Der Superhelden-Hype ebbt nicht ab, das bewies zuletzt der Kassenschlager SPIDER-MAN: NO WAY HOME (2021) eindrucksvoll am weltweiten Box-Office. Einen ähnlichen Erfolg erhoffte man sich wohl von der Comic-Adaption MORBIUS (2022), mit der Sony Pictures versuchte, sein Lizenzpaket rund um die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft weiterhin ausgiebig zu melken. Allerdings war dem von Oscar-Preisträger Jared Leto verkörperten Vampir-Antihelden weder bei den Kritikern, noch beim Publikum sonderlich Erfolg vergönnt. Nun ist der Film über Sony Pictures Home Entertainment für den Heimgebrauch erschienen und ob er wirklich so schwach ist wie der Großteil der Presse und der Zuschauer behauptet, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Morbius

Drehbuch: Matt Sazama, Burk Sharpless

Regie: Daniel Espinosa

Darsteller: Jared Leto, Matt Smith, Adria Arjona, Jared Harris, Tyrese Gibson, Michael Keaton…

Artikel von Christopher Feldmann

Es mag viele Kinogänger und Filmfreunde geben, die den überhandnehmenden Comic-Verfilmungen von Marvel, DC und Co. überdrüssig geworden sind, jedoch erfreuen sich die Superhelden-Abenteuer nach wie vor großer Beliebtheit. So brachten zuletzt sowohl das Crossover-Spektakel SPIDER-MAN: NO WAY HOME (2021), als auch THE BATMAN (2022) und DOCTOR STRANGE IN THE MULTIVERSE OF MADNESS (2022) die Kassen zum klingeln. Neben den etablierten Riesen, die das Genre im Akkord bedienen, kämpft auch Sony Pictures mittlerweile darum, ein großes Stück vom Kuchen abzubekommen. Das liegt in erster Linie an der Rechtelage, denn der Konzern ist nach wie vor im Besitz der Verfilmungsrechte des SPIDER-MAN-Universums. Ein spezielles Abkommen zwischen ihnen und Marvel Studios (ergo Disney) ermöglichte es vor Jahren, die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft in das stetig wachsende Marvel Cinematic Universe einzugliedern und diese für Disney-Produktionen wie beispielsweise AVENGERS: INFINITY WAR (2018) auszuleihen. Dabei sollte man allerdings beachten, dass die bisherigen Solo-Filme mit Tom Holland zwar im MCU angesiedelt sind aber weiterhin von Sony produziert wurden, nur eben unter dem kreativen Einfluss von Mastermind Kevin Feige. Da dies zu beträchtlichen Einspielergebnissen führte, wird die Zusammenarbeit vermutlich auch weiterhin bestehen, allerdings umfasst das Lizenzpaket noch weitere Figuren aus dem SPIDER-MAN-Kanon, die man natürlich nicht in der Mottenkiste schlummern lassen möchte. So begann Sony abseits des MCUs ein eigenes Universum aufzubauen, nur eben ausschließlich mit den für sie verfügbaren Charakteren. Den Anfang machten VENOM (2018) und VENOM: LET THERE BE CARNAGE (2021), die zwar von den Kritikern Schelte kassierten aber trotzdem große Erfolge feierten. Nun war MORBIUS (2022) an der Reihe, SONY’S SPIDER-MAN UNIVERSE (SSU) ebenso lukrativ auszubauen, scheiterte aber auf ganzer Linie und war mit einem Einspielergebnis von gerade einmal knapp 164 Millionen US-Dollar sogar ein finanzieller Misserfolg. Das dürfte wohl weniger an der Sättigung des Publikums liegen, sondern eher an der Tatsache, dass es sich hierbei um einen absolut generischen, schnell zusammengeschusterten und obendrein schlechten Film handelt.

