In den 2000er Jahren war in der Karriere von Horror-Legende Tobe Hooper nicht mehr allzu viel los, jedoch genießt THE TOOLBOX MURDERS (2004) unter Fans einen durchaus guten Ruf und wird mit zum Besten gezählt, was der TEXAS-CHAINSAW-MASSACRE-Regisseur seit den späten 1980er Jahren auf Film bannen konnte. Ob das lose Remake des gleichnamigen Low-Budget-Slashers von 1978, welches kürzlich im Rahmen der „Platinum Cult Edition“ über DigiDreams Studios veröffentlicht wurde, für einen gelungenen Horrorabend geeignet ist, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Toolbox Murders

Drehbuch: Jace Anderson, Adam Gierasch

Regie: Tobe Hooper

Darsteller: Angela Bettis, Brent Roam, Rance Howard, Marco Rodriguez, Juliet Landau, Greg Travis, Sheri Moon Zombie…

Artikel von Christopher Feldmann

Tobe Hooper gehört nicht unbedingt zu jenen Regisseuren, denen eine langfristig besonders große Karriere vergönnt war, dabei schuf der in Texas geborene Filmemacher mit THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE (1974) einen der Horrorklassiker schlechthin, der das Genre mit seinen dreckigen Bildern und seiner griffigen Atmosphäre nachhaltig prägen sollte. Auch POLTERGEIST (1982) avancierte einem der Horror-Hits der 1980er, wer auch immer wie viel Prozent des Films gedreht haben mag. Nach einem kurzen Stelldichein bei der berühmt berüchtigten Produktionsfirma Cannon Films, welches immerhin Kracher wie LIFEFORCE (1985) und THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE 2 (1986) hervorbrachte, ging es mit der Qualität seiner Regie-Arbeiten merklich bergab. Die ohnehin in Sachen Horror trostlosen 1990er Jahre meinten es nicht gut mit Tobe Hooper, der überwiegend mit wenig Budget drehen musste und immer wieder für das Fernsehen arbeitete. Im Zuge des Erfolgs des Remakes von THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE im Jahr 2003 kam Hooper, der den Film koproduzierte, wieder zu etwas Ruhm und Ehre, weswegen es der alteingesessene Künstler noch einmal wissen wollte, indem er nämlich selbst ein Remake drehte. THE TOOLBOX MURDERS (2004) wird gemeinhin als letztes brauchbares Werk des Regisseurs gesehen, mit dem er nach einer Reihe von kommerziellen wie auch künstlerischen Misserfolgen zumindest wieder ein wenig an alte Zeiten anknüpfen konnte. Diese Auffassung kann ich aber nicht ganz teilen, denn trotz spannender Ausgangssituation und hübscher Prämisse, ist der Film ein höchstens mittelmäßiger Slasher geworden.

Handlung:

In einem alten Apartmenthaus in Los Angeles wird ein Mieter nach dem anderen bestialisch ermordet und die Körper verschwinden daraufhin spurlos. Die Tatwaffen für die Verbrechen sind jedes mal Werkzeuge. Da keine Leichen der Opfer gefunden werden können und ihr niemand zu glauben scheint, will die neue Mieterin Nell Barrows (Angela Bettis) den dunklen Geschehnissen selbst auf den Grund gehen…

In seinen Grundelementen fußt der Film auf THE TOOLBOX MURDERS aus dem Jahr 1978, einem Low-Budget-Film mit Ex-Hollywoodstar Cameron Mitchell, der zu dieser Zeit einen günstig produzierten Exploitationfilm nach dem anderen runterkurbelte. Darin geht es auch um ein Apartmentkomplex, welches von einem mit Ski-Maske und Werkzeugkoffer ausgestatteten Killer heimgesucht wird, der nackte Frauen gerne mal mit der Nagelpistole oder der Bohrmaschine malträtiert. DER KILLER MIT DER BOHRMASCHINE, so der deutsche Titel, ist kein besonders sehenswerter Film, sondern lediglich ein billiger Streifen für die Grindhousekinos, in dem es lediglich darum geht nackte Frauen effektvoll zu töten. Trotzdem generierte er ein gewisses Cult-Following, besonders weil noch im gleichen Jahr John Carpenter mit HALLOWEEN (1978) den Slasherfilm „erfinden“ sollte. THE TOOLBOX MURDERS bekam retrospektiv viel Aufmerksamkeit und erarbeitete sich eine Fanbase, die letztendlich dazu führte, dass man in den 2000er Jahren, in denen sowieso alles ein Remake erfuhr, was nicht niet- und nagelfest war. Tobe Hooper wollte allerdings nicht nur das Original widerkäuen und einen stumpfen Killer auf textilfreie Damen loslassen, sondern etwas gänzlich neues schaffen, das sich lediglich nur einzelner Elemente bediente.

