In der 13. Ausgabe unserer umfangreichen Wallace-Retrospektive widmen wir uns heute einem weiteren, wohl bekannten Titel aus der Krimi-Fabrik Rialto-Film. Mit DER SCHWARZE ABT (1963) sollte die altehrwürdige Reihe weiter in der Erfolgsspur gehalten werden. Ob dies gelang und ob der Film mit den großen Titeln der Serie mithalten kann, erfahrt ihr wieder einmal bei Uns!

„Hallo, hier spricht Edgar Wallace!“

Drehbuch: Johannes Kai, Franz Josef Gottlieb
Regie: Franz Josef Gottlieb

Darsteller: Joachim Fuchsberger, Grit Boettcher, Dieter Borsche, Charles Regnier, Eddi Arent, Klaus Kinski, Werner Peters, Harry Wüstenhagen, Friedrich Schoenfelder, Eva Ingeborg Scholz…

Artikel von Christopher Feldmann

Obwohl die Wallace-Verfilmung DER ZINKER (1963) ein mehr als zufriedenstellender Erfolg war, wollte Horst Wendlandt kein Risiko eingehen, da sich nun auch die Konkurrenz in den Krimi-Boom eingeklinkt hatte. Artur Brauner, Geschäftsführer der altehrwürdigen CCC-Film, sah ebenfalls die Zeichen der Zeit und ging mit seiner eigenen Produktion nach einem Roman des britischen Schriftstellers ins Rennen um die Gunst der Zuschauer. DER FLUCH DER GELBEN SCHLANGE (1963), der ebenfalls mit bekannten Gesichtern wie Joachim Fuchsberger und Eddi Arent aufwartete, erwies sich ebenfalls als Erfolg an den Kinokassen. Auch wenn DER ZINKER kurz darauf mehr Publikum anlocken konnte, musste Wendlandt nun liefern, um seine Vormachtstellung nicht zu gefährden. Für den Sommer musste ein echter Knüller her, denn trotz der warmen Jahreszeit, gingen die Zuschauer für einen „echten“ Edgar-Wallace-Film ins Kino, dass hatte ein Jahr zuvor DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN (1962) eindrucksvoll bewiesen. Da Das Drehbuch zu DAS INDISCHE TUCH (1963) noch überarbeitet werden musste, die Produktion zu DAS VERRÄTERTOR (1964) immer noch nicht in Bewegung kam und das Projekt DER DERBYSIEGER gänzlich fallen gelassen wurde, kramte man DER SCHWARZE ABT (1963) aus der Schublade, ein Skript das Hanns Wiedmann aka Johannes Kai bereits 1962 geschrieben hatte. Die Vorlagen getreue Adaption stieß auf Wohlwollen seitens der Produzenten, womit der dreizehnte Wallace-Film in Produktion gehen konnte. Aber auch wenn DER SCHWARZE ABT sehr nahe an dem zu Grunde liegenden ist, gehört der Krimi doch eher zu den mäßigeren Filmen der Reihe.

Handlung:
Als in den Ruinen der Abtei von Fossaway ein Mann von einer vermummten Gestalt ermordet wird, alarmiert Gutsverwalter Dick Alford (Joachim Fuchsberger) vom unweit gelegenen Schloss Chelford Manor Scotland Yard. Inspektor Puddler (Charles Regnier) und sein Assistent Horatio (Eddi Arent) nehmen sofort die Ermittlungen auf, stoßen aber schnell auf ein undurchsichtiges Netz aus doppelten Spielen. Auch wenn Alford die Polizei alarmiert hat, scheint er seinen Vetter, den Schlossherren Lord Chelford (Dieter Borsche), beschützen zu wollen. Dieser wiederum jagt unnachgiebig dem sagenumwobenen Familienschatz hinterher, der in den Ruinen verborgen zu sein scheint. Ganz zum Leidwesen seiner Verlobten Leslie Gine (Grit Boettcher), deren Bruder Arthur (Harry Wüstenhagen) von dessen zwielichtigen Bürovorsteher Fabian Gilder (Werner Peters) erpresst wird, der nicht nur ein Auge auf Leslie, sondern auch auf den Schatz der Chelfords geworfen hat. Auch der Butler Thomas Fortuna (Klaus Kinski) scheint mehr über die ominösen Vorgänge auf dem Schloss zu wissen, als er zugeben will.