Handlung:

Seit seiner Kindheit leidet Dr. Michael Morbius (Jared Leto) an einer seltenen Blutkrankheit, die früher oder später unweigerlich zum Tod führen wird. Sein ganzes Leben hat er daher der Suche nach einer Heilung gewidmet, um sich und anderen Erkrankten wie seinem Kindheitsfreund Milo (Matt Smith) zu helfen. Nach jahrzehntelanger Forschung ohne Erfolg ist ein Durchbruch eines Tages zum Greifen nah. Eine Kreuzung von Menschen- und Vampirfledermaus-DNA scheint der Schlüssel zu sein. Doch als Michael sich selbst zum Testsubjekt macht, hat das verheerende Folgen. Zwar scheint seine Krankheit tatsächlich in den Hintergrund zu rücken, doch entwickelt er neben übermenschlichen Fähigkeiten plötzlich auch eine unersättliche Gier nach menschlichem Blut, die sich immer schwerer kontrollieren lässt…

Wie viele andere Kinofilme war auch MORBIUS der Corona-Pandemie unterlegen und musste mehrfach seinen Startplatz räumen, um ein möglichst großes Publikum erschließen zu können. So sollte die Comic-Verfilmung bereits im Juli 2020 anlaufen, ein erster Trailer wurde bereits im Januar jenen Jahres veröffentlicht. Wie bekannt, sollte es fast zwei Jahre dauern, bis der Film schließlich auf die große Leinwand kam und im Zuge des Hypes um SPIDER-MAN: NO WAY HOME (2021) erhoffte man sich wohl ein gehörigen Popularitätsschub. Da die ersten Kritiken allerdings miserabel ausfielen und auch die Reaktion des Publikums eher verhalten waren, hatte ich mir das Ticket gespart. Schon die beiden Ableger VENOM (2018) und VENOM: LET THERE BE CARNAGE (2021) waren eher seelenlos produzierte Filme vom Reißbrett und im Zuge meiner Sichtung kann ich bestätigen, dass MORBIUS diese noch einmal gehörig unterbietet.

Das liegt zum großen Teil mal wieder am Drehbuch. Das Skript aus der Feder von Matt Sazama und Burk Sharpless speist sich aus dem Einmaleins des Superhelden-Genres zusammen, ohne jemals irgendeinen Mehrwert zu bieten. Tatsächlich wirkt das Ganze, als hätten die Autoren ihre zusammengestückelte Geschichte an einem Wochenende lustlos in die Tasten geprügelt, so generisch und einfallslos kommt die maue Story um den Vampir-Antihelden daher. So entdeckt dieser seine Kräfte in Folge des Experiments, muss mit seiner dunklen Seite zurechtkommen und schließlich gegen einen Gegner antreten, dem die gleichen Kräfte zu Teil werden. Dazwischen tummelt sich noch ein uninteressantes Love-Interest, das zum Schluss gerettet werden muss. That’s it. Tatsächlich könnte man meinen, die verantwortlichen Schreiberlinge hätten lediglich die Plot-Points aus dem schon sehr generischen VENOM (2018) genommen und einfach nochmal verwurstet, nur eben mit Vampir-Thematik statt mit einem Alien-Symbionten. Spannung kommt somit nie auf und auch die Dialoge gestalten sich eher plump und ideenlos, es verläuft alles nach Schema F. Wer mindestens einen Superhelden-Blockbuster gesehen hat, weiß nach Minute zehn wie der Hase läuft und welche Stationen abgehakt werden. Dazu gesellt sich noch das Problem, das auch Tom Hardys ersten Auftritt als Anti-Held überschattete, denn auch MORBIUS besitzt gefühlt keinen zweiten Akt und schießt nach ausuferndem Geplänkel sofort in Richtung Finale. Ist dieses vorbei, geht der Film auch schon zum Abspann über. Das sorgt zwar dafür, dass der Film mit einer Spielzeit etwas mehr als 100 Minuten erfreulicherweise relativ kurz ausfällt, allerdings könnte man meinen, dass hier erheblich geschnitten und runtergedampft wurde, da das Vehikel schon vorab keine Begeisterungsstürme bei der Chefetage auslösen konnte.

