Der Großmeister feierte vor kurzer Zeit Geburtstag, ja, wir wissen es – und was haben die Leute die (partymäßige) Sau rausgelassen. Horror hin, Horror her – King kann viel mehr. Das darf man auch nicht vergessen! „Stand by me“ ist ein Paradebeispiel dafür. Eigentlich sollte dies der Sonntagsklassiker werden. Nun haben wir Montag – egal – versüßen wir euch doch einfach den Wochenstart!
Originaltitel: Stand by me
Regie: Rob Reiner
Darsteller: Wil Wheaton, River Phoenix, Corey Feldman, Jerry O´Connell, Kiefer Sutherland
Artikel von Christian Jürs
September 2017
Die gesamte Welt ist im Stephen King Fieber. Nicht nur, dass der Horrormeister siebzig geworden ist, auch die langersehnte Kinoadaption seines Erfolgsromans „Es“ steht in den Startlöchern. Grund genug für so ziemlich jeden Filmkritiker das ein oder andere Königsspecial ins Leben zu rufen. Besonders gut und umfassend fiel hierbei das „Pantoffelkino“-Special der „Massengeschmack“-Jungs aus, zu dem ich netterweise eingeladen wurde. Der gute Mario stellte hierfür seine wirklich beachtliche Sammlung an DVDs und BluRays zur Verfügung und auch die „Creepshow“-Comichefte von Volker waren beeindruckend. Erstaunlich war allerdings das Fazit von uns allen: „Carrie“, „Shining“ und Co. hin oder her – die besten Verfilmungen der Stephen King Bücher kamen in unseren Augen zumeist nicht aus dem Horrorbereich. So auch dieser Film, der definitiv zu meinen allerliebsten Filmen überhaupt zählt…
Wir schreiben das Jahr 1959 in Castle Rock, Oregon. Der Sommer neigt sich dem Ende und für die vier Freunde Gordie (Wil Wheaton), Chris (River Phoenix), Teddy (Corey Feldman) und Vern (Jerry O´Connell) stehen an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Die Grundschule ist vorbei und auch die Kindertage sind gezählt. Die Pubertät steht vor der Tür. Dabei haben alle Kids ihr persönliches Kreuz zu tragen. Chris leidet unter den Vorurteilen, die sein krimineller Bruder Ace (Kiefer Sutherland) im Ort schürt. Teddy hat einen Vater, der seine Kriegserlebnisse nicht verkraftet hat und dank häuslicher Gewalt in der Psychiatrie gelandet ist. Und während Verns größtes Problem der Verlust seiner vergrabenen Pennies ist, hat Gordie das schwerste Los von allen zu tragen. Sein Bruder Denny (John Cusack), ein aufblühender Footballstar, kam bei einem tragischen Unfall ums Leben. Die Eltern haben den Verlust nicht verkraftet und schenken dem Jungen und seiner Leidenschaft, Schriftsteller zu werden, keinerlei Beachtung. Lediglich seine Freundschaft zu den anderen Jungs bietet Gordie halt. Insbesondere Chris, der so etwas wie ein Ersatzbruder für ihn ist, steht ihm in der Not bei, obwohl er selbst mit schweren (und falschen) Anschuldigungen zu kämpfen hat. Durch Zufall erfährt Vern, dass ein vermisster Junge im Wald von einem Zug erfasst wurde. Seine Leiche wurde von der Gang um Ace Merill entdeckt, kann jedoch aufgrund krimineller Machenschaften nicht gemeldet werden. Vern erzählt seinen Freunden von der Leiche und schon machen sich die Kinder auf, einen toten Jungen zu finden um als Helden gefeiert zu werden…
Was Rob Reiner („Harry und Sally“) hier aus der King´schen Kurzgeschichte „Die Leiche“ gezaubert hat, kann man ohne Einschränkung als kleines Meisterwerk bezeichnen. King selber soll Reiner nach einer Privatvorstellung in die Arme gefallen sein vor Begeisterung und den Film als beste Verfilmung seines Stoffes bezeichnet haben. Zu Recht, findet doch so ziemlich jeder von uns Eigenschaften der heranwachsenden Protagonisten in seiner eigenen frühen Jugend wieder. Doch bei aller Melancholie kommen hier Humor und auch Spannung nicht zu kurz. Wenn die Kinder den Weg über die Eisenbahnbrücke wählen und der Zug von hinten angerauscht kommt, bleibt dem Zuschauer zu Recht der Atem stocken.
Die Darstellerwahl war geradezu genial. River Phoenix („My own private Idaho“) wurde kurzzeitig zum Hollywoodstar, bevor er mit nur 23 Jahren den viel zu frühen Drogentod starb. Corey Feldman hatte zusammen mit dem ebenfalls unter tragischen Umständen verstorbenen Corey Haim einige Teeniehits in den späten 80ern („The lost Boys“). Heute sieht man ihn bei obskuren Musikauftritten, die eher Kopfschütteln bereiten. Jerry O´Connell nahm gefühlte hundert Kino ab, um in Filmen wie „Scream 2“ oder „Piranha“ aufzutreten. Und Wil Wheaton darf auch heute noch als Dauergast bei „The Big Bang Theory“ seinem Hollywoodruhm selbstironisch nachweinen. Doch die wahren Stars sind in den Nebenrollen versteckt. So sehen wir in der Rolle des Bösewichts den jungen Kiefer Sutherland, der in der deutschen Fassung erstaunlicherweise schon von Stammsprecher Tobias Meister vertont wurde. Auch John Cusack durfte hier in einer seiner ersten Rollen vorbei schauen. Zu guter Letzt sei noch Richard Dreyfuss erwähnt, der als erwachsener Gordie dem Zuschauer die Geschichte erzählt. Ein großes Stück Hollywood sowohl vor, als auch hinter der Kamera.
Freunde kommen und gehen, doch prägen sie uns ein Leben lang. Ein wunderschöner Film über das Erwachsenwerden, den ich wirklich jedem da draußen ans Herz legen möchte. Unbedingte Kaufempfehlung.
Filmausschnitt: