Es gibt durchaus diverse Titel, denen ein zeitgenössisches Reboot gut zu Gesicht stehen würde. Nach einer Neuauflage des Hinterwäldler-Kannibalen-Slashers WRONG TURN (2003) dürfte aber vermutlich niemand gefragt haben. Jedoch hatte man bei Constantin Film wohl eine zündende Idee, mit der man das Franchise, auf dessen Erstling ganze fünf Direct-to-Video-Nachzügler folgten, zu neuen Tugenden führen wollte. Bedingt durch die Corona-Pandemie erschien WRONG TURN – THE FOUNDATION bei CONSTANTIN FILM nach einer kurzfristigen On-Demand-Premiere nun doch direkt im Heimkino. Ob sich der Ausflug in den tiefen Wald lohnt, verraten wir euch in unserer Kritik (Update zur physischen Veröffentlichung)

Originaltitel: Wrong Turn

Drehbuch: Alan B. McElroy

Regie: Mike P. Nelson

Darsteller: Charlotte Vega, Adain Bradley, Bill Sage, Emma Dumont, Dylan McTee, Daisy Head, Matthew Modine…

Artikel von Christopher Feldmann

Als WRONG TURN im Jahr 2003 in die Kinos kam, konnte die deutsch-amerikanische Ko-Produktion das Doppelte ihres Budgets wieder einspielen. Der knackige Horrorfilm, in dem junge Städter vom Weg abkommen und daraufhin von degenerierten Kannibalen in den Wäldern West Virginias verhackstückt werden, machte den Backwood-Horror wieder salonfähig und verlegte die Prämisse aus Wes Cravens Terror-Klassiker THE HILLS HAVE EYES (1977) einfach ins grüne Dickicht. Der Erfolg sorgte dafür, dass bis 2014 ganze fünf weitere WRONG-TURN-Filme produziert wurden, allerdings reichte es bei diesen nur für den DVD-Markt. Der bis dato letzte, WRONG TURN 6: LAST RESORT (2014) stellte dabei sogar ein Prequel dar. Wer auf derben Splatter steht, kam an den Low-Budget-Streifen nicht vorbei, boten diese doch von Teil zu Teil immer mehr Geschmacklosigkeiten und derbere Gore-Szenen. Ein siebter Teil war lange in Planung, allerdings lieferte der Autor des Erstlings, Alan B. McElroy, den Stoff für ein zeitgenössisches Reboot, der dem blutigen Treiben wieder mehr Substanz geben sollte, falls diese jemals vorhanden war. Trotzdem entpuppt sich WRONG TURN – THE FOUNDATION (2021) schnell als Mogelpackung, die darauf schließen lässt, dass man auf die artverwandte Geschichte einfach einen etablierten Titel genagelt hat, um diesen mauen Wald-und-Wiesen-Slasher irgendwie gewinnbringend an den Mann zu bringen.

Handlung:

Jen (Charlotte Vega) und ihre fünf New Yorker Freunde begeben sich auf einen Campingausflug in die Appalachen von West Virginia. Bei einer Wanderung verlassen sie trotz eindringlicher Warnungen den ausgewiesenen Weg und betreten das Reich der Foundation – ein 150 Jahre alter Kult, der sich einst im Förderationskrieg isolierte, um in der Wildnis eine neue Gesellschaft aufzubauen. Die alteingesessene und brutale Gemeinschaft von Siedlern schätzt keine Eindringlinge – um ihre eingeschworene, erzkonservative Zivilisation zu schützen, ist ihnen jedes Mittel recht. Während für Jen und ihre Freunde ein Kampf ums Überleben beginnt, macht sich ihr Vater Scott (Matthew Modine) auf die Suche nach seiner vermissten Tochter. Er könnte ihre letzte Chance sein, diesem Albtraum zu entkommen. Eine blutrünstige Jagd lässt nicht lange auf sich warten…

Reboots diesen in erster Linie dazu, einer bereits etablierten Marke neue Impulse zu verleihen und der in der Regel bereits auserzählten Geschichten neue Facetten abzugewinnen. Anders als Remakes, die meist lediglich den zu Grunde liegenden Stoff nochmal aufs Neue wiederkäuen, können Reboots tatsächlich einen Mehrwert darstellen, wenn die richtigen Ideen zusammenkommen. Im Fall von WRONG TURN – THE FOUNDATION muss man den besagten Mehrwert schon mit der Lupe suchen, macht der Horrorstreifen doch augenscheinlich nicht viel anders, als seine Vorgänger. Eine Gruppe junger Menschen, die außer einem Studium nichts geleistet haben, begeben sich für den obligatorischen Wanderausflug in die tiefen Wälder, nachdem sie schon mit der Redneck-Kleinstadtbevölkerung aneinander gerasselt sind, die sie natürlich eindrücklich davor warnen „den Weg“ zu verlassen. Natürlich sind unsere Protagonisten ignorante Idioten und verlassen jenen Weg relativ schnell, um nur kurze Zeit später mächtig in der Scheiße zu sitzen.

