Hier haben wir den Serienkillerfilm für diejenigen unter euch, denen William Lustigs Maniac zu sauber, lebensbejahend und fröhlich geriet. TURBINE MEDIEN spendierte dem Schocker, der Michael Rookers Filmkarriere startete, bereits drei tolle Mediabook-Varianten im hauseigenen Shop. Jetzt folgt die günstigere Keep Case-Variante für den normalen Handel. Kein Film für schwache Nerven – aber ein kleines, gemeines Meisterwerk von Regisseur John McNaughton (Wild Things).

Regie: John McNaughton

Darsteller: Michael Rooker, Tracy Arnold, Tom Towles

Artikel von Christian Jürs

Ganze drei Jahre lag John McNaughtons Low Budget-Spielfilmdebüt einst auf Halde, ehe er seinen fiesen, kleinen Serienkillerfilm an der amerikanischen Zensurbehörde vorbeilotsen konnte und der Streifen unzensiert und ohne Rating schließlich doch noch das Licht der Welt erblickte. Satte 600.000 Dollar waren das Einspielergebnis – ungefähr das Sechsfache der damaligen Produktionskosten. Für Hauptdarsteller Michael Rooker war es der filmische Karrierestart. Heute ist er, dank Filmen wie Cliffhanger, Sea of Love, Guardians of the Galaxy und der Erfolgsserie The Walking Dead, weltberühmt. Verdientermaßen, denn bereits seine Darstellung des titelgebenden Serienkillers Henry war eine sensationelle, schauspielerische Leistung.

Dieser wohnt, zusammen mit seinem ehemaligen Gefängniskumpel Otis (Tom Towles), in einer kleinen, abgewrackten Wohnung in Chicago. Während Otis den Tag vor dem TV herumvegetiert, arbeitet Henry als Schädlingsbekämpfer, um sich finanziell über Wasser zu halten. Doch dies ist nicht die einzige Tätigkeit, der der junge Mann nachgeht. Denn nicht nur Schaben und anderes Getier stehen auf seiner Abschussliste, auch Menschen, vorrangig Frauen, fallen dem heimlichen Serienkiller immer wieder zum Opfer. Und so bekommen wir in den ersten Minuten bereits Aufnahmen von oftmals unbekleideten Frauenleichen zu Gesicht, während wir parallel hierzu geschnitten Henry auf der Suche nach einem neuen Opfer begleiten, welches er mit dem Auto bis nach Hause verfolgt.

Daheim zieht derweil Otis jüngere Schwester Becky (Tracy Arnold) in die bisherige Männer-WG ein. Sie hatte es im Leben bislang nicht leicht, wurde mehrfach vom eigenen Vater vergewaltigt und flieht nun vor ihrem, ebenfalls zu Gewalt neigenden, Ehemann. In ihrer Gegenwart scheint Henry sich ungewohnt geborgen zu fühlen und so erzählt er von seiner schweren Zeit mit der eigenen, bösartigen Mutter, die mit dem Mord an ihr endete. Doch die Ausführungen dieser Tat variieren je nach Erzählung und scheinen nicht die ganze Wahrheit der Tat widerzuspiegeln.

Von seinen derzeitigen Verbrechen ahnen Becky und auch Otis derweil nichts. Zumindest so lange, bis sich Henry und sein Mitbewohner mit zwei Prostituierten amüsieren, die dieses Tête-à-Tête nicht überleben. Fortan nimmt der passionierte Serienkiller seinen Mitbewohner mit auf Mord-Tour und lehrt ihm, wie man seine Spuren am besten verwischt. Immer abscheulicher werden die Tötungen der beiden, die darin münden, dass sie eine komplette Familie abschlachten und dies auch noch auf Video festhalten, um sich später daran zu ergötzen. Nebenbei kommen sich Henry und Becky näher. Als Henry eines Abends kurz das Haus verlässt, fällt der betrunkene Otis über seine Schwester her und vergewaltigt sie, wird jedoch von seinem Lehrmeister auf frischer Tat ertappt. Es kommt zu einer tödlichen Auseinandersetzung.

Als mir Henry: Portrait of a Serial Killer das erste Mal unter die Augen kam, war an eine deutsche Veröffentlichung noch nicht zu denken. Schreibkollege, Wegbegleiter und Freund Kai Kinnert war es, der mir eine englischsprachige Version auf abgenudeltem VHS-Band zur Verfügung stellte. Uns war klar, dass dieser verstörende Bastard von einem Film hierzulande keine Chance hätte, unzensiert die FSK-Hürde zu passieren. Wir sollten uns irren.

1993 war es dann soweit. Der Film lief zunächst mit kleiner Kopienzahl unzensiert in den deutschen Kinos und schaffte auch den ungekürzten Sprung in die Videotheken. VMP vollbrachte damals dieses kleine Wunder. Die obligatorische und zum guten Ton gehörende Indizierung folgte dann im September 1994. Mittlerweile sind unsere Jugendschützer aber im 21. Jahrhundert angekommen und der Film befindet sich seit zehn Jahren wieder auf freiem Fuß.

Henry: Portrait of a Serial Killer ist mit Sicherheit kein Film für Menschen mit zartem Gemüt oder einen gemütlichen, geselligen Filmabend mit Freunden. Der Serienkillerfilm, der lose auf den wahren Taten des 1984 gefassten Mörders Henry Lee Lucas und seinem Komplizen Ottis Toole basiert, ist unfassbar dreckig und gnadenlos. Zwar hält sich der Splattergehalt entgegen des Kultklassikers Maniac von William Lustig deutlich zurück, die schmierige Atmosphäre, die Aufnahmen der Leichen, bei denen oftmals im Off der zuvor geschehene Todeskampf zu hören ist, und vor allem das Video, auf dem Vater, Mutter und Kind aufs Brutalste abgeschlachtet werden, versprühen aber einen äußerst unangenehmen Realismus. Hinzu kommt, dass vor allem Michael Rooker ein unglaublich gutes Schauspiel an den Tag legt. Es gelingt ihm, seine Figur in den Szenen, in denen er gerade keinen Mord begeht, verstörend sympathisch wirken zu lassen. Die daraus keimende Hoffnung, dass es für Henry und Becky eine glückliche Zukunft geben könnte, entpuppt sich jedoch als Trugschluss.

Ein Happy End gönnt Turbine Medien aber den Fans dieses Schockers. Der Film liegt in 4K-Restauration vom Original-16mm-Negativ vor und sieht gestochen scharf aus. Das grobkörnige Filmkorn ist dabei durchaus gewollt und unterstreicht die dreckige Atmosphäre perfekt. Der Film liegt im, vom Regisseur gewollten, Bildformat 4:3 (1,33:1) vor. Wer sich die Mediabook-Version von 2022 holt, bekommt als Bonus eine maskierte 16:9-Version obendrauf. Den deutschen Ton gibt´s in DTS-HD Master Audio 2.0 Mono, die englischen Variante in DTS-HD Audio Master 2.0 Stereo und 5.1. Einen Audiokommentar von John McNaughton gibt es sowohl zum Hauptfilm, wie auch zu den entfallenen Szenen. Außerdem gibt es ein 52-minütiges Making Of, drei weitere Featurettes, die sich u.a. mit der Zensurgeschichte des Films befassen, Interviews, Trailer und Storyboards. Das Mediabook enthält außerdem ein sehr informatives Booklet von Tobias Hohmann. Die Keep Case-Variante verfügt hingegen über ein Wendecover mit anderem Motiv.

Henry: Portrait of a Serial Killer ist ein intensiver, kleiner Bastard von einem Film, der auch heute noch nichts von seiner Wirkung eingebüßt hat. 1996 entstand noch ein Sequel unter dem Titel Henry 2: Portrait of a Serial Killer – Mask of Sanity, allerdings von einem anderen Team und ohne Michael Rooker. Der Film geriet deutlich schwächer als das Original, welches ich Euch hiermit, sofern Ihr über starke Nerven verfügt, unbedingt ans Herz legen möchte.

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