Darum hat Hoopers Horrorfilm nur noch den Killer mit dem Werkzeugkasten mit dem Original gemein und verlässt sehr schnell die Pfade des konventionellen Slashers, an dessen Ende die Auflösung des Täters im Fokus steht, um dem Ganzen deutlich phantastischere Zutaten hinzuzufügen. THE TOOLBOX MURDERS ist quasi ein Mix aus klassischem Killerkino und Fantasy-Horror, dessen Skript viele interessante Ansätze bietet. Ein altes Wohngebäude aus der goldenen Ära Hollywoods sorgt für eine schöne Grundstimmung und beherbergt die Geister der Vergangenheit. Leider holt der Film aus diesen Plot-Ideen relativ wenig heraus und die zu Grunde liegenden Ereignisse und Mythen bleiben erstaunlich vage. Hier hätte ich etwas mehr Forschung in vergangenen Ereignissen und in der Geschichte Hollywoods gewünscht, was auch auf die Mythologie des Antagonisten einzahlt. Zum größten Teil widmet sich der Film aber plumpen Slasherhorror aus der zweiten Reihe.

Und der ist auch nur so mittelmäßig gelungen. Dass Hooper wuchtigen Schrecken und eine fesselnde Atmosphäre kreieren kann, weiß jeder Horrorfan seit seinem kultisch verehrten Kettensägenmassaker. Anno 2004 wirkt seine Inszenierung jedoch etwas altbacken und steif. Das kommt besonders in den Mordszenen zum Tragen, die wenig Grusel bieten und auch in ihrem Ablauf wirken, als hätte man sich nicht sonderlich Mühe gemacht, eine Spannung aufzubauen. Immer wenn der Killer mit dem Werkzeugkoffer zur Tat schreitet wirkt dies sehr behäbig, perfektes Beispiel ist die Eröffnungsszene mit Sheri Moon Zombie (ja, Rob Zombies Bettgefährtin hat einen prominenten Auftritt), die nicht nur schwach gespielt, sondern auch in Sachen Horror vollkommen unbefriedigend ist. Leider ist die Besetzung größtenteils genauso schwach wie Mrs. Zombie in ihrem glorreichen Prolog. Somit steht steht dem Film nicht nur die hüftsteife Inszenierung im Weg, sondern auch schlechtes Schauspiel. Angela Bettis, die nach THE TOOLBOX MURDERS auch nie wieder etwas größeres reißen konnte, gibt sich sichtlich Mühe, ruft aber in mir keinerlei Empathie vor, die restlichen Darsteller sind lediglich Staffage. Einzig der Killer sieht noch einigermaßen creepy aus und wenn es im Finale kurz in Richtung Torture-Porn zu gehen scheint, dann ist das effektiv. Allerdings sollte man hier auch keinen Splatter erwarten, die Gewaltdarstellung würde heute auch für sechzehnjährige durchgehen.

Die Scheibe aus dem Hause DigiDreams Studios lohnt sich derweil für Fans und Hooper-Kompletitsten. Bild- und Tonqualität sind sehr gut und das Keep-Case kommt sogar im Schuber daher. Als Bonus beinhaltet die Edition ein ausführliches Making-Of, sowie Trailer, Deleted Scenes und ein nettes Booklet mit Text von Nando Rohner.

Fazit:

THE TOOLBOX MURDERS (2004) mag zwar aus dem Spätwerk Tobe Hoopers etwas positiver hervorstechen, allerdings ist der übernatürliche Slasher kein sonderlich guter Film, sondern bestenfalls mittelmäßige Horrorware, die viele gute Ansätze bietet, allerdings hinter ihren Erwartungen zurückbleibt. Auch in Sachen Horror lockt Hooper hiermit niemanden hinter dem Ofen vor, seine Karriere war wahrscheinlich einfach vorbei.

Christophers Filmtagebuch bei Letterboxd – Your Life in Film

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