Jetzt werden sich kundige Horrorfans fragen, was daran neu sein soll, haben wir diesen Plot doch schon drölf Millionen Mal gesehen, sechs mal davon allein im WRONG-TURN-Franchise. Tja, man hat einfach die degenerierten Hinterwäldler-Kannibalen aus dem Skript gestrichen und sie durch eine in der Natur ansässige Gesellschaft ersetzt, die aus den Nachfahren von Bürgerkriegs-Flüchtlingen besteht, die tief im Wald ihre eigene Zivilisation aufrecht erhalten. Für sich genommen, ist die Idee gar nicht mal so mies, bietet sie doch Nährboden für Gesellschaftskritik und politische Spitzen. Allerdings befinden wir uns hier in einem Horrorfilm, der sich immer noch mit der Marke WRONG TURN schmückt, was bedeutet, dass man hier keinen spannenden Subtext erwarten sollte, sondern dummdreiste Unsympathen, die im Wald massakriert werden. Nur sind es dieses Mal keine entstellten Inzest-Opfer, sondern Aussteiger, die Tierschädel auftragen und irgendwas von Gleichheit und dem Recht des Stärkeren faseln. Das ist mitnichten der innovativste Plot aber immerhin irgendeine Idee, ansonsten bietet dieses überflüssige Reboot aber genau jene Zutaten, die man zu Genüge kennt.

Unsere Protagonisten sind die typischen Yuppie-Millennials, die in der Alkoholiker-Dorf-Kneipe natürlich auffallen wie ein bunter Hund. Diese verhalten sich auch standesgemäß erstmal richtig unsympathisch und brillieren durch ihren Intellekt. Da kann ein dicker Baumstamm den Hang hinab rollen und unsere Vorzeige-Nulpen springen nicht bei Seite, sondern rennen geradeaus davor weg. Das ist nur eine von mehreren Doofheiten, die man in das lasche Drehbuch geklatscht hat, dass vor Logiklücken und hanebüchenen Szenen nur so strotzt und die Protagonisten als eine Truppe von ausgemachten Vollidioten schildert, die auch mal einen ihrer toten Mitglieder einfach liegen lässt, ohne großartig Zeit für Trauer zu verschwenden. Schlussendlich macht auch die „Foundation“ nicht viel anders als die Inzest-Kannibalen aus den Teilen 1-6. Sie fressen zwar keine Mitmenschen, morden aber genauso menschenverachtend und ergänzen ihre Rituale noch mit ausladenden Reden, in dem sie das Ganze mehr schlecht als recht zu rechtfertigen versuchen. Und weil sich daraus lediglich 70 Minuten Film machen ließen, hat man noch den alten Matthew Modine aus der Rente geholt, um mit seinem Subplot, der wirklich kaum etwas zum Ablauf der Geschichte beiträgt, die Laufzeit noch ein wenig zu strecken.

Rein inszenatorisch bietet Mike P. Nelson auch nicht viel Neues. Zwar sind die Landschaftsaufnahmen ganz hübsch und ein paar Drohnenflüge machen etwas her, insgesamt bietet der Film aber kaum etwas, was man nicht schon in den zig anderen artverwandten Horrorfilmen gesehen hat. Auch in Sachen Gekröse schaltet das Reboot einen Gang zurück. Waren die Vorgänger noch saftigem Splatter gekennzeichnet, geht es hier etwas gemächlicher zur Sache. Die Effekte sind erfreulicherweise praktischer Natur, Gorehounds gucken aber dennoch in die Röhre, beschränken sich die blutigen Tatsachen doch nur auf Spitzen und von den nicht wenigen Taten sind schlussendlich nur die Ergebnisse zu sehen, wenn auch ordentlich getrickst.

Nach der Premiere beim Pay-TV-Anbieter SKY in dessen Video-on-Demand-Programm wird dem Reboot dasselbe Schicksal zu Teil wie den Vorgängern, eine Heimkino-Premiere. Die uns vorliegende DVD von Constantin Film beinhaltet neben dem Hauptfilm mehrere Deleted Scenes (ca. 7 Minuten) und ein Making-Of (ca. 26 Minuten). Ein Wendecover ohne FSK-Logo besitzt sie, im Gegensatz zur Blu-ray, nicht. Die Bildqualität (2,39:1) ist gut, der Ton in Deutsch und Englisch ebenso. Deutsche Untertitel sind optional vorhanden. Die Blu-ray-Variante verfügt außerdem noch über einen Audiokommentar von Regisseur Mike P. Nelson.

Trotz neuer Idee, ist bei WRONG TURN – THE FOUNDATION (2021) alles beim Alten. Teenager verlaufen sich im Wald und müssen um ihr Leben fürchten. Das ist definitiv zu wenig, vor allem weil hier zu viele Längen und ein unzulängliches Drehbuch den Gesamteindruck noch weiter schmälern. Ein Reboot, dass niemand gebraucht hätte und auch keinen hinter dem Ofen hervorlocken wird. Dann doch lieber die Vorgänger, da gibt es wenigstens saftige Schauwerte.

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