Mit HETZJAGD IM SUMPF – HALB TIER, HALB MENSCH (1973) hat Cargo Records in Zusammenarbeit mit Maritim Pictures einen weiteren, vermutlich schon gut abgehangenen Streifen aus ihrem Fundus für vergessene Nischenfilme zu Tage gefördert und auf Scheibe gepresst. Ob sich der Rape-and-Revenge-Reißer mit Ex-Playmate Claudia Jennings lohnt und somit Fans des gepflegten Bahnhofskinos auf ihre Kosten kommen, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originatitel: Gaitor Bait

Drehbuch: Beverly Sebastian

Regie: Beverly Sebastian, Fred Sebastian

Darsteller: Claudia Jennings, Sam Gilman, Douglas Dirkson, Clyde Ventura, Bill Thurman…

Artikel von Christopher Feldmann

Handlung:

Fünf Männer sind der schönen Desiree (Claudia Jennings) auf den Fersen, weil sie angeblich den Sohn des Sheriffs erschossen hat. Dieser Tod soll durch barbarische Selbstjustiz gesühnt werden. Opfer der Meute wird die jüngere Schwester Desirees, die mit ihrem stummen Bruder alleine im Haus ist, als die Männer eintreffen. Sie stirbt einen qualvollen Tod – und Desiree bricht auf, um sie zu rächen… Auge um Auge, Zahn um Zahn – und nur einer wird überleben. (Klappentext)

Claudia Jennings avancierte in den 1970er Jahren kurzzeitig zur „Queen of B-Movies“, nachdem die rothaarige Schönheit im November 1969 als Playmate des Monats und 1970 zum Playmate des Jahres gekürt wurde. Die attraktive Erscheinung schlug Kapital aus ihrem Ruhm und begann sich eine Karriere als Schauspielerin günstig produzierten Exploitationfilmen aufzubauen. Dies war allerdings nur von kurzer Dauer, verlor sie ihr Leben bereits 1979 bei einem Autounfall mit gerade einmal 29 Jahren. Ihre knapp bemessene Schaffensphase umfasst allerdings ein paar Reißer, die damals wahrscheinlich gut und gerne ins Programm der 42nd Street genommen wurden. Neben Auftritten in Mark L. Lesters TRUCK STOP WOMEN (1974) und dem Proto-Slasher THE SINGLE GIRLS (1974), gehört vor allem HETZJAGD IM SUMPF (1974) zur Quintessenz des amerikanischen Grindhouse-Kinos.

Dabei mutet das Ganze wie eine frühe Version des verrufenen Rape-and-Revenge-Klassikers I SPIT ON YOUR GRAVE (1978) an, denn auch Jennings Rachefeldzug in den Sümpfen Louisianas atmet zweifellos dieselbe Luft wie Camille Keatons brutaler Vergeltungsschlag gegen Redneck-Vergewaltiger, auch wenn es hier deutlich gemäßigter und weniger freizügig zur Sache geht. Das interessanteste dürfte daran wahrscheinlich sein, dass das Regie-Duo Beverly und Fred Sebastian den Spieß umdreht und hier den ortsansässigen Sherriff mitsamt seinem dämlichen Sohn auf die Seite der Antagonisten stellt, während Jennings als in den Sümpfen lebende, in knappen Denim-Shorts Krokodile fangende Südstaaten-Amazone schon zu Beginn ihren Feinden ein Schnippchen schlagen darf. In HETZJAGD IM SUMPF muss nämlich nicht erst der weibliche Körper geschändet werden (auch wenn Billy Boy und sein nicht weniger doofer Kumpel der rassigen Schönheit tatsächlich an die Wäche wollen), sondern die Ereignisse entspinnen sich sprichwörtlich weil die feigen Prolos einfach zu doof sind, um in den Tümpel zu strullern, ist es doch der Sherriffssohn Billy Boy selbst, der unbeabsichtigt seinem Buddy eine Kugel in den Kopf jagt. Der war allerdings auch der Sohn des örtlichen Ober-Hinterwäldlers, der schwer damit zu tun hat, seine Brut davon abzuhalten, untereinander zu knattern. Natürlich schiebt der feige Hilfscop die Schuld auf die verrufene Desiree, die zurückgezogen mit ihrer Schwester und ihrem stummen Bruder in Sumpf haust, was schlussendlich die titelgebende Hetzjagd auslöst.