Auf ein Wiedersehen mit DER SCHWARZE ABT (1963) habe ich mich besonders gefreut. Nicht, weil ich diesen Film als besonders gut in Erinnerung hatte, sondern, weil mich die zugegeben verzwickt anmutende Handlung in sehr jungen Jahren, als ich sämtliche Wallace-Krimis über den heimischen Fernseher konsumierte, doch etwas überforderte. Auch empfand ich dieses Werk als etwas langatmig, weshalb es in meiner Gunst eher weiter unten zu finden war. Viele Jahre später, also jetzt, schätze ich durchaus gewisse Qualitäten, auch wenn sich meine Grundhaltung nicht sonderlich geändert hat.

Das Skript zu diesem Streifen stammt, wie Eingangs erwähnt, von Johannes Kai, der bereits zuvor für Rialto-Film das Drehbuch zu DER FÄLSCHER VON LONDON (1961) geschrieben und DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN (1962) einer Generalüberholung unterzogen hatte. Das hier vorliegende Material schrieb Kai unter starker Berücksichtigung der Vorlage, was zu dieser Zeit ungewöhnlich war, da man bereits neue Stoffe erdachte, die nur noch rudimentär mit den Werken von Edgar Wallace zu tun hatten. So übernahm Kai die vollständige Handlung des Romans, korrigierte kleine Schönheitsfehler, blieb ansonsten aber bei der Vorlage. Es dürfte wohl der einzige Film der Reihe sein, der seinem Ursprungs-Roman so nahe ist. Auf dieser Ebene macht der Film auch gar nicht mal viel falsch und etabliert ein verzwicktes aber auch interessantes Geflecht aus doppelten Spielen, halbseidenen Charakteren und zahlreichen Irrungen und Wirrungen. Auch mit der Figur des „schwarzen Abts“ hatte man einen ordentlichen Antagonisten in petto, der auch gerne als kleiner Bruder vom „Mönch mit der Peitsche“ gesehen wird. Ebenfalls ein guter Kniff, ist die Tatsache, dass in Bezug auf den Bösewicht nichts so ist wie es scheint und die Geschichte den Zuschauer immer wieder an der Nase herumführt.

Allerdings hat dies auch den Nachteil, dass DER SCHWARZE ABT weit weniger rasant daherkommt, als so manch andere Wallace-Klassiker, die beispielsweise von Alfred Vohrer inszeniert wurden. Man merkt der Story durchaus an, dass sie sehr bemüht darin ist, dieses undurchsichtige Netzt aus verschiedenen Charakteren mit zahlreichen Überschneidungen bis zum Ende aufrecht zu erhalten, weshalb es dem Ganzen etwas an Witz und Tempo fehlt, sowie an Action. Die Handlung spielt sich gänzlich auf Chelford Manor ab, andere Schauplätze kommen hier gar nicht vor, bis auf die Ruinen der Abtei. Das hat zur Folge, dass die Szenen stellenweise recht statisch bleiben und sich die fehlende Rasanz der Geschichte schnell bemerkbar macht.

Ein guter Regisseur wäre normal in der Lage, dieses Defizit mit einer geschickten Inszenierung zu kompensieren, allerdings merkt man Franz Josef Gottlieb an, dass ihm das Gespür für Tempo und Pointen nicht wirklich gegeben ist. Gottlieb war auch eher die letzte Wahl für diesen Film, da andere Kollegen nicht zur Verfügung standen. Da man sich, um nicht in Routine zu verfallen, Alfred Vohrer für den nächsten Film aufsparen wollte, Harald Reinl derzeit für Artur Brauner inszenierte und andere Filmemacher wie Jürgen Roland oder Helmuth Ashley nicht mehr in Frage kamen, griff man auf Gottlieb zurück, der DER FLUCH DER GELBEN SCHLANGE (1963) inszeniert hatte. Gottlieb, der später noch mit Klamotten wie WENN DIE TOLLEN TANTEN KOMMEN (1970) und TANTE TRUDE AUS BUXTEHUDE (1971) um die Ecke kam, schafft es nicht seinem Film die nötige Würze zu verleihen und kommt selten aus dem Quark, auch die Art der Inszenierung, die Kamera und der Schnitt erzeugen nur selten Spannung, was DER SCHWARZE ABT trotz einiger Vorzüge nur mäßig unterhaltsam macht. Auch einige Szenen, die Kai geschrieben hatte, vielen unter den Tisch und Spannungselemente des Romans wurden nicht wirklich genutzt.

