DIE MÄDELS VOM IMMENHOF war bereits zu meiner Kindheit ein Filmklassiker, der öfters im Ferienprogramm versendet wurde. Harmlose Familienunterhaltung, die unter anderem in meiner Heimatstadt Lübeck gedreht wurde, was den Film für mich besonders reizvoll macht. Es sollten noch vier Fortsetzungen folgen, die Letzte im Jahre 1974, danach wurde es ruhig um das Gestüt (abgesehen von einer grausamen TV-Serie in den 90ern, über die wir lieber den Mantel des Schweigens legen). Doch jetzt bringt Euch Concorde Video einen brandneuen Pferdegestütfilm ins Heimkino. Ob der mit den Originalen mithalten kann?

Drehbuch und Regie: Sharon von Wietersheim

Darsteller: Leia Holtwick, Moritz Bäckerling, Heiner Lauterbach, Valerie Huber, Laura Berlin

Artikel von Christian Jürs

Nostalgiker, die auf eine Rückkehr der Geschwister Dick und Dalli hoffen, werden enttäuscht sein. Die fröhlichen Schwestern, die einst in den Geschichten von Ursula Bruns den fröhlichen Hof gleich mehrfach vor dem Ruin retteten, glänzen durch Abwesenheit. Okay, Dick, gespielt von Angelika Meissner, war auch im dritten Sequel anno 1973 schon nicht mehr dabei (dafür kam Horst Janson hinzu). Immerhin blieb Dalli dem Hof bis 1974 treu. Diese wurde damals von der viel zu früh von uns gegangenen Heidi Brühl gemimt, die auch für den Schmachtfetzen „Wir werden niemals auseinander gehen“ verantwortlich war. Der Ohrwurm war übrigens gratis.

Doch so ganz umgewöhnen muss man sich nicht, sind es doch erneut Schwestern, die den Immenhof vor dem finanziellen Aus retten müssen. Diesmal sind es derer sogar gleich drei. Charly (Laura Berlin), mit 23 Jahren die Älteste im Bunde, bewirtschaftet den Reiterhof zusammen mit ihrer Teenieschwester Lou (Leia Holtwick) und der sich noch im Kindesalter befindlichen Emmie (Ella Päffgen). Papa hat das Zeitliche gesegnet und damit begannen die Probleme. Denn das Geld ist mehr als knapp und auch das Jugendamt hängt Lou im Nacken, bezüglich des Sorgerechts.

Doch die wahre Bedrohung geht von Jochen Mallinckroth (Heiner Lauterbach), dem griesgrämigen Besitzer des Nachbargestüts, aus. Dieser hat natürlich Kohle wie Heu und möchte den Immenhof aufkaufen, um ihn zu modernisieren. Selbstredend für das Genre, dass die Mädels dies mit aller Macht verhindern wollen. Insbesondere die sensible Lou, die gleichzeitig als Haupt- und Identifikationsfigur dient, hat hiermit ein großes Problem.

Eines Tages findet sie den Star des Nachbarhofs, ein Rennpferd namens Calligistro, im Moor festgesteckt und dabei zu versinken. Geistesgegenwärtig rettet sie, zusammen mit ihrem Freund aus Kindheitstagen Matz (Rafael Gareisen), das Tier aus der Todesfalle. Doch statt Dankbarkeit erntet sie den Zorn des Besitzers und seiner arroganten Pferdetrainerin Runa (Valerie Huber), denn Calligistro ist fortan etwas durch den Wind und nicht in der Lage, ein großes, anstehendes Rennen zu meistern. Doch es kommt noch schlimmer, denn Mallinckroth fordert plötzlich einen alten Kredit ein, den die drei Mädels unmöglich bezahlen können. Stattdessen gibt Charly Lous Lieblingsstute Holly ab, um aus dem Gröbsten zu kommen. Das lässt unsere Teenagerin aber nicht auf sich sitzen und bietet ihrem Nachbarn einen Deal an: Sollte sie es schaffen, Calligistro wieder renntauglich zu bekommen, erhält sie Holly zurück. Ein unmögliches Unterfangen?

Die Zutaten des neuen Immenhof-Streifens sind hinlänglich bekannt. Angereichert wird das Ganze noch durch eine Dreiecks-Liebesgeschichte, denn Lou muss sich nebenbei auch noch für den richtigen Freund entscheiden. Ist es Kandidat a) Matz, der Freund aus Kindheitstagen, der ihr immer helfend zur Seite stand und auch immer ein offenes Ohr hat oder b) der coole YouTuber Leon (Moritz Bäckerling), der Sozialstunden auf dem Hof ableisten muss und so Sachen sagt wie „Ich dachte, der Immenhof wär fetter.“ oder (mein Highlight) „That´s my girl.“ Was glaubt Ihr?

Ich gebe zu, dass klingt jetzt nicht allzu berauschend – ist aber im Grunde netter als befürchtet. Fans der (altmodischen) Originalfilme werden logischerweise nicht auf Ihre Kosten kommen, was aber gar nicht schlimm ist, denn dieser Film erzählt seine Geschichte ja auch für die heutige (weibliche) Jugend. Man muss IMMENHOF – DAS ABENTEUER EINES SOMMERS zugestehen, dass er seine Figuren ernst nimmt….also die Schwestern…nicht die Poserjungs. Doch die stehen hier auch gar nicht im Mittelpunkt und sind auch nicht Zielpublikum. So verließ mein Sohn nach 10 Minuten angenervt den Raum, um draußen Spatzen mit dem Luftgewehr zu schießen oder was Jungs in dem Alter sonst so machen. Vielleicht Hausaufgaben? Meine Tochter blieb dafür gebannt vor der Glotze, wenn auch bei Ihr am Ende die Freudenschreie ausblieben.

Denn während der Film bei der Figurenzeichnung wirklich alles richtig macht und nicht wie bei Detlev Bucks Bibi und Tina in furchtbare Albernheiten abdriftet, bemüht sich Regisseurin von Wietersheim um eine eher traurige, hoffnungsvolle Erzählweise in farbreduzierten Sepiabildern. Auch verkörpert Heiner Lauterbach einen glaubwürdigen „Bösewicht“ (der er ja eigentlich gar nicht ist). Trotzdem kann der Film gegen OSTWIND nicht anstinken. Wieso?

Nun, die Geschichte ist hier und da doch sehr abgedroschen. Die größte Schwäche ist jedoch das Finale. Denn bei 4,5 Mio Euro Budget war anscheinend das finale Rennen nicht drin. Dieses findet tatsächlich offscreen statt, was ein wenig fassungslos zurücklässt.

Das Bonusmaterial umfasst gut eine halbe Stunde an Featurettes, Deleted Scenes, Trailern und so weiter. Bild und Ton sind hervorragend. Wenn jetzt der zweite Teil, der sich bereits in Vorproduktion befindet, nicht die paar Fehler vom ersten Teil macht, könnte die Reihe noch eine ganze Weile weiter laufen. Vielleicht wirds ja eine zweite Pentalogie.

Trailer:

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