GATOR BAIT, so der Originaltitel, ist klassische Exploitation-Ware, die Elemente des Rachefilms mit Survival-Action vermischt, quasi ein emanzipierter Vorläufer zu RAMBO: FIRST BLOOD (1982). Auch Desiree rückt ihren Häschern mit allerlei Fallen zu Leibe, die sich schon bald in die Enge getrieben sehen. Man könnte das Ganze natürlich als feministisches Werk oder als Kommentar auf toxische Männlichkeit lesen, 1974 interessierten sich die Zuschauer allerdings eher für Action und die flotte Kiste der Hauptdarstellerin. Dies versucht der Streifen auch zu liefern, wobei er die Grenze zur Albernheit oft überschreitet, feuert das knackige Vergnügen doch ein Klischee nach dem anderen ab. Der Sherriff ist ein Vollidiot, der mehr bestürzt über den Verlust seines Bootes zu sein scheint, als über den Tod eines Menschen, Desiree sieht aus wie Tarzans Schwester, allerdings mit der Betonung auf Sex-Appeal und die fiesen Verfolger vereinen jeden Südstaaten-Stereotyp in sich, der gerade greifbar war, Jeans-Latzhosen, Strohhüte, Schrotflinten, mangelhafte Körperhygiene und einen ziemlich ausgeprägten Sexualtrieb. Einer von ihnen wird sogar zu Beginn vom eigenen Vater mit der Peitsche malträtiert, weil er schon wieder die eigene Schwester vergewaltigen wollte. Da dachte sogar ich „What the Fuck?“.

Trotzdem sollte man bei HETZJAGD IM SUMPF keinen hochklassigen Action-Knaller erwarten, sondern einen einfachen B-Streifen, der zwar alle Zutaten für zünftige Bahnhofskino-Unterhaltung beinhaltet, schlussendlich aber ein wenig an Schmackes vermissen lässt, wirken die Actionszenen doch eher Hüftsteif und das Budget schien auch nur für den Tümpel um die Ecke gereicht zu haben. Wer allerdings derlei Kost zu goutieren weiß, der kann an diesem doch recht flotten Grindhouse-Reißer seine Freude haben.

Die DVD aus dem Hause Maritim Pictures/Cargo Records bietet selbstverständlich das Bild in 4:3-Format an, die Qualität ist allerdings wirklich solide, wenn man bedenkt in welchen Untiefen den Vertrieb schon unterwegs war. Der Ton ist ebenfalls in Ordnung und gerade die deutsche Synchro haucht dem Ganzen noch etwas mehr Schmuddel-Flair ein, wenn auch der Film selbst eher mit nackten Tatsachen geizt. Warum der Streifen 25 Jahre indiziert war, soll mir mal jemand erklären.

Fazit:

Im Sumpf ist der Teufel los! HETZJAGD IM SUMPF – HALB TIER, HALB FRAU (1974) ist klassische Exploitation-Ware, die in Double-Features einschlägiger Grindhouse-Kinos vermutlich immer an zweiter Stelle lief. Der Streifen verspricht einiges, hält aber bei weitem nicht alles, was auch daran liegen mag, dass hier mit wenig Aufwand gedreht wurde. Allerdings macht alleine schon die unfassbare Klischee-Parade mit vehementen Hinterwäldler-Shaming ziemlich Laune und auch wenn am Ende kein wirklich guter Film dabei herauskommt, als leicht schmuddeliges Midnight-Movie eignet sich das Ganze dennoch.

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