Inszenatorisch schafft es Regisseur Daniél Espinosa ebenfalls nicht, dem Blutsauger einen gewissen Unterhaltungswert oder gar eine künstlerische, kreative Note zu verpassen. MORBIUS hat genau genommen eine Szene, die man als atmosphärisch bezeichnen könnte, denn wenn unser Titelheld auf einem Schiff seinem Blutdurst freien Lauf lässt, hat man das Gefühl, dass hier jemand Bock auf Horror hatte und den Versuch unternahm, das obligatorische PG-13-Rating auszureizen. Allerdings bleibt es nur bei diesem kurzen Aufblitzen, ist der Rest doch die übliche, reizlose Sauce, zugekleistert mit schwachen Effekten. Und wenn sich am Ende wieder zwei CGI-Kreaturen bekämpfen, ist das nichts weiter als unübersichtlicher Matsch, der da über den Bildschirm flimmert. Da kann Espinosa noch so viele Zeitlupen aus dem Ärmel schütteln, den hingeschluderten Look und die mangelhaften Effekte können auch die nicht wett machen.

Trotz des ganzen Murks hatte beispielsweise VENOM (2018) immer noch einen spielfreudigen Tom Hardy, der es immerhin schaffte, die Unzulänglichkeiten in Sachen Storytelling, Inszenierung und Effekte etwas zu kaschieren. Jared Leto hingegen fehlt es am nötigen Esprit und der Lust am Quatsch, um dem Film eben jenen Unterhaltungsfaktor zu verleihen. Leto, der zwar mit seinen extrovertierten Performances, wie zuletzt in HOUSE OF GUCCI (2021), gerne mal übers Ziel hinausschießt aber in der Vergangenheit durchaus beweisen konnte, dass er zu gutem Schauspiel fähig ist, macht einen ziemlich farblosen Eindruck und spult seinen Part auf Autopilot ab. Wesentlich motivierter ist da hingegen Matt Smith, denn der ehemalige DOCTOR-WHO-Star hat sichtlich Spaß an seiner Schurkenrolle, bekommt nur zu wenig Momente, um diese voll und ganz auszukosten, zumal er lediglich ein Klischee-Bösewicht ohne jeglichen Mehrwert bleibt. Andere Darsteller wie Adria Arjona als Love-Interest und FAST-AND-FURIOUS-Witzbold Tyrese Gibson lässt das Skript sprichwörtlich in der Luft verhungern. Tatsächlich fielen Gibsons Szenen größtenteils der Schere zum Opfer, weshalb er lediglich ein paar Mal durchs Bild läuft und ein paar Sätze aufsagt. Und dann wäre da noch (Vorsicht Spoiler!) Michael Keaton, den die Trailer in erster Linie als zu erwartenden Schurken verkauften, immerhin nimmt dieser hier wieder seine Rolle als „Vulture“ aus SPIDER-MAN: HOMECOMING (2017) auf. Man sollte die Erwartungen jedoch runterschrauben, tritt der Charakterdarsteller nur in Form eines Cameos in der Post-Credit-Scene in Erscheinung (die Grenzen zwischen MCU und SSU sind mittlerweile bekanntlich etwas fließend). Somit verarscht MORBIUS nicht nur sein eigenes Publikum, sondern benutzt schon seine Bonus-Szene als Teaser für das Marketing, um zumindest irgendeine Form von Aufmerksamkeit zu generieren. Hat am Ende aber bekanntlich nichts geholfen.

Die Blu-ray aus dem Hause Sony Pictures Home Entertainment bietet gute Bild- und Tonqualität, im Bonusmaterial befinden sich Trailer, sowie Outtakes & Bloopers.

Fazit:

MORBIUS (2022) ist der Superheldenfilm, den wirklich niemand braucht und ein weiterer Beweis dafür, dass Sony das Metier wesentlich weniger geschickt und unterhaltsam zu inszenieren und erzählen weiß als die Kollegen von Marvel Studios. Ein über alle Maßen generisches, langweiliges, mau getrickstes und größtenteils schwach gespieltes Cash-In-Produkt für den schnellen Dollar. Angesichts des Einspielergebnisses bleibt uns zumindest in diesem Fall dankenswerterweise ein Sequel verwehrt.

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