Großer Pluspunkt dieser Veranstaltung, sind die spielfreudigen Darsteller, die dem Zuschauer ein wohliges Gefühl vermitteln. Blacky Fuchsberger ist wie immer eine Bank, der eigentliche Star ist allerdings Dieter Borsche, der mit seinem manischen Spiel alle an die Wand nagelt und das größte Prunkstück des Films ist. Es war nach die DIE TOTEN AUGEN VON LONDON (1961) sein zweiter und letzter Auftritt in der Reihe. Relativ blass bleibt allerdings Grit Boettcher, die, ähnlich wie Uschi Glas in den späteren Filmen, nicht an die Ausstrahlung vorheriger Wallace-Girls heranreichen kann. Dafür gibt auch ihre Rolle zu wenig her. Und trotzdem werden wir ihr später noch einmal begegnen. Veteranen wie Werner Peters (herrlich fies), Harry Wüstenhagen und Friedrich Schoenfelder spielen routiniert auf, während Klaus Kinski wieder einmal den halbseidenen, mysteriösen Typen vom Dienst gibt, allerdings in seiner eng gestrickten Rolle als Butler etwas unterfordert bleibt. Wirklich schön sind allerdings Charles Regnier und Eddi Arent als Ermittler-Duo. Reigniers unterkühlte Darstellung und Arents quirliges Auftreten ergänzen sich gut, schade, dass es der einzige Film blieb, in dem die Beiden Seite an Seite ermitteln durften. Weiter kleinere Rollen übernahmen Eva Ingeborg Scholz und Alice Treff, die aber ihre einzigen innerhalb der Reihe blieben. Da in diesem Film die Rolle des Sir John gänzlich fehlt und kein anderer Charakter passen wollte, ist Siegfried Schürenberg hier nicht mit von der Partie.

Zum dritten Mal beteiligte sich eine französische Produktionsfirma an einem Wallace-Film, in diesem Fall war es Les Films Jacques Leitienne, die bereits einen Teil der Kosten für DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN trugen. Die Dreharbeiten fanden vom 17. April bis zum 28. Mai 1963 statt, gedreht wurde unter anderem im Park Klein-Glienicke in Berlin-Wannsee. Die Außenaufnahmen für Chelford Manor entstanden bei Schloss Herdringen in Arnsberg. Als Studio wurden wieder die Film-Ateliers der CCC-Film genutzt und da keine Szenen in London spielen, wurde dieses Mal auf Archivmaterial verzichtet. Die Uraufführung fand am 05. Juli 1963 im Universum in München statt. Trotz mittelprächtiger Kritiken war DER SCHWARZE ABT (1963) ein voller Erfolg und verbuchte 2,7 Millionen Zuschauer, nur knapp hinter seinem Vorgänger DER ZINKER, der 2,9 Millionen Besucher in die Kinos locken konnte.

Wie von Wendlandt erhofft, gab auch die FSK dem Krimi ihren Segen. Bei Erstaufführung trug der Film das Siegel „freigegeben ab 12 Jahren“.

Fazit:
DER SCHWARZE ABT (1963) hat seine Stärken. Ein gutes Drehbuch, welches sich eng an die Vorlage hält, eine, bis auf wenige Ausnahmen, gut aufspielende Besetzung und eine verzwickte Story, die durchaus zu gefallen weiß. Die uninspirierte, tempolose Regie und die fehlende Spannung machen aus dem 13. Edgar-Wallace-Film allerdings ein auf Dauer etwas zähes Vergnügen, welches nicht so wirklich aus dem Quark kommen will. Schade, Potenzial war hier definitiv vorhanden.

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