIGHT (2020) reiht sich problemlos in die Riege schlampiger Grabbeltischware ein, besticht der Home-Invasion-Thriller doch in erster Linie durch ein mieses Drehbuch, gelangweilte Darsteller und eine billige Optik.

Handlung:
Die kriminellen Brüder Mathias (Tyler Jon Olson) und Jamie (Shea Buckner) wollen sich nach einem lohnenden Coup mit ihrer Beute nach Mexiko absetzen. Allerdings sorgt der hitzköpfige Jamie für einen blutigen Zwischenfall in einer Tankstelle, bei dem sein Bruder schwer verletzt wird. Um dessen Leben zu retten, folgen sie dem Chirurgen Rich (Chad Michael Murray) nach Hause. Nachdem sie dessen Familie als Geiseln genommen haben, versuchen sie den Arzt zu einer Not-OP auf dem Esstisch zu zwingen. Rich willigt ein, doch schnell sorgt er gemeinsam mit seinem Vater, dem Ex-Sherriff Frank (Bruce Willis), dass sich das Blatt wendet.

Ich hatte ja durchaus die Leise Hoffnung, dass es sich bei SURVIVE THE NIGHT um einen zumindest halbwegs soliden Home-Invasion-Thriller handelt, da man hier zur Abwechslung mal nicht auf hüftsteife Actiongrütze setzt, sondern sich um so etwas wie Spannung bemüht. Ernüchternd musste ich allerdings feststellen, dass auch auf dieser Ebene nichts zu holen ist und es sich bei dem Streifen um einen weiteren Heuler handelt, dem der Titel SURVIVE THE RUNTIME besser gestanden hätte.

Allein das Drehbuch ist dermaßen dämlich, dass schon jeder Anflug von Glaubwürdigkeit nach kurzer Zeit verpufft. Zu Beginn lernen wir unsere Antagonisten kennen, die Brüder Mathias und Jamie, die uns der Film als so etwas wie Antihelden zu verkaufen versucht. Obwohl beide augenscheinlich Mörder sind, die sich mit gestohlenem Geld ins Ausland absetzten wollen, versucht man beide Figuren mit zumindest einem Hauch von Sympathie auszustatten. Beide sehen eigentlich ganz likeable aus und zumindest Mathias möchte keinem mehr Leid zufügen, sondern einfach mit dem Bruderherz ein neues Leben anfangen. Der wiederum hat Probleme damit, sein Temperament im Zaum zu halten, weswegen er von Mathias immer mit „keine Toten mehr!“ ermahnt wird. Allerdings kommt alles anders und Jamie knallt an der nächsten Tankstelle eine schwangere Frau und den Kassierer ab, was Mathias eine Schusswunde einbringt. Allein diese Szene ist schon erbärmlich schlecht geschrieben und soll uns vermitteln, dass Jamie für ein paar Kröten kaltblütig tötet, sich dabei aber wirklich bescheuert verhält. Eine plumpe Konstruktion, um die Handlung in die erforderlichen Bahnen zu lenken und der Shooutout mit CGI-Mündungsfeuer und einem Tankwart, der im regen Kugelhagel gemütlich die Pumpgun nachlädt, sind noch nicht mal das mieseste an diesem „Werk“.

Als nächstes lernen wir Rich kennen, einen Chirurgen, der gerade aufgrund eines beruflichen Fehlers mit Todesfolge seinen Job, sein Haus und sein Vermögen verloren hat und nun vorübergehend, mitsamt Frau und Tochter, bei seinen Eltern wohnt. Auftritt Bruce Willis. Der Actionstar spielt hier Richs Vater, der in seiner ersten Szene schon eindrucksvoll unter Beweis stellt wie wenig Bock er auf die ganze Nummer hat. Gelangweilt und Eistee schlürfend sitzt er im Sessel und leiert monoton seine Klischeesätze herunter, die er vermutlich von einem Pizzakarton abgelesen hat, den ihm der Regieassistent vor die Nase hielt.

Was darauf folgt, ist Business-as-usal und hält kaum Überraschungen bereit. Die beiden Brüder brechen in das Haus ein, fesseln die Familie und zwingen Rich, den schwer verletzten Mathias zu operieren. Was durchaus das Zeug zu einem netten Thriller gehabt hätte, entpuppt sich als müdes Schmierentheater, das immer dadurch auffällt, dass sich die Figuren einfach nur dumm verhalten. So können die Geiseln ihren Peiniger Jamie mehrmals überrumpeln und fliehen, kehren aber immer wieder ins Haus zurück, nur um dann doch wieder gefesselt auf dem Boden zu landen. Dass einfach mal jemand die Polizei verständigt, daran scheint in den entscheidenden Momenten niemand zu denken und auch Jamie entpuppt sich als verbrecherische Vollniete, die nicht mal in der Lage ist, auf nur eine Person aufzupassen. Aber für was braucht man schon die Cops, wenn John McClane himself am Start ist? Der sitzt jedoch die meiste Zeit grummelnd in der Ecke und wenn er sich mal bewegt, torkelt er durch die Szenerie, als hätte er etwas zu oft vom Champagner genascht, mit dem man ihn wahrscheinlich bei Laune gehalten hat. Eine stümperhaft inszenierte Autoverfolgungsjagd auf einem Feldweg ist dann auch das Action-Highlight dieser Gurke, bei der Bruce Willis im Endeffekt auch nicht mehr zu tun hat als in den restlichen Nullnummern, die er in den vergangenen Jahren gedreht hat. Eine halbe Stunde vor Schluss verschwindet er sogar aus dem Film, nur um im Finale aus dem Nichts aufzutauchen, was aber auch niemandem nützt.

Auch die restliche Besetzung besticht nicht gerade durch große Schauspielkunst. Einzig Chad Michael Murray liefert noch die glaubhafteste Performance als gebrochener Arzt ab. Shea Buckner und Tyler Jon Olson geben sich auch sichtlich Mühe, bekommen jedoch kein Material an die Hand um glänzen zu können. Katastrophal sind indes die weiblichen Hauptrollen. Lydia Hull spielt hölzern Richs Ehefrau und sieht aus als stünde sie in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zu Famke Janssen. Zumindest scheinen sie denselben Schönheitschirurgen aufzusuchen. Der Preis für die mieseste Darstellung geht aber definitiv an Riley Wolfe Rach. Ein schlechteres „Filmkind“ habe ich lange nicht gesehen. Auf dem Regiestuhl saß dieses Mal Nulpe Matt Eskandari, der ohne Gespür für Optik und Spannung seine Home-Invasion-Seifenoper mit tristem Sepia-Filter in Szene gesetzt hat, was den Gesamteindruck nur noch schlechter macht. Die Tatsache, dass er auch für die Inszenierung der beiden hierzulande noch erscheinenden Willis-Heuler TRAUMA CENTER (2020) und HARD KILL (2020) verantwortlich ist, sorgen bei mir jetzt schon für Magengeschwüre.

Die Blu-ray aus dem Hause Eurovideo ist technisch einwandfrei. Bild und Ton sind gut, das Bonusmaterial bietet immerhin ein Making-Of.

Fazit:
SURVIVE THE NIGHT (2020) ist nicht nur ein weiterer Heuler, den sich Bruce Willis in die Vita schreiben kann, sondern auch ein schlecht geschriebener, hölzern gespielter und stümperhaft zusammengeschusterter Home-Invasion-Thriller, bei dem man den Thrill vergeblich sucht. Aber wahrscheinlich wird sich Bruce dennoch ins Fäustchen lachen und schon die nächsten Projekte annehmen, während er seine Dollar-Scheine zählt.

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