Mit den lieben Haaren hatte ich schon immer so meine Probleme. Als Kind mit Pisspott-Schnitt gestraft, ließ ich mir im Teeniealter eine neue Frise verpassen, die noch viel furchtbarer aussah: Oben stoppelig, hinten lang – in einem Wort ausgedrückt: Schrecklich. Mittlerweile ist die Kopfbedeckung auf dem Rückzug und die Haare sprießen an Stellen, wo eigentlich keine hingehören. Auch die Hauptfigur im vorliegenden Film, den uns LEONINE STUDIOS jetzt im Heimkino präsentiert, hat mit der eigenen Haarpracht so ihre Probleme, denn ihre neuen Extensions entwickeln ein dämonisches Eigenleben.

Originaltitel: Bad Hair

Drehbuch und Regie: Justin Simien

Darsteller: Elle Lorraine, Vanessa Williams, Kelly Rowland, Usher, James Van Der Beek

Artikel von Christian Jürs

Seit ihre ältere Schwester ihr beim Versuch die Haare zu färben, Teile der Kopfhaut verätzt hat, gibt sich Anna (Elle Lorraine) mit einer einfachen Afro-Frisur zufrieden. Einige Jahre später, 1989, ist sie zu einer Frau herangewachsen, die bei einem Fernsehsender in Los Angeles erfolglos versucht, die Karriereleiter hinaufzustolpern. An Ideen mangelt es ihr nicht, um dem Musiksender, der ausschließlich schwarze Musiker präsentiert, frischen Wind zu verpassen. Doch über einen Assistentinnenjob kommt sie einfach nicht hinaus.

Dies soll sich ändern, als der Eingentümer des Senders, Grant Madison (James Van Der Beek), neue Wege einschlagen möchte. Die einstige Programmchefin Edna (Judith Scott), Annas Mentorin, weigert sich, Veränderungen vorzunehmen und wird kurzerhand von der attraktiven und erfolgreichen Zora (Vanessa Williams) ersetzt. Anna wittert ihre Chance und präsentiert ihrer neuen Chefin die Idee zu einer täglichen Countdown-Show, die Anna unbedingt moderieren möchte. Zora, die zuvor eiskalt einige ihrer Mitarbeiter abserviert hat, zeigt sich interessiert, verlangt jedoch, dass Anna sich eine neue Frisur verpassen lässt, um als Aushängeschild des Senders fungieren zu können. Sie gibt ihr die Adresse eines exklusiven Haarstudios, in dem sich Anna, unter schmerzhaften Bedingungen, eine Flechtfrisur verpassen lässt. Diese darf, wie ihr mitgeteilt wird, unter keinen Umständen nass werden und muss mit einem speziellen, rosafarbenen Haarpflegemittel eingerieben werden. Mit dem Geld für den neuen Look hätte Anna eigentlich ihre Mietschulden begleichen sollen, doch das Risiko zahlt sich aus, sie erhält den Zuschlag zur Moderation. Als abends jedoch ihr angetrunkener Vermieter versucht, sie zu vergewaltigen, verletzt Anna ihn mit einem Teppichmesser. Daraufhin entwickeln die Haare plötzlich ein Eigenleben und saugen dem Unsympathen das Blut aus. Es soll nicht das letzte Opfer bleiben, dass Anna, die sich langsam zu verändern beginnt, an der Hacke hat…

In den USA vom Streamingdienst hulu vertrieben, hat sich hierzulande Leonine Studios den Film unter den Nagel gerissen. Die von Regisseur und Drehbuchautor Justin Simien (Dear White People) inszenierte Horrorsatire passt sich dem Massenpublikum perfekt an, indem sie niemals allzu gruselig oder gar brutal wird. Dafür sorgt der Film in manchen Szenen, etwa wenn Edna behauptet, ihre Arbeit hätte Bedeutung gehabt, während die Modernisierung ein Werk des Teufels sei, für Stirnrunzeln. Platter geht´s nimmer. Der Film lässt sich zudem fast eine Stunde Zeit, bis die bösen Haare endlich ihre wahre Seite zeigen und ordentlich zuschlagen. Hierbei fallen leider die äußerst mäßigen CGI-Effekte auf, die irgendwie aus der Zeit gefallen zu sein scheinen. Auch in Punkto Humor gibt es nur wenige Schmunzler zu verbuchen. Dass der Film trotzdem für einen entspannten Feierabend ausreicht, ist vorrangig der talentierten und sympathischen Elle Lorraine zu verdanken, die es schafft, die Sympathien des Publikums zu gewinnen. Ihr zur Seite stehen einige bekannte Namen aus dem farbigen Musikbusiness (z.B. Usher), was den Musikfan erfreuen wird. Auch der Look des Musiksenders in den auslaufenden 80ern wirkt authentisch und weckt Erinnerungen an eine Zeit, als Yo! MTV Raps jeden Samstag Vormittag versendet wurde. Wer also nicht allzuviel Horror erwartet oder gar vertragen kann und seine Sturm- und Drangzeit anno 1989 verbrachte, der sollte einen Blick riskieren.

Auf DVD und Blu-ray erscheint der Film lediglich mit diversen Trailern im Bonusmaterial. Bild- (1,85:1) und Tonqualität (Deutsch und Englisch in DD 5.1) sind sehr gut. Deutsche Untertitel sind optional enthalten.

Mein Tipp: Erst zum Friseur und Haarverlängerungen verpassen lassen, dann dürfte dies ein wirklich gruseliges Erlebnis werden.

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